Er verlässt Ende August nach sechs Jahren im Chefsessel bei Österreichs größten Industriekonzern das Unternehmen. Auf das letzte Halbjahr blickt Seele trotz Corona-Pandemie zufrieden zurück. Es zeige die Krisenfestigkeit der OMV, betonte der Manager. Einen erheblichen Wachstumssprung brachte der OMV der milliardenschwere Kauf des Petrochemiekonzerns Borealis. "Die Borealis-Übernahme hat die Schlagkraft verdoppelt", sagte Seele.

Die neue Chemie-Sparte wurde nach dem Zukauf zu einem wichtigen dritten Standbein - neben der Suche und Förderung von Öl- und Gas sowie dem Raffinerie- und Tankstellengeschäft. Die OMV sieht zudem darin auch die Lösung für die Erreichung der Klimaziele. Während Ölriesen wie Shell, Total oder BP ihre Zukunft im Bereich der erneuerbaren Energien sehen, setzen die Österreicher auf die Herstellung von hochwertigen Kunststoffen. Von Umweltschützern wird das vehement kritisiert.

Das um Lagereffekte bereinigte operative Ergebnis (CCS Ebit) habe sich im ersten Halbjahr auf 2,2 Milliarden von 844 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Rund die Hälfte der Gewinne kommt von der neuen Geschäftssparte Chemicals & Materials. Neben der Vollkonsolidierung von Borealis habe das Unternehmen von rekordhohen Polyolefin-Margen, positiven Lagerbewertungseffekten und gestiegenen Verkaufsmengen profitiert. "Das zeigt eines klar und deutlich: Die künftige Ausrichtung auf Chemie ist nicht nur ein nachhaltiges, sondern vor allem auch ein äuß

erst profitables Geschäftsmodell", betonte Seele. Daher werde ein Schwerpunkt der Investitionen in diesen Bereich gesetzt. Künftiges Wachstum soll insbesondere über eine Expansion in die USA oder Asien kommen.

WICHTIGE ENTSCHEIDUNGEN ÜBERLÄSST SEELE SEINEM NACHFOLGER


Der studierter Chemiker Seele war maßgeblich für den Schwenk in Richtung Chemie verantwortlich. Die gut vier Milliarden Euro schwere Übernahme eines Mehrheitsanteils an Borealis mitten in der Pandemie brachte ihm aber auch Kritik ein. Zuletzt machten Seele auch interne Machtkämpfe über die zukünftige Strategie zu schaffen. Der teilstaatliche Konzern war deswegen immer wieder in den Negativ-Schlagzeilen. Im April kündigte der 60-Jährige gebürtige Deutsche an, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Die Leitung übernimmt per September der frühere Borealis-Chef Alfred Stern. Der Aufsichtsrat setzte damit ein klares Zeichen: Der eingeschlagenen Kurs in Richtung Chemie soll fortgeführt werden.

Mit Aussagen zur Zukunft der OMV hielt sich Seele bei seiner letzten Pressekonferenz zurück. Die großen offenen strategischen Entscheidungen, wie etwa für das milliardenschweren Gasprojekt Neptun in Rumänien oder beim sibirischen Gasfeld Achimov, würden unter dem künftigen OMV-Chef Stern erfolgen. Bei Neptun rechnet Seele angesichts des nach wie vor ausstehenden Rechtsrahmens seitens der rumänischen Regierung eher erst 2022 mit einer Investitionsentscheidung.

Auf Kurs sei der Konzern beim geplanten Verkauf des Düngemittelgeschäfts von Borealis. Ein Deal soll noch in diesem Jahr unter Dach und Fach gebracht werden. Derzeit sei der Düngemittelmarkt sehr günstig für einen Verkauf, es gebe reges Interesse, sagte Seele.

rtr


Interview

Börse on air: OMV Transformation geht weiter



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Die OMV befindet sich mitten in der Transformation weg vom klassischen Ölkonzern, hin zu mehr Chemie. Durch den Kauf der Borealis wurde das vorangetrieben, das neue Segment Chemie & Materials macht schon mehr als 50 % des Geschäfts aus. Doch auch Öl und Gas läuft gut, da die Preise dort deutlich angezogen haben. Vorstand Rainer Seele verabschiedet sich somit mit Rekorden: das bereinigte Ergebnis vor Sondereffekte ist im Halbjahr 2021 um 157 % gestiegen auf 2,17 Mrd. Euro. "Das ist nicht alles nur Borealis und die Preissteigerungen haben nicht nur bei Öl und Gas stattgefunden. Wir sehen eine sehr starke Konjunktur, insbesondere bei der Chemie." Nun soll die Transformation unter Alfred Stern fortgeführt werden. Wichtig ist dabei aber die Finanzierung. CFO Reinhard Florey betont im Interview, dass die OMV weiterhin verlässlicher Dividendenzahler bleiben will. "Die Dividendenpolitik hat eine sehr hohe Priorität bei unserer Mittelverwendung." Die Zukunft könnte im Recycling von Plastik und der Umwandlung in synthetisches Rohöl liegen. Das Pilotprojekt läuft so gut, dass es deutlich ausgeweitet wird.