Steigende Unternehmensgewinne kombiniert mit niedrigen Zinsen sind derzeit das perfekte Futter für die Börsenbullen. Doch stecken in der Gleichung zwei Variablen, die durchaus schwanken können. Zuletzt verunsicherten steigende Anleiherenditen die Märkte und ließen vor allem die Technologietitel kräftig korrigieren. Zu einem generellen Trendwechsel kam es aber nicht, im Gegenteil: Der DAX eilt derzeit von einem Hoch zum nächsten.
Es sind die Konjunkturhoffnungen, welche die Bedenken über steigende Zinsen vom Tisch wischen. Kommt die vom Coronavirus gedrosselte Wirtschaft nun wieder auf Touren, wird sich das parallel dazu auch positiv in den Firmenbilanzen niederschlagen. Für das Jahr 2021 erwartet die Bundesregierung eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 3,0 Prozent. Mitte 2022 soll dann wieder eine Wirtschaftsleistung wie vor der Pandemie erreicht werden.
Eine gute Basis also für steigende Ergebnisse, zumal auch viele Gesellschaften die vergangenen Monate dazu genutzt haben, ihren Kostenapparat auf Vordermann zu bringen. Alles in allem sollten die Gewinne der heimischen Unternehmen im laufenden Jahr wieder ordentlichen Schwung bekommen. Aktuellen Prognosen zufolge werden die 30 DAX-Konzerne für 2021 eine Gewinnsumme von 86,6 Milliarden Euro ausweisen, das Doppelte im Vergleich zum Covid-Jahr 2020 und auch mehr als 2019.
Blick in die Glaskugel
Entscheidend für den weiteren Kursverlauf an den Aktienmärkten ist aber längst nicht nur die Gewinnentwicklung für dieses Jahr. An der Börse wird die Zukunft gehandelt, und daher richtet sich der Blick der Marktteilnehmer bereits heute auf das Jahr 2022. Damit nicht nur Profi-Investoren wissen, wie es weitergehen könnte, werden wir ab dieser Ausgabe unsere Datenbank um die Kennzahlen für das kommende Jahr erweitern.
Das Gute vorneweg: Das Gros der deutschen Unternehmen wird auch 2022 ihre Gewinne steigern können. Allerdings dürfen Anleger nicht vergessen, dass es sich dabei um Schätzungen handelt, die fortlaufend an die aktuellen Marktbedingungen angepasst werden. So kam es zuletzt bei einigen Bluechips zu negativen Trends. Zum Beispiel enttäuschte DAX-Absteiger Beiersdorf mit seinem Margenausblick für 2021, FMC warnte gar vor einem Ergebniseinbruch um 25 Prozent, und MTU veröffentlichte eine Prognose unter den Konsensschätzungen.
Anleger sind also gut beraten, sich kontinuierlich mit den aktuellen Geschehnissen am Markt auseinanderzusetzen. Dies gilt aber nicht nur für die Unternehmen, sondern auch auf der Konjunkturseite. Von der Wirtschaft kamen zuletzt positive Signale. So verbuchten die Ausfuhren im Januar ein unerwartetes Plus von 1,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Die Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Rückgang von 1,2 Prozent gerechnet. "Die Exporte bleiben in den kommenden Monaten eine zentrale Wachstumsstütze für die deutsche Wirtschaft", sagt Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank.
Die sich aufhellenden Wirtschaftsaussichten spielen vor allem den konjunktursensitiven Unternehmen in die Hände. So stehen Aktien der Old Economy derzeit hoch im Kurs - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Im Vergleich zum Jahresbeginn führen die Hitliste im DAX Daimler und VW mit Zuwächsen von jeweils mehr als einem Fünftel an. Die erwartete Gewinnentwicklung des Duos liefert den steigenden Notierungen dabei eine gute Basis. Nach Rebounds von mehr als 100 Prozent in diesem Jahr sollen die Profite auch 2022 weiter prozentual zweistellig zulegen. VW wird absolut betrachtet sogar die höchste Gewinnsumme im DAX erzielen.
Möglicherweise sind auf der Ergebnisseite auch noch positive Überraschungen drin. Denn vor allem in den weltgrößten Volkswirtschaften USA und China, die zugleich die wichtigsten Abnehmer von Waren "Made in Germany" sind, stehen die Zeichen derzeit auf Aufschwung.
Wir haben unsere Datenbank mit den brandneuen und exklusiven Gewinnschätzungen für das Jahr 2022 zum Anlass genommen, um besonders chancenreiche Unternehmen aus dem deutschen Anlageuniversum herauszufiltern. Auf den folgenden Seiten finden Sie wachstumsstarke Titel aus DAX, MDAX, SDAX sowie dem Nebenwertesegment.
Börse-Online-Datenbank
Exklusives Zahlenwerk
Bevor Anleger eine Kaufentscheidung treffen, sollte das Unternehmen zuerst gründlich durchleuchtet und bewertet werden. Hilfreich dabei ist die Fundamentalanalyse, die darauf abzielt, den "fairen" Wert aus den historischen wie auch künftigen Firmendaten zu ermitteln. BÖRSE ONLINE präsentiert in seiner Datenbank komprimiert und leicht verständlich alle wichtigen Zahlen auf einen Blick. Neu hinzu kommen ab dieser Ausgabe die 2022er-Gewinnschätzungen für mehr als 500 deutsche Firmen. Im Internet finden Sie zudem die Datei BO DATA Interactive. Diese ist für Abonnenten kostenfrei und enthält alle wesentlichen Kenngrößen. Die Datei steht im Abonnenten-Premiumbereich unter boerse-online.de zum Download bereit und wird fortlaufend aktualisiert.
BIP-Prognosen
Die Zuversicht wächst
Dank Impffortschritten und Konjunkturhilfen wird das Wachstum laut der Industriestaaten-Organisation OECD höher ausfallen als bislang angenommen. Gingen die Experten im Dezember noch von einem globalen BIP-Anstieg in diesem Jahr von 4,2 Prozent aus, erwarten sie nun eine Rate von 5,6 Prozent. Das kommt auch Deutschland als großem Exporteur entgegen. Hier soll das BIP 2021 und 2022 um rund drei Prozent zulegen.
DAX: Revival der Bluechips
Musste sich der DAX im Pandemie-Jahr 2020 noch seinen kleineren Familienmitgliedern geschlagen geben, liegen die Large Caps mit einem Plus von rund sechs Prozent seit Silvester nun klar vor dem MDAX und dem SDAX. Auch bei der Gewinnentwicklung zeigen die Großkonzerne eine erstaunlich hohe Dynamik. Während die DAX-Gewinne bereits 2021 das Vorkrisenniveau wieder übertreffen werden, schaffen die Mid Caps das wohl erst nächstes Jahr.
Apropos 2022: Das Wachstumstempo der deutschen Dickschiffe bleibt hoch. Aktuell wird am Markt mit einem weiteren Plus von einem Viertel gerechnet. Dann wird auch die 100-Milliarden-Euro-Grenze fallen. Einen wahren Boost verleiht dem Index dabei VW. Mit einem erwarteten Jahresüberschuss von 14,5 Milliarden Euro wird der Autobauer den Löwenanteil zu den DAX-Gewinnen beisteuern.
Im internen Wachstumsvergleich für 2022 liegen dagegen Bayer, Deutsche Bank und Infineon vorn. Während es bei den beiden Erstgenannten zu Basiseffekten kommt - die Vorjahre fielen bei dem Duo sehr mager aus -, setzt Infineon nach dem Corona-Jahr seinen alten Expansionskurs weiter fort. Der Halbleiterspezialist verzeichnete zwischen 2013 und 2019 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 20 Prozent. Im laufenden Jahr kommt es nach Corona zu einem kräftigen Rebound, und 2022 dürfte der Überschuss um weitere 58 Prozent auf einen neuen Spitzenwert nach oben schnellen.
Bevor wir nun näher auf unsere Favoriten eingehen, noch ein Blick auf das untere Ende des Wachstumsrankings. Die rote Laterne trägt der Lieferdienst Delivery Hero, der zwar voraussichtlich seine Verluste weiter reduzieren, die Minuszone aber nicht wird verlassen können. Die einzigen beiden Unternehmen, denen derzeit für 2022 keine Ergebnisverbesserungen zugetraut werden, sind RWE und Deutsche Wohnen.
Sechsmal Wachstum
Zurück zu den Wachstumsstars. Wie eingangs erwähnt, wird sich die Deutsche Bank im kommenden Jahr weiter aus ihrer langen Krise herauskämpfen können. Fünf Verlustjahre in Folge verzeichnete der Konzern, ehe er 2020 erstmals wieder einen Überschuss ausweisen konnte. Die Trendwende soll halten: "Wir streben natürlich für 2021 einen Gewinn an", sagt Vorstandschef Christian Sewing. Die Hoffnung schöpft er aus dem mittlerweile nahezu abgeschlossenen Umbau. Bereits 85 Prozent der Belastungen liegen hinter Deutschlands größtem Geldhaus, und die Weichen sind auf "nachhaltig profitabel" gestellt. Dazu tragen auch die verschärften Kostensenkungen bei. Nach neuesten Plänen soll der Aufwand bis 2022 auf 16,7 Milliarden Euro gesenkt werden, bisher lag die Zielmarke bei 17 Milliarden Euro.
Ebenfalls inmitten eines Sparkurses befindet sich BASF. Der Chemieriese veröffentlichte Corona-bedingt für das vergangene Jahr einen herben Gewinneinbruch. Dass das Management dies aber quasi als "Eintagsfliege" abtut, zeigt sich beim Dividendenvorschlag. Der Konzern schüttet erneut so viel Geld an die Aktionäre aus wie für 2019. Bereits in diesem Jahr rechnet der Konzern mit einer operativen Wende. Das Erlösplus wird auf bis zu acht Prozent veranschlagt, der bereinigte operative Gewinn (Ebit) soll ein Niveau zwischen 4,1 und 5,0 Milliarden Euro erreichen. In der Mitte der Spanne entspricht dies einem Zuwachs von rund einem Viertel. Für 2022 geht der Konsens unter dem Strich von einer weiteren Ergebnisverbesserung um 28 Prozent aus. Die BASF-Aktie ist ein absoluter Konjunkturplayer und überzeugt gleichzeitig mit Dividendenkontinuität.
Ebenfalls zu den Zyklikern zählen die Autokonzerne. Im Vergleich "Wachstum zu KGV" schneidet VW derzeit am besten ab. Die Wolfsburger sind aber auch beim Rennen um das Auto der Zukunft vorn. Im Rahmen der Strategie "Accelerate" treibt VW die Elektromobilität voran. So soll bis 2030 der Anteil reiner E-Autos am Absatz in Europa auf mehr als 70 Prozent zulegen, Verdoppelung gegenüber der bisherigen Planung entspricht. Auf den größten Automärkten der Welt, USA und China, peilt der Autobauer im selben Zeitraum einen E-Anteil von mehr als 50 Prozent an. Darüber hinaus ist VW gerade dabei, sich zusätzliche Einnahmequellen bei Lade- und Energiedienstleistungen zu erschließen. "Volkswagen ist bei der Elektromobilität weiter als die meisten Mitbewerber", sagt Nord/LB-Analyst Frank Schwope.
An der Spitze mit dabei im Zukunftsmarkt Wasserstoff ist Linde. Kürzlich hat der Konzern bekannt gegeben, zusammen mit der südkoreanischen Hyosung die größte Flüssigwasserstoffanlage Asiens zu bauen. Vorstandschef Steve Angel geht davon aus, dass sich das Wasserstoffgescha¨ft, das aktuell rund acht Prozent am Gesamtumsatz ausmacht, in Zukunft vervierfachen kann. Darüber hinaus setzt Linde auch auf andere Wachstumsma¨rkte wie Gesundheit und Elektronik.
Die beiden Techkonzerne Infineon und SAP sind ebenfalls in zukunftsträchtigen Bereichen unterwegs. So ist der Halbleiterhersteller bestens positioniert, um mit seinen Chips von den Trends zu E-Mobility und 5G zu profitieren. SAP wiederum befindet sich auf dem Weg zu einem reinen Cloud-Anbieter. Zugegeben, das verschlingt erst mal Geld und sorgte zuletzt für eine Revision der Mittelfristziele. Doch schon bald könnte sich das Blatt wenden. SAP erwartet zum einen eine Beschleunigung im Cloud-Geschäft und setzt zum anderen auf die US-Tochter Qualtrics. Der Datenanalysespezialist hob soeben seine Wachstumsprognose für 2021 auf 25 Prozent an, das ist mehr als von Analysten erwartet. Die Transformation zum Cloud-Konzern dürfte sich schon bald in höheren Kursen niederschlagen.
MDAX: Vereint nach oben
Ausgerechnet Thyssenkrupp hat den MDAX vor einem "Jahr in Rot" bewahrt. Der Stahlkonzern verbuchte 2020 satte 15 Milliarden als Gewinn aus dem Verkauf der Aufzugsparte. Mit diesem Sondereffekt verhinderte das erst seit 2019 zum Mid-Cap-Index zählende Unternehmen ein Abdriften des Barometers in die Verlustzone. Gleichwohl ist die Gewinnsumme der 60 MDAX-Konzerne stark geschrumpft. Hier hat ein weiterer Ex-DAX-Wert seine Hände im Spiel. Die von Corona arg gebeutelte Lufthansa verbuchte für 2020 einen Verlust von 6,7 Milliarden Euro.
Während die Airline auch im laufenden Jahr kein Geld verdienen dürfte, trauen ihr Analysten 2022 den Turnaround zu. Mit Ausnahme von Morphosys sollen dann alle aktuellen Indexmitglieder schwarze Zahlen schreiben und dafür sorgen, dass die Gewinnsumme fast wieder an das Vorkrisenniveau herankommt.
Typisch für die Vielfalt der zweiten Börsenreihe gibt es Mid Caps, die von der Pandemie profitieren. Zu dieser Gruppe zählt Gerresheimer. Die Rheinländer kommen mit ihren Spritzen, Fläschchen, Pens und Autoinjektoren ins Spiel, sobald Medikamente per Injektion verabreicht werden.
Da ist es nur logisch, dass Gerresheimer voll in die laufende Impfkampagne involviert ist. "Wir gehen davon aus, dass wir in Summe über 24 Monate 40 Millionen Euro Umsatz machen mit Blick auf die Covid-19-Fläschchen", sagte Vorstandschef Dietmar Siemssen vor Kurzem. Für den Fall, dass eine jährliche Immunisierung erforderlich ist, könnte für Gerresheimer hier gerade ein nachhaltiges Geschäft anlaufen. Siemssen trimmt das Traditionsunternehmen so oder so auf Wachstum. Mittelfristig soll der Gewinn je Aktie um jährlich ein Zehntel oder mehr steigen. Analysten rechnen mit einer noch schnelleren Gangart - die Gewinnschätzung für 2022 übertrifft das im laufenden Jahr erwartete Niveau um mehr als 40 Prozent.
Am Puls der Megatrends
Obwohl die Gewinnkurve auch bei Varta steil nach oben zeigt, erlebte die Aktie des Batterieherstellers zuletzt arge Turbulenzen. Im Januar geriet das Papier in den Sog der "Reddit-Rally". Auf dem gleichnamigen Forum waren Aktien mit einem vergleichsweise hohen Anteil an Leerverkäufern hochgelobt worden. Da Varta wieder unter dem Niveau von Ende 2020 notiert, bietet sich eine fundamental begründete Einstiegschance. Die Schwaben profitieren mit ihren wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Zellen vom Boom bei kabellosen Kopfhörern.
Für zusätzliche Fantasie sorgt die E-Mobilität. Vartas Einstieg in diesen Megatrend wird vom Bund gemeinsam mit Baden-Württemberg und Bayern mit insgesamt 300 Millionen Euro gefördert. Während dieses Geschäft noch Zukunftsmusik ist, geht es für die Varta-Aktie in der Gegenwart darum, die laufende Kurskonsolidierung abzuschließen.
Seit rund drei Monaten tritt Puma im Bereich von knapp 90 Euro auf der Stelle. Wir trauen dem Sportartikelhersteller deutlich dreistellige Kurse zu. Zwar hat Vorstandschef Björn Gulden einen eher vorsichtigen Ausblick für 2021 abgegeben. Doch gerade in den Krisenmonaten wurde deutlich, wo die Wachstumschancen der Franken liegen. Zum einen hat der Lockdown die Lust vieler Menschen auf Sport verstärkt. "Wir sehen eindeutig einen weltweiten Laufboom", stellt Gulden fest. Puma stattet die Ausdauersportler genauso mit Schuhen und Kleidung aus wie die wachsende Yoga-Community. Ungeachtet der Sportart spielt sich das Geschäft zunehmend digital ab. 2020 nahmen die E-Commerce-Umsätze bei Puma um knapp zwei Drittel zu.
Wachstum und Substanz
Ausschließlich im Internet ist Shop Apotheke unterwegs. Folgerichtig bescherte Corona dem Unternehmen 2020 einen Wachstumsschub. Mit 968 Millionen Euro lag der Umsatz um 38 Prozent über dem Vorjahreswert. Vorstandschef Stefan Feltus blickt optimistisch nach vorn: "Die Milliardengrenze werden wir dieses Jahr deutlich überschreiten." Gleichzeitig steuert Shop Apotheke auf den Break-even zu. Im laufenden Jahr könnten unterm Strich erstmals schwarzen Zahlen stehen. 2022 soll der Gewinn je Aktie sogar um mehr als den Faktor 4 nach oben schnellen.
Während Shop Apotheke als klassischer Wachstumswert zu unseren Favoriten zählt, verbindet Siemens Healthineers ein defensives Geschäftsmodell mit stetig steigenden Gewinnen. Kürzlich hat der Medizintechnikkonzern die Prognose für das Geschäftsjahr 2021 (per 30. September) erhöht. Siemens Healthineers profitiert auf der einen Seite davon, dass Krankenhäuser gerade die 2020 verschobenen Investitionen in die Computertomografie nachholen. Gleichzeitig lässt ein Covid-19- Antigen-Schnelltest die Kasse klingeln. CEO Bernd Montag hat allein hier die Umsatzprognose für 2021 von zunächst 100 Millionen Euro auf bis zu 350 Millionen Euro erhöht. Angesichts solcher Aussichten erachten wir das Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 25 bei Siemens Healthineers für absolut gerechtfertigt.
Weniger als 17 beträgt das KGV für 2022 bei Kion. Der Kennziffer steht ein für das kommende Jahr erwartetes Gewinnwachstum von knapp 28 Prozent gegenüber. Mit einem gut gefüllten Auftragsbuch möchte der Gabelstaplerhersteller die Corona-Delle rasch hinter sich lassen. 2020 deckte sich nicht zuletzt der boomende Onlinehandel mit Kion-Fahrzeugen ein. Mit 9,44 Milliarden Euro erreichen die Bestellungen ein Rekordniveau. Im laufenden Jahr möchte Vorstandschef Gordon Riske Orders in einem Gesamtwert von bis zu 10,4 Milliarden Euro einfahren. An der Börse fehlt Kion ein kleiner Hub, um das im vergangenen Herbst erreichte Allzeithoch zu erreichen.
SDAX: Vor neuen Rekorden
Eine sensationelle Wende könnte dem SDAX in diesem Jahr gelingen. Mit einer geschätzten Gewinnsumme von 8,2 Milliarden Euro würden die 70 Small Caps nicht nur dreimal so viel verdienen wie noch 2020, sondern auch ein neues Rekordhoch erreichen. 2022 wird die dritte Börsenreihe Prognosen zufolge noch eine gehörige Schippe drauflegen und erstmals die Zehn-Milliarden-Marke knacken.
Zu verdanken ist diese dynamische Entwicklung unter anderem den beiden Gewinnriesen Traton und Talanx. Allein dieses Duo steuert mehr als zwei Milliarden Euro zu der Indexsumme bei. Zwar nur einen Bruchteil der Gewinne wird Flatex mit auf die SDAX-Waage bringen, doch ist der Onlinebroker in Sachen Wachstum den beiden Riesen einen Schritt voraus. Die jüngste Übernahme der niederländischen Degiro katapultiert das Unternehmen in eine ganz neue Liga. Einer Verdopplung des Gewinns im Jahr 2021 folgt ein weiterer Anstieg von 31 Prozent im kommenden Jahr.
Bei Medios und SMA Solar fallen die Wachstumsprognosen sogar noch höher aus. Angekurbelt wird die Expansion bei Medios ebenfalls durch eine Akquisition. Die Spezialpharmafirma schraubte zuletzt auch ihre Prognose nach oben. So erwartet Medios nun eine Umsatzverdoppelung für 2021, das Vorsteuerergebnis soll sich sogar annähernd verdreifachen.
Im Wandel der Zeit
Voll auf der New-Energy-Welle schwimmt derweil SMA Solar. Das Unternehmen, das per 22. März neben dem SDAX auch Mitglied im TecDAX sein wird, ist mit seinen Wechselrichtern und Speichersystemen bestens positioniert, um von der weltweiten Transformation der Energiegewinnung zu profitieren. Der Wandel kommt auch Zooplus entgegen. Die fortschreitende Digitalisierung, die durch Corona noch einen Extraschub bekam, spielt Europas führendem Internethändler für Heimtierprodukte in die Hände. 2020 hat das Unternehmen dreimal die Prognose angehoben. Die sich verändernden Einkaufsgewohnheiten der Konsumenten sollten die Gewinne in den kommenden Jahren weiter beflügeln.
Bei Jenoptik kurbeln das Comeback der Autoindustrie sowie ein starkes Halbleiterausrüstungsgeschäft das Wachstum an. Hinzu kommen noch aussichtsreiche Zukäufe wie Trioptics. Laut Vorstandschef Stefan Traeger ist Jenoptik auf dem Weg zu "weiterem nachhaltigen und profitablen Wachstum".
Small Caps: Flott aus der Krise
Rund jeder Dritte in der BÖRSE-ONLINE-Datenbank enthaltene Nebenwert dürfte 2020 einen Verlust verbucht haben. Ähnlich schnell, wie die Small Caps in die Krise gerutscht sind, schütteln sie das traurige Corona-Kapitel wieder ab. Für 2022 fällt die Gewinnschätzung nur noch bei einem Zehntel rot aus.
Cliq Digital hat schon vorläufige Zahlen für 2020 veröffentlicht. Der Lockdown hievte den Streaminganbieter in neue Sphären. Bei einem Umsatzwachstum von knapp 70 Prozent steigerte das Unternehmen das operative Ergebnis um 177 Prozent. Mit den finalen Resultaten dürfte Cliq Digital am 17. März (nach Redaktionsschluss) eine offensive Prognose vorlegen. Fest steht: Trotz der Rally der vergangenen Monate ist die Cliq-Aktie nicht teuer.
Vor dem Turnaround steht Ibutec. Mit modularen Drehöfen und Pulsationsreaktoren sind die Thüringer als Dienstleister in der Material- und Prozessentwicklung aktiv. Ein Wachstumstreiber ist das Batteriegeschäft. Hier hat Ibutec eine eigene Materiallösung entwickelt. Angesichts der boomenden Elektromobilität möchte das Unternehmen den Segmentumsatz bis 2025 mehr als verzehnfachen.
Zukunftstechnologien sind auch das Metier von PVA Tepla. Entsprechend stark wächst der auf die Kristallzucht spezialisierte Halbleiterausrüster: Im kommenden Jahr könnte PVA Tepla unterm Strich doppelt so viel verdienen wie 2019. Die Bilanzvorlage am 25. März bietet für die Hessen eine gute Gelegenheit, die optimistische Gewinnschätzung zu untermauern.
Zeichen der Stärke
Vectron und Washtec sind dabei, den Corona-Crash aufzuholen. Das Duo bekam die Krise voll zu spüren. Als Anbieter von Kassensystemen litt Vectron unter der Schließung von Einzelhandel und Gastronomie. Dagegen machte Washtec die fehlende Mobilität zu schaffen - die Augsburger verkaufen Waschanlagen.
Mittlerweile hat sich die Lage gebessert. Washtec zahlt nach einer Nullrunde bereits für 2020 wieder eine Dividende und legt eine Sonderausschüttung obendrauf. Die daraus resultierende Rendite von knapp 4,5 Prozent erleichtert die Entscheidung, den Small Cap auf "Kaufen" hochzustufen. Bei Vectron stimmt uns der Mix aus Bilanzqualität und Turnaround-Fantasie zuversichtlich. Kurzfristig sollte das Unternehmen davon profitieren, dass viele Kassen noch nicht den ab April geltenden steuerlichen Anforderungen entsprechen.