Für Pascal Riegis gibt es nur zwei Sorten von Aktien: Value-Werte und dann alle anderen. Dabei ist es dem französischen Manager des Fonds Oddo Avenir Europe egal, ob ein Aktienunternehmen an der Börse 150 Millionen oder zehn Milliarden Euro wert ist. Er darf in jede europäische Firma investieren, deren Marktkapitalisierung in dieser Bandbreite liegt. Unwichtig ist auch, ob der Wert ein Wachstums- oder Dividendentitel ist oder wie sich die Gesamtwirtschaft entwickelt. Entscheidend ist einzig und allein, ob die Firma nachhaltiges Wachstum für ihre Aktionäre verspricht.

Hauptsache keine Kapitalerhöhung



Um das herauszufinden, achten Riegis und sein Team, die den 1999 aufgelegten Fonds seit 2004 verwalten, darauf, ob die Konzerne ihr Wachstum aus dem eigenen Geschäft finanzieren können. "Das ist einer der wichtigsten Punkte im Auswahlprozess", erklärt der Manager. Denn: "Muss das Wachstum über Schulden oder Kapitalerhöhungen finanziert werden, verwässert das den Gewinn je Aktie."

Was das für die Entwicklung einer Aktie bedeutet, verdeutlicht er gern am Beispiel des französischen Baustoffherstellers Lafarge und des Spezialchemieherstellers Sika mit Sitz in der Schweiz. Während die Franzosen für ihre Unternehmensentwicklung oft neues Geld an der Börse aufnahmen, stemmte Sika sein Wachstum bisher weitgehend selbst. Ergebnis: Der Kurs von Lafarge stieg seit 1990 um fast 300 Prozent, der von Sika kletterte um über 3000 Prozent nach oben. Zwar kann der Fonds selbst nicht ganz an diese Entwicklung anschließen, doch seit 2004 stieg der Wert im Schnitt um 12,9 Prozent pro Jahr, was sich bisher insgesamt auf über 290 Prozent summiert. Da erscheint auch die 20-prozentige Erfolgsgebühr verschmerzbar, die zudem nur dann fällig wird, wenn der Referenzindex MSCI Europe Smid geschlagen und eine positive Rendite erzielt wurde.

Weil Riegis das Muster von Lafarge auch in anderen Branchen häufig beobachtet, kommen Banken, Versicherungen, Airlines und Rohstoffunternehmen genauso wenig in seinen Fonds wie Telekomkonzerne oder Versorger. Zusätzliche Kriterien in dem vierstufigen Anlageprozess sind, dass die Konzerne über einen klaren Wettbewerbsvorteil verfügen, weltweit verkaufen, gut geführt und solide finanziert sind. So schrumpft das Anlageuniversum von gut 3000 Firmen auf etwas mehr als 300 Unternehmen zusammen, die Riegis und sein Team kontinuierlich auf ihrem Investmentradar verfolgen.

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Konzentriertes Portfolio



Wenig verwunderlich stammen daher zahlreiche Portfoliopositionen aus dem Industriebereich - wie der Mischkonzern Safran und der Reifenhersteller Michelin - oder aus dem Anlagenbau, wie die Maschinenbauer GEA und Krones. So macht der Industriesektor über ein Drittel des inzwischen rund 1,8 Milliarden Euro schweren Fonds aus. Auf Platz 2 folgt die Gesundheitsbranche, die für gut ein Viertel der Investments steht. Hier setzt Riegis etwa auf den Gesundheitskonzern Fresenius.

An diesem Titel zeigt sich eine weitere Besonderheit des Oddo Avenir Europe. Riegis hält an einer Aktie auch dann noch fest, wenn ihr Börsenwert die Zehn-Milliarden- Grenze knackt. "Gute Unternehmen bleiben oft länger gut, schlechte Unternehmen meist länger schlecht, als man denkt", erklärt er. Ein Satz, der sich bei Fresenius seit Jahren bewahrheitet. Mit je über zehn Prozent sind zudem die Technologie- und die Konsumbranche hoch gewichtet.

Der Fonds besitzt jedoch ein weiteres Merkmal, das nichts mit der Anlagestrategie zu tun hat: Die Oddo Group ist kein großes Fondshaus, sondern eine familiengeführte französische Finanzgruppe. An ihrem 1987 gegründeten Vermögensverwalter Oddo Asset Management sind die Mitarbeiter mit knapp einem Drittel beteiligt. Wenn Fondsmanager Riegis also nach attraktiven Value-Werten sucht, dann nicht nur wegen des nachhaltigen Wachstums für seine Anleger.

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