Unabhängig von alle dem, kommt es bei der Entscheidung, ob eine Aktie aus dem Postsektor interessant ist, neben der Bewertung auch darauf an, ob ein bestimmter Titel eine überzeugende Anlagestory zu bieten hat. So stellt sich bei der erst im Vorjahr an die Börse gekommenen britischen Royal Mail Group Plc (WKN: A1W5N2, 6,057 Euro) die Frage, ob das Unternehmen dem Wettbewerbsdruck Stand halten kann und zusammen mit einem mittelfristigen Abwärtstrend spricht diese offene Frage derzeit gegen diesen Titel.
Unter den genannten Aspekten haben ausgewählte europäische Post-Aktien aber durchaus etwas zu bieten. Wir stellen nachfolgend vier interessante Werte vor, die entweder lukrative Bewertungskennziffern aufweisen, eine Restrukturierungsgeschichte zu bieten haben oder mit einer Wachstumsstory aufwarten können. Wobei einer dieser vier Titel die Aktie der Deutschen Post ist.
Post-Aktie Nummer eins: Bpost S.A. (WKN: A1W0FA, 18,315 Euro)
Als ersten Branchenvertreter stellen wir die belgische Bpost vor. Auf dem Heimatmarkt verfügt die Gesellschaft über 730 Postämter und 650 Poststellen, die täglich mehr als zehn Millionen adressierte Sendungen bearbeiten und zustellen. Hinzu kommt ein breites Angebot im internationalen Geschäft. Unter der Fittiche der Private-Equity-Firma CVC ist es dem Konzern gelungen, die Marge für den Gewinn vor Steuern und Zinsen seit 2007 von 8,3 Prozent auf 18,0 Prozent im Jahr 2013 zu steigern.
Nicht zuletzt diese Rentabilitätsverbesserung dürfte bei dem Mitte 2013 durchgeführten Börsengang zu einer regen Nachfrage von Investorenseite beigetragen haben. Gegenüber dem Ausgabepreis von 14,50 Euro hat die Notiz dank einer Rally in diesem Jahr deutlich zugelegt. Auch das in der Börse Online in Ausgabe 08-14 zu 15,29 Euro abgegebene Kursziel von 18,00 Euro ist dadurch inzwischen erreicht. Der Titel bleibt aber interessant, wobei dafür nicht nur der intakte charttechnische Aufwärtstrend spricht.
Die Möglichkeit einer weiteren Verbesserung der Gewinnspannen scheint zwar begrenzt, aber dafür punktet das Unternehmen mit einer gut mit Barmitteln unterfütterten Bilanz. Verbunden damit geht die Hoffnung auf ansehnliche Ausschüttungen einher. Im Konsens taxieren Analysten die Dividendenrendite derzeit auf 6,24 Prozent, was im vorherrschenden Niedrigzinsumfeld sehr attraktiv erscheint. Zudem ist die Bewertung mit einem geschätzten KGV für 2014 von 12,6 noch immer vertretbar. Die Analysten der Berenberg Bank nennen hier als Kursziel 21 Euro und bei Jefferies hält man sogar noch etwas höhere 21,50 Euro für möglich.
Post-Aktie Nummer zwei: CTT Correios de Portugal S.A. (WKN: A1W9RB, 7,491 Euro)
Einige Ähnlichkeiten mit Bpost hat CTT Correios de Portugal S.A. aufzuweisen. So ist die portugiesische Staatspost ebenfalls im Vorjahr an die Börse gebracht worden. Das passierte zwar erst etwa später Ende 2013, aber auch hier war das Interesse speziell der ausländischen Anlegern an dem privatisierten 70-prozentigen Anteil groß und die Notiz hat gemessen am Ausgabepreis von 5,52 Euro inzwischen spürbar zugelegt. Verlässt man sich auf die Schätzung der Analysten von Jefferies, dann winkt hier auch ein lukrativer Ausschüttungssatz. Für die Jahre 2014 bis 2016 wird mit der Zahlung einer Dividende je Aktie von 0,43, 0,46 und 0,48 Euro gerechnet. Das verspricht Renditen zwischen 5,74 und 6,4 Prozent.
Als Kursziel werden bei Jefferies 8,75 Euro genannt. Untermauert wird die bestehende Kaufempfehlung mit dem Hinweis auf ein interessantes Finanzprofil. Die Marge beim freien Cash Flow wird auf 10,6 Prozent beziffert, während die Branche im Schnitt nur auf 6,8 Prozent kommt und die Rendite auf das eingesetzte Kapital auf 15,5 Prozent, verglichen mit 13,7 Prozent. Nicht vergessen werden sollte allerdings das schwierige Umfeld in dem sich das Unternehmen auf dem Heimatmarkt wegen der dort vorherrschenden Finanz- und Wirtschaftskrise behaupten muss. Fünf Jahre lang führte das auch zu sinkenden Umsätzen, aber immerhin ist es im ersten Quartal 2013 gelungen, erstmals wieder ein kleines Umsatzplus von 0,3 Prozent auf 176,4 Millionen Euro zu verbuchen. Auch der Nettogewinn kam in den ersten drei Monaten leicht um 1,3 Prozent auf 18,1 Millionen Euro voran.
Nicht ganz so günstig wie bei Bpost ist bei CCT die Bewertung mit geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnissen für 2014 und 2015 von 16,0 und 15,1. Außerdem ist der Kurs zuletzt in einen charttechnischen Seitwärtstrend eingeschwenkt. In einem freundlichen Börsenumfeld könnte die Notiz auf Sicht von zwölf Monaten aber noch einen Euro draufsatteln. Zusammen mit der erwarteten Dividende wäre das dann eine passable Rendite.
Post-Aktie Nummer drei: PostNL N.V. (WKN: A1JJQC, 3,395 Euro)
Schon etliche Jahre länger börsennotiert als die beiden bereits besprochenen Titel ist PostNL. Das Postunternehmen aus den Niederlanden war aber ebenfalls im Vorjahr am Kapitalmarkt aktiv. Denn es wurden knapp 15 Prozent der Anteile an TNT-Express auf den Markt gebracht, was dringend benötigte 507 Millionen Euro in die Kassen spülte. Der Express-Dienstleister TNT Express war es allerdings auch, der PostNL Ende 2012 in Turbulenzen stürzte. Eine von der Regulierungsbehörde geblockte Übernahme durch United Parcel Service sorgte damals zu einem Kurssturz von 40 Prozent.
Auch in Februar dieses Jahres ging es noch einmal markant nach unten mit der Notiz. Verantwortlich dafür war die Meldung über einen im Vorjahr erlittenen Nettoverlust von 170 Millionen Euro und einer für 2014 gesenkten Prognose für den operativen Gewinn. Die Nachwehen daraus scheinen inzwischen aber ausgestanden zu sein, zumindest hat sich der Kurs in den vergangenen Wochen wieder von den Jahrestiefs gelöst. Dabei spielt vor allem die Hoffnung auf einen erfolgreichen Turnaround eine Rolle. So gehen die Analysten von JP Morgan davon aus, dass beim freien Cash Flow aus einem Minus von 23 Millionen Euro im Vorjahr bis 2015 ein Plus von 88 Millionen Euro werden kann.
Die Analysten dort haben außerdem jüngst den Wert für die noch gehaltene Beteiligung von 14,8 Prozent an TNT-Express erhöht und auf dieser Basis veranschlagen sie das Kursziel für PostNL auf 4,35 Euro. Die Börse Online-Datenbank sagt für 2014 und 2015 einen Gewinn je Aktie von 0,41 und 0,50 Euro voraus. Auf dieser Basis bewegen sich die Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei 8,3 und 6,8, was bei einem erfolgreichen Turnaround als sehr günstig einzustufen ist. Mut macht hier schon mal, dass der operative Gewinn im ersten Quartal auf 77 Millionen Euro verdreifacht werden konnte.
Post-Aktie Nummer vier: Deutsche Post AG NA (WKN: 555200, 26,30 Euro)
Beim Börsengang im Jahr 2000 hätte das wohl kaum jemand gedacht. Doch heute geht die damals als behäbig geltende Deutsche Post plötzlich als Wachstumsunternehmen durch. Verantwortlich dafür ist die Vorgabe des Vorstandes, den operativen Gewinn bis 2020 im Schnitt um mehr als acht Prozent pro Jahr steigern zu wollen. Insgesamt sollen dann rund fünf Milliarden Euro hängen bleiben. Mit Blick auf die Strategie 2020 sagte Vorstandschef Frank Appel unlängst zudem folgendes: "Wir sind bereit für den nächsten Entwicklungsschritt und haben uns viel für die Zukunft vorgenommen." Wachstumschancen werden demnach vor allem im Ausbau des Logistikgeschäfts in den Schwellenländern gewittert sowie bei der internationalen Expansion des durch den Internethandel boomenden Paketgeschäfts. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen dann allein in den Schwellenländern rund ein Drittel der konzernweiten Erlöse erwirtschaftet werden.
Auch in das laufende Jahr ist der Bonner Logistik- und Transportdienstleister bei in den ersten drei Monaten gestiegenen Umsätzen und Gewinne ganz passabel gestartet. Darauf aufbauend wurde zudem die Prognose für 2014 bestätigt, die beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern als Zielgröße 2,9 bis 3,1 Milliarden Euro vorsieht. Der Aktienkurs konnte davon zuletzt aber nicht mehr profitieren. Vielmehr tritt die Notiz in diesem Jahr bisher per Saldo nur auf der Stelle. Der langfristige Aufwärtstrend steht dadurch inzwischen auf dem Prüfstein. Eine wichtige Rolle dürfte bei diesem Kursverhalten auch die Bewertung spielen. Denn mit einem geschätzten KGV von 15,5 und einer Dividendenrendite von voraussichtlich 3,2 Prozent sind die Kennziffern auch im Branchenvergleich nicht mehr besonders günstig. Nicht zuletzt wegen der guten Wachstumsaussichten bleibt es aber bei der erst in der Börse Online-Ausgabe 22-14 abgegebenen Kaufempfehlung, die mit einem Kursziel von 32 Euro versehen war.