Trotz der Covid-Krise sind Aktien ein Top-Investment im laufenden Jahr. Gut vier Prozent Plus stehen beim Weltaktienindex MSCI World zu Buche. Das ist allerdings nichts im Vergleich zu den 33 Prozent, die der mit Techaktien gespickte Nasdaq Composite im selben Zeit­raum geschafft hat. Ganz zu schweigen von den vier größten Unternehmen der Welt, Apple, Alphabet, Amazon und Microsoft, die nach einer Berechnung der Berenberg Bank im Schnitt auf gut 60 Prozent Plus kommen. "Tera-Cap-Aktien" heißen diese vier jetzt im Börsenjargon. In Europas Technologiesektor sind die Aktiengewinne nicht so extrem auf nur wenige Aktien konzentriert. Doch so oder so wächst angesichts der deutlich überdurchschnittlichen Wertentwicklung und der hohen Bewertung zahlreicher Aktien die Befürchtung so mancher Anleger, dass die viele Liquidität am Markt zur Entstehung einer veritablen Blase beiträgt. Da kommen dann schnell Vergleiche mit der Marktentwicklung in den Jahren 1999 bis 2000 auf. Nicht zu Unrecht.

Einige der klassischen Anzeichen für eine Blasenbildung sind durchaus evident. Beispielsweise dass die Rally von nur sehr wenigen Aktien angeführt wird (Narrow Leadership) sowie die steigende Zahl von Neuemissionen, die teils hohe Bewertung von Aktien und schließlich das immer größer werdende Interesse von Privatanlegern sprechen dafür.

So geht Gruppendynamik


Angeführt wird die Rally im Grunde von nur drei Gruppen: von US-Aktien im Allgemeinen, von Technologie im Besonderen und hier wiederum vor allem von besagten Tera Caps. Laut Berenberg ist das unter anderem daran zu sehen, dass nicht einmal ein Drittel der 500 Aktien des breiten US-Aktienindex S & P 500 in diesem Jahr eine Outperformance, also eine Überrendite gegenüber dem Index geschafft haben. Dies sei die niedrigste Zahl seit 1990. "Die absoluten Bewertungen erreichen ebenfalls besorgniserregende Werte", so Berenberg in einer Studie. Der Nasdaq Composite etwa wird mit einem KGV von 30 auf Basis der kommenden zwölf Monate gehandelt. Zum Vergleich: Zum Höhepunkt der Technologieblase im Jahr 2000 notierte das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis bei 32. Der entscheidende Unterschied ergibt sich allerdings, wenn man das KGV in Relation zu den Anleiherenditen setzt. Weil im Jahr 2000 die Renditen noch auf "normalem" Niveau notierten und nicht wie jetzt bei null, erscheinen Aktien im laufenden Jahr tatsächlich billig. Relativ billig. Die Rally hat also doch eine gewisse Substanz, wenn man weitere Faktoren wie die exzessive Liquiditätsversorgung und die inzwischen doch deutlichen Anzeichen für einen wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem Flash-Crash und der Rezession von Anfang dieses Jahres hinzuzählt.

Zwingende Kombination


Hinzu kommt schließlich noch die steigende Nachfrage von Privatanlegern, was man anhand der vielen neuen Depots bei App-Brokern wie Robin Hood gut belegen kann. Es bleibt also wohl dabei: Die Kombination aus exzessiver Liquidität sowie dem Aufkommen vieler neuer Technologien ergibt eine positive Börsenstimmung. "Aktien weisen somit weiter eine grundsätzlich steigende Tendenz auf", folgert Börsenaltmeister Alfons Cortés, der dies gern als "Narrativ der Doppelspitze" bezeichnet: Innovation im Sinne Schumpeters kreativer Zerstörung sowie (niedrige) Zinsen als Folge der Geldpolitik. Sein Fazit: "Gelegentliche Konsolidierungen oder gar Korrekturen werden diese Tendenz nur noch verstärken."

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com