Vor einem Jahr, am 23. März, endete an den Börsen der Absturz der Kurse infolge des ersten Lockdowns. Seitdem ging es so dynamisch wieder nach oben, dass manche den Zug gar verpassten. Besonders auffällig: Zahlreiche neue Anleger stiegen im Lauf des Sommers an den Aktienmärkten ein. Sie setzten von Anfang an auf die Corona-Gewinner - Aktien von Unternehmen, die mit Homeoffice- Tools, E-Commerce, Streaming oder Gaming ihr Geld verdienen. Mit der beginnenden Impfkampagne ziehen sich die Investoren nun aus den hoch bewerteten Techaktien zurück und setzen auf eine Normalisierung in der Old Economy: Bau, Industrie und Technik sind gefragt. Dort werden auch noch vernünftige Ausschüttungsrenditen erzielt, ein nicht zu unterschätzender Aspekt in traurigen Nullzinszeiten.
Wie kann man nur solche Sätze von sich geben? "Wir wollen kein weiteres Wirecard und können uns das auch gar nicht leisten", sagte Christian Orth, der beim Wirtschaftsprüfer EY in Deutschland die Abteilung für Qualitätssicherung leitet, am vergangenen Freitag vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Als ob es um das "Wollen" ginge. Offensichtlich ging es wohl eher ums "Können", vielmehr "Nichtkönnen". Natürlich ist man im Nachhinein immer schlauer; gleichwohl fragen sich die Ausschussmitglieder zu Recht, wie es den Prüfern nicht auffallen konnte, dass das Geschäft mit den sogenannten Drittpartnern in Asien praktisch nur aus Luftbuchungen bestand und 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten nicht vorhanden waren. Diese Fragen werden auch bei drohenden Schadenersatzprozessen noch interessant werden.
An diesem Freitag wird das neueste Ifo-Geschäftsklima veröffentlicht. Die Erhebung fand statt, als die Unternehmen noch von weiteren Lockerungen ausgingen. Insofern sind die Einschätzungen durch die Lockdown-Verlängerungen schon wieder überholt.