"Auch das Wirtschaftswachstum dürfte dadurch um etwa einen halben Punkt zulegen." Viele Experten trauen Europas größter Volkswirtschaft in diesem Jahr ein Wachstum von etwa vier Prozent zu, wovon etwa ein Achtel allein auf BioNTech entfielen.

"Ich kann mich an keinen Fall erinnern, in dem ein Unternehmen einen solchen Einfluss auf das deutsche BIP hatte", sagte Dullien. Als Makroökonom picke er sich normalerweise keine Unternehmen heraus. "Manchmal gibt es jedoch seltene Fälle, in denen einzelne Unternehmen eine gesamtwirtschaftliche Relevanz haben", sagte der Wissenschaftler. "BioNTech ist so ein seltenes Beispiel."

"PLAUSIBLE RECHNUNG"


Dulliens Berechnungen basieren auf der am Montag angehobenen Prognose des Unternehmens. Es stellt in diesem Jahr mit dem Covid-19-Vakzin Verkaufserlöse von 15,9 (bislang: 12,4) Milliarden Euro in Aussicht stellt. Diese entspreche rund einem halben Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes. "Da BioNTech relativ wenige Vorprodukte aus dem Ausland bezieht, ist das eine nahezu reine Wertschöpfung im Inland", sagte der Ökonom. "Das wirkt sich direkt auf das Wirtschaftswachstum aus." BioNTech lässt den auf der neuen mRNA-Technologie basierenden Impfstoff etwa in Marburg produzieren und kassiert außerdem Gebühren von seinem US-Partner Pfizer.

"Die Rechnung ist plausibel", sagte ING-Chefökonom Carsten Brzeski zu Dulliens Kalkulation. "Es gibt nicht viele Unternehmen, die von Null auf Hundert so durchstarten wie BioNTech - und das binnen eines Jahres." Aus Regierungskreisen verlautete ebenfalls, dass die Rechnung aufgehen dürfte. Mit einem sehr gut wirkenden Impfstoff und einer hohen Durchimpfungsrate würden neben den signifikanten gesundheitlichen Vorteilen auch makroökonomisch relevante positive Effekte einhergehen. Diese könnten problemlos in der genannten Größenordnung liegen, sagte ein Regierungsvertreter zu Reuters.

BioNTech und Pfizer hatten Ende 2020 die erste Zulassung für einen Covid-19-Impfstoff in der EU und in den USA erhalten. "Der Erfolg von BioNTech ist beeindruckend", sagte Dullien. "Es gibt in Deutschland eine hervorragende Forschungslandschaft, die Potenzial für die Zukunft hat." Das Geschäft mit dem Vakzin beflügelte das Mainzer Unternehmen: Im zweiten Quartal setzte BioNTech dank des Impfstoffs-Geschäfts 5,31 Milliarden Euro um nach lediglich 41,7 Millionen im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Nettogewinn betrug 2,79 Milliarden Euro nach einem Verlust von 88,3 Millionen ein Jahr zuvor.

rtr