Bis zum Lockdown im Frühjahr spielte sich das tägliche Leben meist an mehreren Orten ab: zu Hause, am Arbeitsplatz, in Restaurants und Cafés, an Sportstätten, in Lichtspielhäusern und im Berufsverkehr. Auf einen Schlag beschnitten die Corona-Maßnahmen weltweit den Bewegungsradius von Millionen Menschen radikal. Seitdem muss nun vielfach in den eigenen vier Wänden stattfinden, was andernorts nicht mehr möglich ist.

Davon profitieren eine ganze Reihe von Unternehmen, die die Nachfrage nach mehr Komfort, Unterhaltung und auch körperlicher Betätigung zu Hause bedienen. Beispiele sind der Online-Möbelhändler Home24, der Video-Streamingdienst Netflix oder der Trainingsspezialist Peloton Interactive, der Standfahrräder zum Kauf oder zur Miete anbietet und um Programme fürs Heimtraining ergänzt.

Zunächst gingen viele davon aus, dass die Sonderkonjunktur für diese Unternehmen nicht allzu lange anhalten würde. Eine Fehleinschätzung. Zwar gab es Lockerungen nach dem flächendeckenden Einbremsen nahezu jeglicher wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit, aktuell aber nehmen die Beschränkungen wieder zu. Mit Verweis auf steigende Infektionszahlen werden regional begrenzte Lockdowns und Einschränkungen des öffentlichen Lebens angeordnet. Hinzu kommt, dass sich in den kälteren Monaten Freizeitaktivitäten ohnehin ins eigene Heim verlagern. Selbst die Hoffnung auf schnelle Rückkehr zur Normalität durch einen Impfstoff gegen Covid-19 ist gesunken; er wird wohl noch bis weit ins kommende Jahr auf sich warten lassen, der Rückzug ins eigene Heim sich demnach fortsetzen.

Selbst Möbel laufen im Internet

Die Verkaufszahlen des Onlinehandels in der Möbelbranche sind verglichen mit anderen Sparten des E-Commerce recht überschaubar. Gleichwohl hat die Pandemie auch dem Geschäft mit Einrichtungsgegenständen über das Internet einen Schub gebracht, ablesbar an den Geschäftszahlen von Home24. Im ersten Halbjahr legten die Bestellungen auf der Online-Handelsplattform im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 45 Prozent zu, der Umsatz stieg um 25 Prozent auf 221 Millionen Euro, das Minus beim operativen Ergebnis (Ebit) verringerte sich auf sieben Millionen Euro.

Die deutlich gestiegene Zahl aktiver Kunden dürfte dem Unternehmen auch über die Pandemie hinaus mehr Geschäft bringen. Nach hohen Investitionen in die IT, die Warenhäuser und Outlets sehen die Analysten vom Bankhaus Lampe die Chance für Home24, auf dynamischeres Wachstum umzuschalten, und erwarten einen operativen Gewinn im Gesamtjahr. Schaut man auf das Verhältnis von Unternehmensbewertung zum Umsatz, erweist sich Home24 mit einem Wert von 0,6 im Branchenvergleich als sehr günstig.

Fernsehen, wann immer gewünscht

Netflix steht inzwischen als Marke für die moderne Form des Fernseh- und Videokonsums, das Streaming. Das Unternehmen profitiert nicht nur von der steigenden Nachfrage seitens der in der Corona-Krise zu Hause Gebliebenen, sondern bedient auch den langjährigen Trend weg vom linearen Fernsehen hin zur Sendung nach Bedarf und auf Abruf. Die US-Firma ist über die Vereinigten Staaten und Kanada hinaus mit ihren Internet-Aboservices in nahezu allen Ländern der Erde aktiv.

Im ersten Halbjahr 2020 hat Netflix vor allem auf dem lukrativen Heimatmarkt erheblich Kunden dazugewonnen und erreicht dort nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg eine Marktdurchdringung von etwa 64 Prozent. Das macht sich auch in den Geschäftszahlen bemerkbar. JP Morgan rechnet mit einem Umsatzwachstum im Geschäftsjahr 2020 von rund 25 Prozent und einem Anstieg des operativen Gewinns (Ebit) von rund 60 Prozent.

Der Ausbau von Breitbandnetzen und die zunehmende Verbreitung von internetfähigen Geräten nährt die Hoffnung, dass noch Spielraum für weiteres Wachstum gegeben ist. Experten verweisen auch auf die verbesserte Profitabilität aufgrund steigender Einnahmen durch höhere Abonnentenzahlen bei gleichzeitig recht konstanten Kosten für die bereitgestellten Inhalte.

Heimtrainer für den Lockdown

Der typische Homeoffice-Tag bietet wenig körperliche Betätigung. Wen es nach Sport und Bewegung verlangt, der hat nicht selten ein Problem. Bestimmte Sportarten dürfen in der Pandemie nicht ausgeübt werden, Fitnessstudios haben strenge Auflagen - das treibt Kunden auf den Heimtrainer. Peloton Interactive verbindet das ortsgebundene Fitnessfahrrad mit Online-Spinningkursen, live oder auf Abruf, alles zu Hause. Über einen Monitor am Fahrrad leiten Trainer die Kurse und feuern die Sportler an. Hardware, Software und Inhalte kommen aus einer Hand. Das Angebot richtet sich vor allem an zahlungskräftige Kunden - seit diesem Jahr auch in Deutschland als erstem nichtenglischsprachigem Markt. Ein Standfahrrad kostet schon in der günstigeren Variante mehr als 2.000 Euro, Gebühren für Kurse müssen zusätzlich gebucht werden.

Die Corona-Krise brachte dem Fitnessgerätespezialisten einen kräftigen Schub. So wurde die Zahl der Peloton- Mitglieder im Geschäftsjahr 2020 auf 3,1 Millionen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Auch die Zahl der gebuchten Kurse stieg deutlich. Im Ende Juni abgeschlossenen vierten Quartal sprang der Umsatz auf knapp 130 Millionen Euro. Mit einem Gewinn von gut 75 Millionen Euro wurden erstmals in einem Quartal schwarze Zahlen erreicht, auch wenn das Gesamtjahr noch mit einem Verlust von rund 60 Millionen Euro abgeschlossen wurde.

Peloton profitiert von extrem hoher Kundentreue, die sich an der für die Branche wichtigen Absprungrate von unter einem Prozent pro Monat ablesen lässt. Die Kennzahl gibt an, wie viele Kunden gemessen am Bestand kündigen. Darüber hinaus bieten sich Peloton durchaus Möglichkeiten, die Umsatzbasis zu verbreitern, die es zum Teil bereits nutzt. So wird das Angebot um Gymnastik- oder Yogakurse erweitert und Zubehör für verschiedene Sportarten verkauft. Außerdem könnten in Großbritannien oder Deutschland neben den Fahrrädern wie bereits in den USA Laufbänder und entsprechende Kurse angeboten werden.
 


INVESTOR-INFO

Netflix

Profitabilität steigt

Das in der Pandemie geänderte Freizeitverhalten vieler Menschen hat Netflix deutliches Kundenwachstum und steigende Einnahmen beschert. Da die Kosten für die Inhalte kaum zugenommen haben, hat sich die Profitabilität des Unternehmens verbessert. Die Wende vom linearen Fernsehen zu Videos auf Abruf und der Ausbau von Breitbandnetzen dürfte die Entwicklung des Unternehmens und der Aktie weiter befeuern.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 520,00 Euro
Stoppkurs: 350,00 Euro

Peloton interactive

Hohes Potenzial

Die Kombination von Software, Hardware und Inhalten auf anspruchsvollem Niveau bindet die Kunden und lässt sie beim Kursangebot immer häufiger zugreifen. Das Potenzial, das Geschäft mit zusätzlichen Geräten, einem breiteren Kursangebot, Zubehörverkauf und durch Expansion in weitere Märkte auszubauen, ist hoch. Die Aktie ist allerdings zuletzt sehr stark gelaufen. Risikobereite Anleger nutzen Kursrücksetzer zum Einstieg.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 120,00 Euro
Stoppkurs: 48,00 Euro

Home24

Bereit für Gewinne

Der Onlinehandel wird reifer und erfasst Branchen, die bislang mit mäßigem Erfolg auf diesem Vertriebskanal aktiv waren. Home24, die Handelsplattform für Möbel und Beleuchtung, hat sich im Markt etabliert und Voraussetzungen für stärkeres Wachstum geschaffen. In der Corona-Krise wurde eine kritische Masse aktiver Kunden gewonnen. Das ist die Basis für das noch junge Unternehmen, nun Gewinn zu erzielen. Langfristiger Kauf.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 20,00 Euro
Stoppkurs: 9,60 Euro