Diese Zahl erschreckt. Eine re­präsentative Umfrage im Auf­trag der Postbank hat erge­ben: 43 Prozent der Deut­schen meinen, dass sie für eine vollsta­tionäre Pflege in einem Heim keinen Eigenanteil bezahlen müssen. Die Reali­tät sieht anders aus. Im Durchschnitt muss jeder Heimbewohner 1959 Euro pro Monat selbst bezahlen. Diesen Wert haben die privaten Krankenversicherer errechnet, die gesetzlichen Kassen ge­hen von ähnlichen Daten aus.

Das zeigt: Die Zuschüsse durch die ge­setzliche Pflegeversicherung genügen bei Weitem nicht. Dabei sind sie in ab­soluten Zahlen teilweise beachtlich und reichen für einen Heimbewohner von 125 Euro (Pflegegrad 1) bis zu 2005 Euro (Pf legegrad 5). Bei geringerer Pf legebe­dürftigkeit kann man sich vielfach noch zu Hause behelfen. Wichtig: Die Pflege wird wesentlich weniger bezuschusst, wenn sie durch Angehörige statt durch Fachpersonal erfolgt. Bei hohen Pflege­graden ist diese sogenannte ambulante Pflege aber oft keine Alternative mehr.

Ein privater Zusatzschutz erscheint also überlegenswert. Doch Vorsicht: Der sogenannte Pflege-­Bahr ist nur eine ge­ringe Hilfe (die Policen, 2013 eingeführt, sind nach dem früheren FDP-Bundesge­sundheitsminister Daniel Bahr benannt). Bei Pflegegrad 5 gibt es üblicherweise nur 600 Euro im Monat. Da nutzt es we­nig, dass ein staatlicher Zuschuss von fünf Euro pro Monat fließt.

Empfehlenswert sind hingegen soge­nannte Kombi­-Tarife, bei denen Pflege-­Bahr und eine ungeförderte Zusatzver­sicherung desselben Anbieters zusam­mengefasst sind. Hier bekommen Pflege­bedürftige erheblich mehr, wenn sie das richtige Paket wählen. €uro hat gemein­sam mit dem unabhängigen Software­und Analysehaus Morgen & Morgen die besten Offerten für beide Produktarten und je drei Altersstufen herausgefiltert. Ergebnis: In jeder Kategorie gibt es sehr gute Angebote. Beim Pflege­-Bahr sticht die Debeka mit der Bestnote 1,0 hervor, bei den Kombi-­Produkten schafft die Allianz dasselbe.

Die Güte der Kombi­-Tarife - gemessen an Prämienhöhe, Absicherung und Zu­satzleistungen - ist sehr unterschiedlich und hängt stark vom Eintrittsalter des Versicherten ab. So kostet die Kombi na­tion des Anbieters Barmenia für einen 25-Jährigen gut 27 Euro, während es bei einem 55-Jährigen mehr als 90 Euro sind. Jenseits der 55 wird es teilweise prohibi­tiv teuer, weshalb €uro hier das Höchst­alter gesetzt hat.

Trotz aller Sorgen wegen hoher Pfle­gekosten gilt: Wer über Kombi­-Tarife nachdenkt, sollte nachrechnen, in wel­chem Umfang er eine zusätzliche Absi­cherung tatsächlich braucht. Denn wer im Job pflegebedürftig wird, kann even­tuell Leistungen aus der gesetzlichen Er­werbs­oder der privaten Berufsunfähig­keitsversicherung erwarten, vielleicht auch aus einer Unfallversicherung. Hin­zu kommen im Rentenalter die gesetz­liche Rente, in vielen Fällen auch priva­te Zusatzversorgungen und finanzielle Rücklagen. "Eine Pf legezusatzversiche­rung ist häufig ein finanzieller Schutz für die Erben, nicht für einen selbst", meint deshalb der unabhängige Versi­cherungsmakler Helge Kühl.

Generell unterscheiden sich Pflege­-Bahr­-Policen und Kombi-­Versicherun­gen in einem wichtigen Punkt: Laut Ge­setz dürfen die Pflege­-Bahr­-Anbieter kei­ne Gesundheitsfragen stellen, Risikozu­schläge erheben oder bestimmte Leis­tungen ausschließen. Selbst wer schwer erkrankt ist, bekommt uneingeschränk­ten Schutz zum Einheitspreis. Bei den Kombi­-Policen sollen Gesundheitsfra­gen dies ausschließen.

Die fehlende Gesundheitsprüfung macht den Pflege-­Bahr für Kranke at­traktiv, kann aber auf lange Sicht teuer für alle Bahr-­Kunden werden. Denn falls sich viele Menschen mit gesundheitli­chen Einschränkungen für den Pflege-­Bahr entscheiden, steigen die Ausgaben und damit die Prämien. Diese sind näm­lich nicht für die gesamte Laufzeit garan­tiert. Das ist übrigens auch bei Kombi­-Policen so.

Für beide Arten gilt: Gebremst wird ein Anstieg nur durch Rückstellungen, die in jüngeren Jahren des Versicherten gebildet und im Alter aufgelöst werden. Das ist noch ein Argument dafür, früh abzuschließen. Die Rückstellungen sind auch der Grund, weshalb die Wahl des richtigen Versicherers wichtig ist: Wenn man den Anbieter wechselt, bleibt das Geld bei Pflege-­Bahr und Kombi­-Tarifen im Unternehmen. Für den Kunden ist es also verloren. Wer eine Zeit lang keine Prämien zahlt, hat ebenfalls den kom­pletten Schutz verwirkt.

Hingegen gibt es eine Möglichkeit, sich fixe Prämien zu sichern: die Pflege­rentenversicherung (diese Policen sind nicht im Test enthalten). Sie hat den weiteren Vorteil, dass die Versicherung meist auch dann Geld zahlt, wenn der Kunde nicht bis Vertragsende seine Prä­mien überweist. Kehrseite der Medaille: Die Prämien sind im Vergleich zum Pfle­ge-­Bahr unverhältnismäßig hoch. Und es gibt keine staatliche Förderung.

So lesen Sie die Tabellen:


Getestet wurden Pflegezusatzversicherungen,die monatliche Auszahlungen im Pflegefall garantieren. "Zusatz" bedeutet, dass sie zur sozialen Pflegeversicherung hinzutreten, in die alle gesetzlich und privat Krankenversicherten einzahlen müssen. Im Pflegefall wird, je nach Pflegegrad, ein bestimmter Betrag pro Monat ausbezahlt. Voraussetzung: Die Pflegebedürftigkeit ist durch eine Pflegekasse anerkannt. Im Test wurde ein Musterfall mit dem Versicherungsbeginn 1. Juli 2020 betrachtet. Die Rahmen bedingungen des Tests finden Sie im Internet unter https://bit.ly/Pflegetagegeldpolicen_2020

Der Test umfasst zwei Teile. Unter Pflege-Bahr-Tarife werden staatlich geförderte Pflegezusatzversicherungen untersucht. Unter Kombi-Tarifewerden Kombinationen dieser Pflege-Bahr-Policen mit ungeförderten Policen getestet. Dies geschieht jeweils für ein Anfangsalter des Versicherten von 25, 45 und 55 Jahren. Hintergrund der Zweiteilung: Die Leistungen aus dem Pflege-Bahr reichen oft nicht aus, um jene Pflegekosten zu decken, die von der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht gezahlt werden. Deshalb sollte man sich unbedingt zusätzlich schützen. Allerdings müssen diese ungeförderten Tarife bestimmten Kriterien genügen, um kombinierbar zu sein. So sind ungeförderte Policen, die vor Anfang 2013 abgeschlossen wurden, nicht mit dem Pflege-Bahr kompatibel. Die Ergebnisse der Untersuchung stammen vom unabhängigen Software- und Analysehaus Morgen & Morgen, die Bewertungen von €uro.

Pflege-Bahr-Tarife Hier sind 23 Anbieter vertreten (siehe Tabelle "Gesamtsieger"). "Staatlich gefördert" bedeutet, dass für jeden Vertrag ein monatlicher staatlicher Zuschuss von fünf Euro fließt.

Kombi-Tarife Hier sind 15 Anbieter vertreten (komplette Liste siehe Tabelle "Gesamtsieger"). Voraussetzung war, dass ein Pflege-Bahr-Tarif und ein kombinierbarer, ungeförderter Tarif existieren. Bei den ungeförderten Tarifen darf es im Gegensatz zum Pflege-Bahr Gesundheitsprüfungen bei Vertragsabschluss geben. In diesem Test wurde das monatliche Pflegegeld so vorgegeben, dass mindestens die Versorgungs lücke bei Pflegegrad 5 in etwa geschlossen ist - also die Lücke zwischen tatsäch lichen Kosten und den Zuschüssen durch die gesetzliche Pflegeversicherung. Die Lücke liegt - quer durch die Pflegegrade - nach Berechnungen der privaten Krankenversicherer je nach Bundesland zwischen 1500 und 2300 Euro.

Monatsprämie
Sie ist nicht für die gesamte Laufzeit festgelegt, sondern kann steigen oder fallen (ähnlich wie in der privaten Krankenversicherung). Bei den Werten ist der staatliche Zuschuss von fünf Euro abgezogen.

Pflegegeld
Die private Pflegezusatzversicherung zahlt beim Pflege-Bahr dieselben Summen, egal ob die versicherte Person ambulant oder stationär gepflegt wird. Im Gegensatz dazu unterscheidet die soziale Pflegeversicherung bei ihren Zahlungen zwischen häuslicher Pflege durch professionelle Pflegedienste, häuslicher Pflege durch nicht profes sionelle Helfer und vollstationärer Pflege im Pflegeheim. Bei den Kombi-Tarifen gibt es bei manchen Anbietern Unterschiede zwischen Zahlungen für stationäre und ambulante Pflege.
Der Gesetzgeber fordert bei PflegeBahr einen Mindestschutz. Er beträgt je nach Pflegegrad 60, 120, 180, 240 beziehungsweise 600 Euro.

Index der Tarifmerkmale
Die Leistungen, die in den Test einfließen, sind in drei Kategorien einteilbar. Erstens gibt es vier Tarifmerkmale:
Dynamik Möglichkeit, die Versicherungssumme ohne Gesundheitsprüfung zu erhöhen - etwa um einen Inflationsausgleich zu integrieren.
Geltungsbereich und Wohnsitzverlegung Möglichkeit, die Versicherungssumme ohne Gesundheitsprüfung zu erhöhen - beispielsweise um einen Inflationsausgleich in die Ver sicherung zu integrieren. Wartezeit Da beim Pflege-Bahr keine Gesundheitsfragen gestellt werden dürfen, haben die Anbieter das Recht, eine Wartezeit von fünf Jahren vorzusehen. Das bedeutet, eine Leistung erfolgt frühestens fünf Jahre nach Versicherungsbeginn. Manche Anbieter verzichten darauf, wenn innerhalb dieser Zeit Pflegebedürftigkeit durch einen Unfall eintritt. Als Besonderheit beim Abschluss eines Kombi-Tarifs gibt es Versicherer, die auf eine Wartezeit im Pflege-Bahr verzichten. Hintergrund ist die Gesundheitsprüfung im ungeförderten Tarif.
Zweitens gibt es drei Tarifmerkmale, die nur bei Kombi-Policen einfließen:
Höchstalter Manche Versicherer begrenzen das Eintrittsalter, bis zu dem man in die Versicherung aufgenommen wird. Vorteilhaft gerade für ältere Personen ist es, wenn kein Höchstalter besteht und man sich - zumindest theoretisch - auch in einem hohen Alter noch versichern kann.

Mindestvertragsdauer Die Musterbedingungen gehen im Allgemeinen von zwei Jahren aus. Durch die Kombination mit einem ungeförderten Pflegetagegeld entfällt diese manchmal oder reduziert sich auf ein Jahr.
Leistungen bei Suchterkrankungen Manche Versicherer zahlen nichts, wenn die Pflegebedürftigkeit auf einer Suchterkrankung beruht. Andere zahlen lediglich bei Alkoholdemenz, aber beispielsweise nicht bei den Folgen illegaler Drogen. Wieder andere leisten in jedem Fall.
Drittens sind eine Reihe von Kriterien indirekt in den Test eingeflossen, indem lediglich Tarife berücksichtigt wurden, die im "M & M Rating Pflegetagegeld" von Morgen & Morgen mindestens vier von fünf möglichen Sternen haben. Erläuterung und Dokumentation zum Rating finden Sie unter morgenundmorgen.com.
Zu diesen Kriterien zählen beispielsweise:
Zusage Leistungspflicht Sofern dem Versicherer alle für die Leistungszusage erforderlichen Unterlagen vorliegen, spricht es für die Kundenfreundlichkeit, wenn eine Entscheidung binnen des garantierten Zeitraums erfolgt.
Überbrückung bei Zahlungsschwierigkeiten Bei diesem Kriterium geht es um kundenfreundliche Regelungen, um den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten.
Leistung bei stationärer Reha und Kur Zahlt der Versicherer in solchen Fällen?

Ergebnis inklusive Tarifleistungen
Pflegequote zur Mindestabsicherung mal Tarifergebnis (nicht in den Tabellen abgebildet).Beispiel: Debeka, Pflege-Bahr, 25 Jahre: 233 % mal Tarifergebnis (1,2) = 280 %. Die Prämie fließt in die Summe der Pflegequoten mit ein, die günstigste Prämie erhält den Faktor 1. Beispiel Debeka: 1 mal 233 % = 233 %. Beträge, die vom günstigsten Beitrag abweichen, erhalten einen anderen Faktor. Dieser berechnet sich so: niedrigster Beitrag geteilt durch aktuellen Beitrag des Tarifs. Damiterhält ein Tarif, der doppelt so teuer ist wie der günstigste Tarif, den Faktor 0,5.

Note
Es wird der beste Wert in der jeweiligen Altersstufe im Ergebnis mit 1,0 bewertet und bei 40 Prozent des Höchstwerts eine 4,0 vergeben. 1,0 bis 1,5: sehr gut", 1,6 bis 2,5: "gut", 2,6 bis 3,5: "befriedigend".