Noch ist das letzte Wort bei den Übernahmeverhandlungen um Qiagen nicht gesprochen - die Aussicht auf eine abermalige Erhöhung des Angebots erscheint jedoch sehr unwahrscheinlich. Am 23. Juli hat der US-Laborausrüster Thermo Fisher sein Angebot an die Aktionäre des Biotechnologie- und Gendiagnostik-Unternehmens aus den Niederlanden vom März um rund zehn Prozent auf 43 Euro je Aktie erhöht, zudem die Mindestannahmeschwelle von 75 auf 66,67 Prozent der Qiagen-Anteile gesenkt und die Annahmefrist um zwei Wochen bis zum 10. August verlängert. Und natürlich meldete sich schnell die erste Stimme, die auch mit dem jüngsten Angebot nicht zufrieden ist.
So vertrat Großaktionär Davidson Kempner in einem Brief an den Vorstand und Aufsichtsrat von Qiagen die Ansicht, 43 Euro je Anteilschein entsprächen nicht dem durch die Corona-Krise gestiegenen fairen Wert des Unternehmens. Den sieht Kempner bei 48 bis 52 Euro und will seine Aktien unter den gegebenen Umständen nicht andienen. Unzufrieden zeigte er sich auch damit, dass beide angeschriebenen Gremien eine geringere Annahmequote akzeptieren würden.
Großaktionär steht allein
Viele Gesinnungsgenossen hat er aber offensichtlich nicht. Im Gegenteil: Aufsichtsrat und Vorstand von Qiagen empfehlen ihren Aktionären einhellig die Annahme der nachgebesserten Offerte. Sie verweisen darauf, dass das aktuelle Thermo-Fisher-Angebot rund 35 Prozent über dem Schlusskurs der Stammaktien vom 2. März 2020, dem letzten Handelstag vor Bekanntgabe des Übernahmeangebots, läge. Vorstandschef Thierry Bernard argumentiert weiter, das Angebot spiegele "die wesentlichen aus der Corona-Pandemie folgenden Verbesserungen" der Zukunftsperspektiven wider.
Ähnlich sehen es die Analysten, die Qiagen spätestens nach den jüngsten Entwicklungen fast durchgängig auf "Halten" gesetzt haben. Auch Börsianer scheinen keine weitere Luft nach oben zu sehen. Der Kurs der Aktie hat die Aufstockung des Angebots nachvollzogen, blieb aber seitdem bei mäßigem Handelsumsatz knapp unter den von Thermo Fisher gebotenen 43 Euro.
In den Tagen vor der Angebotserhöhung war das noch anders. Da hatte sich das Papier in Reaktion auf eine Anhebung der Qiagen-Prognose hartnäckig über dem damaligen Gebot von 39 Euro gehalten und Thermo Fisher in Zugzwang gebracht.
Qiagen zählt ohne Frage zu den Gewinnern der Corona- Krise. Das Unternehmen ist Anbieter von Probenvorbereitungstechnologien, die eingesetzt werden, um DNA, RNA und Proteine aus biologischen Proben wie Blut oder Gewebe zu isolieren. Daneben stellt Qiagen auch Testprodukte für den Nachweis des Coronavirus her. Ein Blick etwa auf das anhaltend heftige Infektionsgeschehen nicht allein in den USA und die Erhöhung der Zahl von Tests in vielen Ländern macht klar, dass die Entwicklung aus Unternehmenssicht positiv verläuft. Entsprechend wurden und werden die Produktionskapazitäten deutlich ausgeweitet, um die Nachfrage bedienen zu können.
Angebot ausgereizt
Noch ist nicht absehbar, wann und ob es überhaupt einen Impfstoff gegen das Coronavirus geben wird. Gesetzt dass es gelingt, ist offen, wann er in ausreichendem Maß zur Verfügung steht. Bis dahin wird die Sonderkonjunktur für die Niederländer mindestens anhalten. Denn so lange bleiben die Tests für die Steuerung der Maßnahmen gegen die Pandemie von erheblicher Bedeutung.
Das Unternehmen rechnet damit, dass ein Impfstoff im Lauf des Jahres nach und nach in großer Menge zur Verfügung steht, dass aber gleichwohl Testprodukte für einen nicht näher spezifizierten "längeren Zeitraum" benötigt würden. Danach wird man sich wieder in einem normalen Geschäftsumfeld beweisen müssen.
Aus aktueller Sicht ist das Thermo-Fisher-Angebot ausgereizt. Für eine abermalige Anhebung müssten neue überraschend positive Informationen zur Geschäftsentwicklung bekannt werden. Statt darauf zu spekulieren, sollten Anleger das Angebot der US-Amerikaner annehmen.
Kasse: Seit März hat die Aktie um 35 Prozent zugelegt. Jetzt heißt es für Anleger: Angebot annehmen und Kasse machen.
Empfehlung: Verkaufen
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