Die chinesischen Chemiekonzerne Sinochem und ChemChina sondieren Insidern zufolge eine Fusion zu einem neuen Weltmarktführer vor BASF. Treibende Kraft bei den Plänen für einen neuen Branchengiganten in der Chemie-, Düngemittel- und Öl-Industrie mit einem Jahresumsatz von fast 100 Milliarden Dollar sei der Staat, sagten drei mit dem Vorhaben vertraute Personen zur Nachrichtenagentur Reuters. Die Regierung wolle aus den beiden Staatsunternehmen einen Anbieter schaffen, der global konkurrenzfähiger sei und Zukäufe wie den derzeit von ChemChina geplanten 43 Milliarden Dollar schweren Deal des Schweizer Agrarchemiekonzerns Syngenta leichter stemmen könne. Zudem seien die Pläne Teil der Schrumpfkur für den schwerfälligen und schuldengeplagten Staatssektor, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Die Führungen beider Seiten hätten bereits Anfang der Woche über eine Fusion gesprochen und jeweils Einsicht in die Bücher gewährt, sagten die Insider. Die Verhandlungen seien aber noch in einem frühen Stadium. Ein ChemChina-Sprecher dementierte auf Fusionspläne angesprochen allerdings: So etwas gebe es nicht. Ein Sinochem-Sprecher sagte am Freitag, er wisse nichts davon. Die Verwaltungsbehörde für die Staatskonzerne äußerte sich nicht dazu.

Die Insider sagten aber, Hintergrund seien die Pläne der Regierung für eine Konsolidierung in der Industrie. Die Zahl der Staatskonzerne soll gesenkt werden, um Überkapazitäten abzubauen, überschuldete und unrentable Unternehmen auszusortieren und international wettbewerbsfähiger zu werden.

Die kommunistische Führung in Peking hat so bereits mehrere Branchenriesen geschaffen wie etwa die Großreederei Cosco oder den Zugbauer CNR-CSR. Erst kürzlich hatten die Stahlkonzerne Baosteel und Wuhan ihre Fusion verkündet.

BASF LÄGE BEIM UMSATZ HINTEN - BEIM GEWINN ABER VORNE



Zusammengerechnet kamen ChemChina und Sinochem 2015 auf einen Jahresumsatz von rund 90 Milliarden Euro. Damit würden sie BASF deutlich in den Schatten stellen. Der Ludwigshafener Konkurrent kam auf rund 70,5 Milliarden Euro. Zudem sanken die Erlöse wegen der Trennung vom Gashandels- und Speichergeschäft zuletzt. Beim Gewinn haben die Deutschen aber klar die Nase vor. Unter dem Strich standen bei den beiden Chinesen zusammen rund 454 Millionen Euro, bei BASF 4,5 Milliarden Euro.

Von einem Zusammenschluss würden den Insidern zufolge beide Unternehmen profitieren: Sinochem sei im Rohstoffbereich stärker, ChemChina bei der Verarbeitung. So könne etwa Sinochem mit seiner Öl- und Gasförderung die Raffinerien von ChemChina speisen, und mit seiner Gummisparte das Reifengeschäft auf der Partnerseite anschieben. Auch für Bayer, das vor der 66 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto steht, könnte ein erstarkter Konkurrent im Agrochemie-Geschäft erwachsen.

INSIDER - FUSION KÖNNTE CHEMCHINA/SYNGENTA-DEAL ERLEICHTERN



Welche Auswirkungen eine Fusion auf die Syngenta-Übernahme haben könnte, war zunächst unklar. Laut einem der Insider könnte sie ChemChina günstigere Bedingungen für die Finanzierung des Deals bringen. Weil noch nicht alle Behörden grünes Licht gegeben haben, mussten die Chinesen ihr Angebot bereits mehrmals verlängern. Ein Syngenta-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern. ChemChina wäre aber auch nach einer Fusion verpflichtet, die Übernahme zu vollziehen.

Ein Insider in Peking sagte, es sei sehr unwahrscheinlich, dass China die Transaktion mit den Schweizern platzen lasse. Denn die langfristige Sicherstellung der Nahrungssicherheit sei ein strategisches Ziel der Regierung. Zudem hätten es chinesische Unternehmen in Zukunft viel schwerer, ausländische Firmen zu kaufen, wenn sie als unzuverlässige Partner gelten würden. Syngenta wäre der größte Zukauf eines chinesischen Unternehmens im Ausland. Auch an der Börse wurde die Möglichkeit eines Scheiterns der Übernahme von Syngenta als eher unwahrscheinlich beurteilt. Die Kursverluste hielten sich mit einem Minus von 1,6 Prozent im Rahmen. Bei einem Scheitern des Angebots würden Händler mit einem massiven Einbruch der Syngenta-Aktien rechnen.

rtr