Herr Speich, die Deutsche Bank will ihren Führungskräften angesichts der Milliardenstrafzahlungen an die US-Behörden die Boni radikal zusammenstreichen. Richtig?
Ingo Speich: Ja, das ist richtig, aber auch alternativlos. Die Kürzung der Boni kommt nicht überraschend und ist notwendig zur langfristigen Gesundung der Deutschen Bank, genau wie die Streichung der Dividende für die Aktionäre. Nur so kann die Bank die strengen regulatorischen Auflagen erfüllen.
Bei Volkswagen ist die Ausgangslage vergleichbar. Der Konzern muss wegen Dieselgate Milliarden-Strafen in den USA zahlen. Sollte der Volkswagen-Vorstand sich für das Jahr 2016 dem Beispiel der Deutschen Bank anschließen?
Ja, das wäre ein starkes Signal in doppelter Hinsicht. Zum einen, um Glaubwürdigkeit am Kapitalmarkt zurückzugewinnen. Zum anderen, um der verunsicherten Belegschaft zu signalisieren, dass auch der Vorstand in dieser schweren Zeit zu deutlichen Einschnitten bereit ist. Wie bei der Deutschen Bank sollten aber auch die weiteren Führungsebenen einen signifikanten Beitrag leisten.
Aber schon im vergangenen Jahr hat sich der VW-Vorstand mit Händen und Füßen gegen einen solchen Schritt gewehrt und angesichts lautstarker Kritik am Ende lediglich eine Kürzung von überschaubaren 30 Prozent akzeptiert. Falls Vorstand und Aufsichtsrat sich auch für 2016 ähnlich hartleibig zeigen sollten: Rechnen Sie damit, dass große Investoren ihren Druck auf den Konzern nochmal erhöhen könnten?
Der Einfluss der Minderheitsaktionäre, zu denen auch die Investoren zählen, ist hier leider begrenzt. Das hat sich schon auf der letzten Hauptversammlung gezeigt. Solange die Ankeraktionäre, also die Familien Porsche und Piëch sowie das Land Niedersachsen, nicht auf Veränderungen dringen, bleibt alles beim Alten. Das wäre jedoch fatal, denn der daraus zusätzlich zum Dieselskandal entstehende Reputationsschaden ist enorm. Man kann hier nur an den Anstand des ehrbaren Kaufmanns appellieren.