Ergo sei bei den Kosten nicht konkurrenzfähig, sagte Rieß. "Wir leisten uns heute mehrere Vertriebsorganisationen und in der Verwaltung aufwendige Prozesse." Die Kosten sollen deshalb spätestens 2020 um 280 Millionen Euro niedriger sein als heute. Zugleich nimmt Rieß eine Milliarde Euro in die Hand, um die Produkte, die veraltete IT und die Verwaltung auf Vordermann zu bringen. "Ich traue uns diesen Wandel auch zu", sagte der vom Marktführer Allianz gekommene Rieß. "Ergo ist eine große Gesellschaft, die unter ihren Möglichkeiten bleibt."
Der Mutterkonzern Munich Re will Ergo enger an sich binden. In der Versicherung von Cyber-Risiken oder in der Analyse großer Mengen von Kundendaten seien längst nicht alle gemeinsamen Potenziale ausgeschöpft, sagte Munich Re-Finanzvorstand Jörg Schneider. "Ergo ist mehr als nur ein Gewinn-Lieferant. Wir unterstützen das, weil es sich auszahlt." Finanzieren könne Ergo den Umbau aus eigener Kraft, so lange die Zinsen nicht weiter sänken.
Die größten Einschnitte plant der ehemalige Bankmanager in der Lebensversicherung. Neugeschäft will Ergo künftig nur noch mit fondsgebundenen, anderen kapitalmarktnahen sowie mit Risiko-Lebensversicherungen machen, die die Bilanz bei niedrigen Zinsen weniger belasten. Aus dem Geschäft mit klassischen Policen mit langfristigen Garantien steigt der Versicherer komplett aus. Die sechs Millionen Policen von Ergo Leben (früher Hamburg-Mannheimer) und Victoria Leben werden von einer Truppe von 1000 Mitarbeitern nur noch abgewickelt. Ergo denke aber nicht daran, den Bestand an einen Abwickler wie den Finanzinvestor Cinven (Heidelberger Leben) zu verkaufen, sagte Rieß. Eher könne man sich vorstellen, selbst Bestände anderer Versicherer abzuwickeln.
Die neuen Produkte könnten den Wegfall des traditionellen Geschäfts in der Leben-Sparte nicht wettmachen, räumte Rieß ein. Für Wachstum soll die Kranken- und Schaden-Unfall-Sparte sorgen. 2019 wolle Ergo dort wieder um zwei bis vier Prozent wachsen - und damit stärker als der Branchendurchschnitt.
GEMISCHTE GEFÜHLE
Wenn die Strategie greift, will Ergo von 2021 an bei der Munich Re jedes Jahr mehr als 500 Millionen Euro Gewinn abliefern. Das hatte sie seit Jahren nicht geschafft. In diesem Jahr drücken die ersten 300 Millionen Euro für das Investitions- und Sparprogramm das Ergebnis aber erneut unter die Null-Linie - Geld, das auch der Munich Re fehlt. Schon für das nächste Jahr verspricht Rieß wieder einen Gewinn von 130 Millionen Euro.
Arbeitnehmervertreter sehen den Ergo-Umbau mit gemischten Gefühlen: "Was dieses Programm von den vorherigen unterscheidet, ist, dass ernsthaft Geld dafür in die Hand genommen wird", sagte Verdi-Fachbereichsleiter Frank Fassin, der auch dem Aufsichtsrat von Ergo angehört, der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Produkte waren nicht mehr wettbewerbsfähig." Der Stellenabbau sei aber "brutal". Dabei hätten in den vergangenen Jahren bei Ergo schon Tausende ihren Arbeitsplatz verloren. Die Gewerkschaft dringt auf einen Verzicht auf Entlassungen im Zuge des Umbaus. Rieß hält das allerdings nicht für machbar.
Reuters