Zu teuer und zu aufwendig dafür, dass weniger als fünf Prozent des weltweiten Handels mit Siemens-Aktien an der New Yorker Börse abgewickelt würden, begründete der Technologiekonzern am Dienstag den Schritt. Damit sind künftig nur noch drei DAX-Firmen in den USA gelistet - die Deutsche Bank, Fresenius Medical Care und SAP. Alle drei machen derzeit keine Anstalten, sich von der US-Börse zurückzuziehen - trotz Gebühren in Millionenhöhe und einer doppelten Dokumentation der Geschäfte für die strenge US-Börsenaufsicht. Das hat schon viele deutsche Konzerne von der US-Börse vertrieben: Zuletzt strichen 2010 Daimler und die Deutsche Telekom die Segel, davor die Allianz, BASF, Bayer, Infineon und E.ON.

Siemens spare durch das Delisting einen einstelligen Millionen-Euro-Betrag, sagte ein Konzernsprecher. Die Allianz hatte bei ihrem Rückzug 2009 die Kosten auf fünf Millionen Euro beziffert, die Telekom gar auf zehn bis zwanzig Millionen Euro. Außerdem verlangt die US-Börsenaufsicht eine etwas andere Berichtslegung, die zusätzlich zu Geschäfts- und den Quartalsberichten erstellt werden muss. "Der Aufwand ist immens, weil man im Prinzip alles doppelt macht", erläuterte der Siemens-Sprecher. Für die Münchener bleiben die USA mit einem Umsatzanteil von rund einem Fünftel ein wichtiger Markt. "Die wichtigsten Handelsplätze für unsere Aktie sind aber eindeutig Frankfurt sowie die außerbörslichen elektronischen Handelsplattformen - auch für unsere US-Investoren", betonte Finanzchef Ralf Thomas.

SAP WILL LANGFRISTIG AN US-BÖRSE BLEIBEN

Das ist beim Software-Konzern SAP anders. "SAP betrachtet die New York Stock Exchange als einen sehr wichtigen Aktien-Handelsplatz und sieht ihre Notierung an der NYSE entsprechend als langfristig an", erklärte der Walldorfer Konzern. Rund eine Millionen SAP-Aktien würden täglich an der New Yorker Börse gehandelt, über Xetra seien es rund drei Millionen. Dazu erzielt SAP mehr als ein Viertel des Gesamtumsatzes in den USA.

Auch der Dialysespezialist FMC hat keine Pläne, seine Aktien von der US-Börse zu nehmen - der Konzern macht sogar rund Zweidrittel seines Umsatzes in den USA. "Der Markt hat einen großen Stellenwert für uns", sagte ein FMC-Sprecher. Ähnlich wie bei Siemens würden allerdings nur wenige Prozent des globalen Handelsvolumens der FMC-Aktien über die Wall Street laufen.

WALL STREET LOCKTE UM JAHRTAUSENDWENDE ZAHLREICHE FIRMEN AN

Ende des vergangenen und Anfang des laufenden Jahrtausends waren deutsche Konzerne in Scharen an die US-Börse gegangen. Am wichtigsten Handelsplatz der Welt wollten die Firmen Präsenz zeigen und ihre Marken bekannter machen. Ziel war es zudem, eine Akquisitionswährung zu erhalten, also Übernahmen mit Hilfe der US-Aktien leichter über die Bühne zu bringen. So auch der Siemens-Konzern, der am 13. März 2001, begleitet von einer Werbekampagne im Wert von rund 25 Millionen Dollar, der Wall Street seine Aufwartung machte. Voller Stolz läutete Konzern-Chef Heinrich von Pierer damals die berühmte Glocke zum Handelsstart. Für die Siemens-Aktien wird sie bald zum letzten Mal läuten - der Konzern will das Delisting "zeitnah" beantragen.

Reuters