Die diesjährige Achterbahnfahrt an den Aktienmärkten ist nichts für schwache Nerven. Dennoch ist man den Märkten nicht hilflos ausgeliefert. So können Anleger mit dem Orderzusatz "Stop-Loss" Verluste begrenzen. Dabei legen sie einen Kurs fest, zu dem automatisch ein Verkaufsauftrag ausgeführt wird. Wird dieser Kurs erreicht oder unterschritten, erfolgt der Verkaufsauftrag zum nächsten handelbaren Kurs. Stoppkurse zu setzen kostet in der Regel nichts. Wird die Order ausgeführt, zahlen Anleger die üblichen Gebühren. Wer genau wissen will, welche Gebühren anfallen, sollte sich bei seiner depotführenden Bank erkundigen.
"Anleger sollten sich im Vorfeld genau überlegen, welches Risiko sie eingehen wollen", sagt Maik Thielen, Trading- und Investmentexperte beim Sparkassen Broker. Wer beispielsweise beim Aktienkauf 10 000 Euro einsetzt und nicht mehr als 1000 Euro verlieren möchte, setzt den Stoppkurs maximal zehn Prozent unter dem Kaufkurs des Papiers an. Als zweiten Schritt empfiehlt der Experte, sich signifikante Tiefpunkte der favorisierten Aktie aus der Vergangenheit anzuschauen. Eine gängige Herangehensweise sei es, den Stopp etwas unter diesen Tiefs zu platzieren. "Im dritten Schritt überlege ich mir, wie viele Aktien ich kaufen kann, um den zuvor definierten maximalen Verlust einhalten zu können", so Thielen.
Soll maximal ein Verlust von 1000 Euro entstehen und eine Aktie, die man zu 100 Euro erwirbt, bei 90 Euro ausgestoppt werden, bedeutet das pro Papier einen Verlust von zehn Euro. Setzt man diese zehn Euro Verlust pro Aktie zu den 1000 Euro Maximalverlust in Relation, kann man 100 Stück handeln. "Der Stoppabstand kann auch beispielsweise acht oder zwölf Prozent unter dem Kaufkurs liegen. Je weiter der Stopp vom Einstieg entfernt ist, desto weniger Aktien kommen bei der Berechnung in Schritt drei raus", so Thielen.
"Wo Anleger den Stoppkurs genau setzen sollten, hängt stark von der Schwankungsbreite des Wertes, also von der Volatilität, ab", sagt Richard Dittrich, Leiter der Kundenbetreuung bei der Börse Stuttgart. So bringe es wenig, bei einem schwankungsintensiven Wert enge Stopps oder umgekehrt bei volaschwachen Papieren weite Stopps zu setzen. Von einem pauschalen prozentualen Abstand des Stoppkurses zum Kaufkurs der Aktie rät er deshalb ab. Es liegt also nahe, bei aktuell volatilen Werten wie Volkswagen und K+S den Stopp tiefer unter den Kaufkurs zu platzieren als bei volatilitätsarmen Papieren wie Adidas oder Beiersdorf.
Börsenprofi Dittrich verweist darauf, dass Anleger mit Stoppkursen strategisch handeln und zugleich psychologische Fallen umgehen können. "Viele Anleger bauen zu ihrer Anlage eine Beziehung auf. Wenn die Kurse einbrechen, hoffen sie häufig darauf, dass es bald wieder aufwärts geht und sie nicht verkaufen müssen. Besser ist es, vorab eine Marke festzulegen, ab der die Papiere automatisch verkauft werden."
Übrigens: Viele Privatanleger setzen ihren Stop-Loss-Kurs bei einem runden Limit. Häufig erfolgt nur die Auslösung der Stop-Order bei diesem Wert, der Verkauf jedoch zum nächsten nach Erreichen des Limits festgestellten Preis. Gerade bei illiquiden Werten müssen Anleger damit rechnen, dass sie dabei einen geringeren Preis erzielen. Deshalb sollten Stop-Limits nicht bei runden Zahlen gesetzt werden, sondern eher leicht darüber. Bei glatten Marken ist es wahrscheinlicher, dass dort viele Anleger ihr Stop-Loss-Limit gesetzt haben. Erreicht der Kurs eines Wertpapiers dann eine solche Marke, müssen viele Verkaufsorders ausgeführt werden. Dadurch kann es zu einem weiteren Kursverfall kommen, und die eigene Order wird deutlich niedriger ausgeführt. Der Verlust fällt dann höher aus als eigentlich erwartet. "Daher sollten Anleger den Stopp beispielsweise eher bei 100,21 Euro als bei 100 Euro setzen. Damit wird ihr Stop-Loss-Auftrag vor der nächsten Verkaufswelle, die bei glatt 100 Euro liegt, ausgeführt", ergänzt Richard Dittrich.
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Autofahren ohne Anschnallgurt
Stoppkurse können Anleger nicht nur bei Aktien, sondern auch bei anderen Anlageklassen einsetzen. "Traden ohne Stop-Loss ist wie Autofahren ohne Anschnallgurt", sagt Matthias Hüppe, Derivate-Experte bei HSBC. Als Beispiel nennt er den jüngsten Verlauf bei VW. Zunächst hatte es nur moderate Korrekturen gegeben, aber dann brach das Papier schnell um 35 Prozent ein. Wer nicht rechtzeitig verkauft hat, dürfte dies noch heute bereuen.
Früher sei es bei vielen Privatanlegern gang und gäbe gewesen, den Stopp pauschal 20 Prozent unter dem Einstiegskurs anzusetzen, berichtet Hüppe. "Seit einigen Jahren spielt aber die Chartanalyse eine immer größere Rolle. Der historische Kursverlauf zeigt bestimmte psychologische Kursmarken, bei denen Investoren oft aussteigen", so der Experte. Dies sei beispielsweise bei Gold die 1000-Dollar-Grenze. "Insbesondere bei Hebelprodukten ist es wichtig, dass Anleger die Reißleine tatsächlich rechtzeitig ziehen, wenn sich die Kurse nicht wie erwartet entwickeln", betont Hüppe. Ansonsten droht der Totalverlust des Einsatzkapitals.
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Stoppkurse setzen - drei aktuelle Beispiele
Anleger sollten sich auf jeden Fall den historischen Kursverlauf der favorisierten Aktie und deren Volatilität genauer ansehen. VW und K+S sind aktuell sehr schwankungsintensive Werte - im Gegensatz zum Beiersdorf-Titel, der sich in diesem Jahr positiv entwickelte. Den Stop-Loss dann am besten leicht über einem runden Wert setzen.
Nach den heftigen Kurseinbrüchen sollten Anleger die VW-Aktie mit Vorsicht genießen und den Stopp leicht unter dem jüngsten Tiefpunkt setzen.
Auch bei K+S rauschte der Kurs zuletzt mächtig in den Keller. Anleger, die Aufwärtspotenzial sehen, sollten einen Stopp unter dem Tief platzieren.
Der Titel des Konsumgüterkonzerns Beiersdorf tendiert seit Ende August aufwärts. Der Stopp liegt rund zehn Euro unter dem aktuellen Kurs.