Sammelbecken für das Datenmaterial ist die Internet-Cloud. Über sie haben Ärzte, Kliniken und Krankenkassen in Echtzeit Zugriff auf immer größere Datenmengen. Noch fehlt es allerdings an länderübergreifenden digitalen Schnittstellen, um diesen Datenpool zu kanalisieren. Dazu kommen vor allem in Europa datenschutzrechtliche Einschränkungen.
Unterdessen sind Einzellösungen auf dem Vormarsch. In der Praxis bedeutet das etwa, dass bei einer Gewebebiopsie im Operationssaal per Video oder Sprachverbindung ein Pathologe zugeschaltet wird. Dessen Einschätzung ist die Basis für die Entscheidung, ob ein Tumor umgehend durch einen chirurgischen Eingriff entfernt werden soll.
IBM Watson Health hat hier ein Verfahren entwickelt, um über eine Cloud-Anbindung solche Gewebeproben digital auszuwerten. Die Tochter des US-Technologiegiganten IBM kooperiert aber auch mit führenden Medizintechnikfirmen wie Medtronic, etwa bei gemeinsamen Apps, die bei Diabetespatienten eine lebensbedrohliche Unterzuckerung mit zweistündigem Vorlauf erkennen. Großflächig eingesetzt werden große Datenmengen auch in der Diagnose von Krankheiten oder bei der Gensequenzierung. Dabei geht es darum, die genetische Neigung einer Person für bestimmte Krankheiten zu analysieren. Dieses Verfahren spielt eine Schlüsselrolle bei der Früherkennung von Krebs. Je nach Fähigkeit, bestimmte Krebsarten im Frühstadium mit sehr hoher Spezifität zu erkennen, beziffert Stefan Blum, Portfoliomanager bei Bellevue Asset Management, das Umsatzpotenzial für Gensequenzierung auf Sicht der nächsten vier Jahre auf bis zu 40 Milliarden Dollar: "Funktioniert sie perfekt, ist sie ein Heiliger Gral für die Krebsmedizin."
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Auf Marktführer setzen
Dementsprechend groß ist das Ertragspotenzial, das die digitale Medizin Anlegern bietet. Der im Juni 2017 aufgelegte Apo Digital Health Aktien Fonds deckt das globale Spektrum an Unternehmen ab, die mit Software, Cloud-Diensten oder Gesundheitsdatenbanken unterwegs sind. Wer einzelne Aktien kaufen will, kann indirekt über Technologiechampions wie Apple, IBM oder Alphabet profitieren, die in den Gesundheitsmarkt eingestiegen sind. Darüber hinaus bieten sich Firmen an, die global oder regional dominieren.
Vorsicht geboten ist indes bei Anbietern von Produkten mit zyklischem Charakter und Preisdruck. "Firmen können mit gesundheitsorientierten Messgeräten Geld verdienen, Gesundheitsinvestments im eigentlichen Sinn sind sie jedoch nicht", erläutert Andreas Bischof, Geschäftsführer der Münchner Fondsboutique Nova Funds. Unter den kleineren lokalen Anbietern sieht er vor allem Onlinedienste in der Telemedizin als global wachsendes Marktsegment.
Erste Wahl ist Cerner aus den USA. Das Unternehmen hat Software, Management- und Integrationssysteme im Sortiment. Zu den Kunden zählen Arztpraxen, Gesundheitszentren, Rehakliniken, Krankenhäuser und Privatpersonen. Für neue Impulse könnte in den nächsten Wochen ein Großauftrag des US-Kriegsveteranenministeriums sorgen, der ein Volumen von zehn Milliarden Dollar hat. Derzeit handelt die Behörde noch die Finanzierung aus.
Zu den europaweit größten Akteuren zählt das TecDAX-Unternehmen Compugroup. Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland wird dem Softwareentwickler für Mediziner und Apotheker einen kräftigen Umsatz- und Renditesprung bescheren. Das schwäbische Unternehmen Nexus hat sich unterdessen auf Software für die Patientenverwaltung spezialisiert und steht nach einem Durchhänger auf der Ertragsseite in diesem Jahr vor einem neuen Gewinnschwung.
Haltepositionen sind dagegen die Titel von Medtronic und Illumina. Während Medtronic noch eine Wachstumsdelle durchläuft, ist die Gewinndynamik bei Illumina, der globalen Nummer eins in der Gensequenzierung, bereits in den Aktienkursen eingepreist.