Herr Braun, wenn die Menschen raus aufs Land ziehen, hilft das doch die Städte zu entlasten?
Reiner Braun: Das mag sein, aber die Entwicklung, dass Menschen ins Umland ziehen, ist keine Folge der Pandemie.
Das heißt, der Trend besteht schon länger?
Metropolen wie Berlin, Hamburg und München verlieren schon seit zehn und mehr Jahren zunehmend Menschen an Kommunen in Ihrer Umgebung.
Wie passt das mit der Geschichte vom Boom der Metropolen zusammen?
Der Zuzug aus anderen Teilen der Republik und vor allem aus dem Ausland ist zahlenmäßig viel größer. Betrachtet man die Wanderungssalden nach der Herkunft der Menschen, sieht man deutlich, Menschen aus anderen Regionen und dem Ausland ziehen zu und, Menschen, die bereits da sind ziehen weg ins Umland.
Wie kommt das?
Berufseinsteiger oder Menschen im Studium oder in der Ausbildung sind die mobilsten Gruppen. Sie wollen in der Regel in die Stadt. Hier finden sie neben der Uni, Ausbildungsstätten und Jobs, Gleichaltrige. Nach ein paar Jahren werden sie "sesshaft", gründen Familien und dann geht’s meistens raus aus der Stadt.
Weil es draußen grüner ist?
Das ist nur eine romantische Komponente. Es geht in erste Linie um Wohnraum.
...der auch noch bezahlbar ist.
Das auch, aber wir haben in den Städten schlicht zu wenige große Wohnungen für Familien, ganz gleich in welchem Preissegment.
Wie kam es dazu?
Wir haben eine unheilige Allianz von Kommunen und Bauträgern, die dafür gesorgt hat, dass wir auf immer teureren Grundstücken nur noch kleine Wohnungen bauen. Weil irgendwann jemand einmal gesagt hat, dass in den Städten nur Singles leben.
Wie kommen wir aus dieser Malaise heraus?
Bauland muss günstiger werden und die Baukosten müssen sinken. Ersteres ist Sache der Politik, vor Ort und mittelbar auch des Bundes. Die Baukosten können durch technischen Fortschritt, aber auch durch weniger strenge Vorgaben seitens der Politik sinken. Die künftige Bundesregierung hat da einiges zu tun.
Kommen wir noch einmal zurück zur Pandemie und ihren Folgen. Glauben Sie die "Landlust" vieler Städter wird anhalten?
Es wird immer eine Gruppe geben, die rauszieht und durch Corona und die nun entstandenen Möglichkeiten mobil zu arbeiten, wurde diese Gruppe noch größer. Das heißt aber nicht, die Städte werden nun veröden. Bald werden die Unis wieder Präsenzveranstaltungen haben, Messen und Kongresse werden stattfinden, der Einzelhandel wird wieder stärker und auch die Gastronomie und das Veranstaltungswesen werden wieder florieren.
Das heißt, Mieten und Kaufpreise steigen weiter?
Sie sinken nicht, wobei man immer wieder sagen muss, dass es sich immer weniger lohnt in den Metropolen Wohnungen und Häuser zu kaufen. Denn die Mieten können gar nicht so schnell steigen, dass sich das Vermieterdasein lohnt.
Bleibt die Spekulation, dass die Preise steigen.
Nennen wir es Hoffnung. Aber auch hier wird es nicht ewig so weitergehen. Wir haben inzwischen Preisniveaus, die kaum wer mehr bezahlen kann, auch nicht mit einem Super-Zins.
Steuern wir auf eine Immobilienblase zu?
Jein, oder anders gesagt. Es wird Segmente geben, wie Studentenappartments in der Peripherie, Luxuslofts in Ecken, die doch nur 1B-Lagen sind, da kann es krachen und die, die ihr Geld dort hineingesteckt haben, können Probleme bekommen. Im Boom wird viel Blödsinn gebaut. Einen großen Crash wie er in den USA oder Spanien stattgefunden hat, sehe ich noch nicht kommen.