Katars Hauptstadt Doha bestand in
den 50er-Jahren noch aus einer Ansammlung
von Lehmhütten und
wurde von den Reiseführern mit
der wenig schmeichelhaften Auszeichnung
bedacht, der "langweiligste Flecken der
Erde" zu sein. Heute ist der Zwergstaat -
eine 11 600 Quadratmeter große Halbinsel,
die von Saudi-Arabien in den Persischen
Golf hinausragt - eine pulsierende moderne
Metropole mit einer imposanten
Skyline und sechsspurigen Stadtautobahnen,
auf denen selbst Taxifahrer gelegentlich
die Orientierung verlieren.
Katar - das ist wie ein Märchen aus "1001
Nacht". Das Emirat, Noch-Ausrichter der
höchst umstrittenen Fußball-WM 2022, hat
dank seiner Öl- und Gasmilliarden das
höchste Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt
der Welt. Aber Katar will noch mehr.
Eine der Triebfedern dieser Entwicklung
ist Scheicha Moza, zweite von drei Ehefrauen
des Scheichs Hamad bin Chalifa Al Thani. Die Scheicha, von der "Bild"-Zeitung
als "schönste Vorbildfrau der arabischen
Welt" geadelt, hat eine Vision: Modern,
weltoffen und zukunftsorientiert soll
der Wüstenstaat werden. Und zwar bis zum
Jahr 2030. Sie will das 1,8 Millionen Einwohner
zählende Katar zu einem weltweit
führenden Wissens- und Forschungsstandort
umbauen, zu einer Art Zukunftslabor,
und sie will die weltbesten Wissenschaftler
in das Emirat holen. Mitten in der
Hauptstadt Doha stampft die Scheicha eine
"Education City" aus dem Boden, in der bereits
mehrere Eliteuniversitäten und
Thinktanks angesiedelt sind.
Der Masterplan hinter der Vision ist klar:
Der Ministaat am Golf will sich langfristig
für die Zeit nach der fossilen Ära rüsten.
Außerdem erhöht das Land durch seine
weltweiten Investitionen sein Gewicht auf
der politischen Weltbühne.
Scheicha Moza sitzt auf einem Geldspeicher:
Grundlage des Reichtums sind die
riesigen Erdgas- und Ölvorkommen, die
Anfang der 40er-Jahre entdeckt wurden.
Seit das Emirat vor knapp 20 Jahren ein
Verfahren entwickelte, die Gasvorräte zu
verflüssigen, um sie so besser verkaufen zu
können, ist es zu einem der reichsten Länder
der Welt aufgestiegen. Wo sich einst der
Hafen der Perlenfischer befand, erstreckt
sich heute einer der größten integrierten
Industriekomplexe der Welt: Ras Laffan.
Dort wird auf 80 Quadratkilometern Erdgas
verflüssigt und von riesigen Gastankern
- auf den größten passen zehn Fußballfelder
- über die Weltmeere transportiert.
Noch 150 bis 200 Jahre, so die Prognosen,
werden die Gasreserven ausreichen und
Milliarden in die Staatsschatulle spülen.
Die selbstbewusste Scheicha, vom USMagazin
"Vanity Fair" auf der Liste der
bestgekleideten Frauen der Welt geführt,
gehört zu einer neuen Generation von arabischen
Fürstinnen. Als sie vor zehn Jahren
erstmals an der
Seite ihres Mannes in
der Öffentlichkeit
auftrat, war das ein
Schock für ihre Untertanen.
Denn die
Frauen der arabischen Royals spielen normalerweise
keine gesellschaftliche Rolle.
Sie hat an der Universität von Katar
Soziologie
studiert. Ihr Vater, ein Geschäftsmann,
der sich für eine gerechtere
Verteilung des Reichtums im Emirat eingesetzt
hatte, musste ins Exil nach Ägypten
und durfte erst 1977 zur Hochzeit seiner
Tochter mit dem damaligen Kronprinzen
wieder zurückkehren. Heute ist die Scheicha
zu einer Ikone und zu einer Hoffnungsträgerin
für zahlreiche arabische Frauen
geworden. Für die "Frankfurter Allgemeine
Zeitung" ist die Porsche-Fahrerin
und Mutter von sieben Kindern "so etwas
wie die Diana des Nahen Ostens". Zu Hause
in Katar trägt sie bei öffentlichen Auftritten
die knöchellange schwarze Abbaya und
ein um den Kopf gelegtes schwarzes Tuch,
so wie es die Tradition verlangt. Im Ausland
glänzt sie mit der Eleganz westlicher
Luxuslabels. Dabei sind Beine, Arme und
das Haar stets bedeckt, wie es sich für eine
gläubige Muslimin gehört.
Teil der Vision von Scheicha Moza ist es
auch, sich an westlichen Firmen mit prestigeträchtigen
Namen zu beteiligen. Dies
geschieht mithilfe des Staatsfonds Katar Investment
Authority (QIA). Obwohl erst acht
Jahre jung, zählt der Fonds heute bereits
zu den mächtigsten Investoren der Welt.
Der Internationale Währungsfonds schätzt
das Volumen der Auslandsinvestitionen
auf 136 Milliarden Euro. 17 Prozent habe die
Rendite 2013 betragen, heißt es.
Mit ihrem Geld haben sich die Scheichs
einen milliardenschweren Gemischtwarenladen
zusammengekauft. Zu den bedeutendsten
Beteiligungen zählen jene an
der London Stock Exchange, an Barclays,
Banco Santander oder Agricultural Bank
of China sowie an Frankreichs Konzernen
Vivendi und LVMH. Die Nobelkaufhäuser
Harrods in London und Printemps in Paris
gehören dazu. In der Schweiz hält der
Fonds Beteiligungen an der Credit Suisse
und am Rohstoffhändler Glencore Xstrata.
In Deutschland halten die Vermögensverwalter
des Emirats unter anderem Aktienpakete
von Porsche, Volkswagen, der
Deutschen Bank und von Hochtief. Scheicha
Moza soll übrigens laut Insidern die
treibende Kraft beim
Einstieg bei Porsche
und VW gewesen
sein. Sie liebt deutsche
Autos. Zu ihrem
Fuhrpark sollen so
viele Sportwagen gehören, dass selbst der
frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking
bei einem Besuch ins Staunen geriet.
Dass Frank Asbeck, der Gründer und
Vorstandsvorsitzende von Solarworld,
über beste Beziehungen zu Scheicha verfügt
und die mächtigste Frau am Persischen
Golf schon vor Jahren für die Solartechnik
zu begeistern vermochte, hat sein
Unternehmen wohl vor der Pleite bewahrt.
Solarworld ist Teil eines Joint Ventures mit
der Qatar Foundation.
Auch im Fußballgeschäft mischt Katar
mit. Das Emirat besitzt über die Qatar
Sports Investment den französischen Verein
Paris Saint-Germain und sponsert den
spanischen Topklub FC Barcelona.
Neuerdings kauft Scheich Al Thani auch
griechische Inseln, die von ihren Besitzern
wegen der Krise im Land veräußert werden
müssen. Kürzlich legte er sich gleich sechs
Stück im Ionischen Meer zu. Allein für das
vier Kilometer lange und knapp zwei Kilometer
breite unbewohnte Felseneiland
Oxia bezahlte er fünf Millionen Euro. Er
plane dort kein Touristenparadies, verriet
der britische "Telegraph", sondern Paläste
für seine drei Frauen und 24 Kinder.
PEB