Hierzulande hat man immer eine mangelnde Gründerkultur kritisiert. Es ist erfreulich, dass nun wieder ein anderer Wind weht. Unsere Volkswirtschaft kann davon nur profitieren. Andererseits erinnern sich Investoren noch lebhaft an die unerwünschten Nebenwirkungen des Technologiefiebers zur Jahrtausendwende. Damals erhielten Unternehmen mit fraglichen Erfolgsaussichten Unmengen Wachstumskapital und wurden dann im Eiltempo an die Börse gebracht.
Im aktuellen Umfeld finden viele Gründer nun also wieder Risikokapitalgeber, die gern Wagnisse eingehen. Die Nachhaltigkeit der präsentierten Geschäftsmodelle ist jedoch kritisch zu hinterfragen. Vor allem Abgrenzbarkeit, Schutz und Skalierbarkeit der jeweiligen Unternehmenskonzepte müssen detailliert analysiert werden. So steht beispielsweise zu vermuten, dass potenzielle Konkurrenten der zahlreichen neuen Onlineshops lediglich geringe Markteintrittsbarrieren vorfinden. Diese schon heute leicht zu überwindenden Hürden werden durch die jüngeren Entwicklungen in der Logistik und IT-Standardisierung womöglich noch weiter absinken. Es könnte also sein, dass der deutschen Start-up-Economy eine Welle der Marktbereinigung bevorsteht, ähnlich derjenigen, die zur Jahrtausendwende zahlreiche der am damaligen Neuen Markt gelisteten Unternehmen hinwegspülte.
Es gilt somit, die langfristigen Gewinner zu identifizieren. Als die besten Investments stellten sich in der Vergangenheit jene Unternehmen heraus, die sich in ihrem Segment eine monopol-ähnliche Position erarbeiten konnten. Bekannte Beispiele hierfür sind die Google-Muttergesellschaft Alphabet und das soziale Netzwerk Facebook. Beide Unternehmen werden heute von Milliarden Menschen genutzt und geschätzt. Zugleich weisen beide Unternehmen solide Cashflows auf und können ihre Erträge kontinuierlich steigern.
Noch ein Hinweis zur Bewertung von Internetgesellschaften: Notieren diese an der Börse, sollte es sich nach meiner Überzeugung auch in Zukunft auszahlen, die Geschäftsmodelle nach traditionellen Maßstäben einzuschätzen - und nicht nach der Abdiskontierung künftiger Zahlungsströme, wie dies in der Venture-Capital-Industrie üblicherweise geschieht. Diese Zahlungen liegen nämlich noch in weiter Ferne und sind sehr unsicher. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die hohe Zinssensitivität des Segments hervorzuheben. Diese führt zu volatilen Bewertungen, wie zuletzt wieder zu beobachten war. In letzter Zeit gelang es nicht immer, die unterschiedlichen Preisvorstellungen von Risikokapitalgebern und Börseninvestoren in Einklang zu bringen.
Was bedeutet dies nun für Privatanleger? Um unangemessene Risiken zu vermeiden, sollten Investoren Unternehmen bevorzugen, die ihre Ertragskraft bereits unter Beweis stellen konnten. Häufig handelt es sich dabei um Weltmarktführer, mit denen sich zwischenzeitliche Börsenschwächen auch einmal aussitzen lassen. Wir finden weiterhin preiswerte Qualitätsunternehmen, die solide Bilanzen aufweisen und beständig steigende Erträge vorweisen. Immer mehr führende Wachstumsunternehmen beteiligen ihre Aktionäre zudem durch hohe Dividenden am Ertrag. Damit belegen sie die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsmodelle.
Sven Krause
Der Autor ist Leiter des Fondsmanagements Aktien bei der LBB-Invest und gelernter Bankkaufmann. Krause studierte an der Technischen Universität Berlin Betriebswirtschaftslehre. 1992 startete er seine Karriere als Aktienanalyst im Bereich German Small Caps bei der Landesbank Berlin. Die LBB-Invest ist eine Tochtergesellschaft der Deka Bank und betreut ein Anlagevolumen von derzeit mehr als zehn Milliarden Euro.