Das Wachstum in Europa steht nach wie vor auf wackligen Füßen, weshalb die Europäische Zentralbank unlängst ein Maßnahmenpaket zum Ankurbeln der Konjunktur geschnürt hat. Die Intervention der EZB könnte zwar ein langsames, stotterndes Anspringen des Konjunkturmotors begünstigen, die von vielen erhoffte Wunderwaffe ist sie aber wohl nicht. Hartnäckig bleibt die Inflation auf niedrigem Niveau, was zum Teil auf den starken Euro zurückzuführen ist. Das schürt die Angst vor einer Deflation. Aber nicht nur Europa hat mit strukturellen Problemen zu kämpfen, die das Wachstum bremsen, dies ist ein weltweites Phänomen.
Auf Seite 2: Warum Anleger nicht in Panik geraten sollten und der europäische Binnenmarkt attraktive Unternehmen bietet
Angesichts der unsicheren gesamtwirtschaftlichen Lage in Panik zu geraten ist jedoch die falsche Reaktion. Denn: Unsicherheit führt zu Fehlbewertungen am Markt und fördert Chancen für eine aktive Titelauswahl zutage, die Stock-Picker wie wir für die Generierung von Alpha nutzen können. Zu den besonderen Stärken Europas gehören nach wie vor die vielen Unternehmen, die in ihren Branchen zu den Weltmarktführern zählen. Das gilt unter anderem für den Schweizer Pharmakonzern Roche sowie den deutschen Reifen- und Fahrzeugteilehersteller Continental.
Im Mittelpunkt unserer Anlagetätigkeit in den vergangenen 18 Monaten stand indes eher der "europäische Binnenmarkt" mit Positionen bei attraktiv bewerteten Unternehmen, die vor allem auf ihren jeweiligen Heimatmärkten aktiv sind. Angesichts der jüngsten wirtschaftlichen Unsicherheit haben einige Makroanleger, deren Anlageentscheidungen vor allem von gesamtwirtschaftlichen Erwägungen bestimmt werden, ihr Engagement in Europa zurückgefahren. Ihr Rückzug eröffnet neue Chancen, zu attraktiven Preisen bei internationalen Namen einzusteigen.
Auf Seite 3: Warum sich die Voraussetzungen für aktive Fondsmanager verbessert haben
Nach der Finanzkrise hatte in Europa die Korrelation zwischen der Performance der Gewinner und jener der Verlierer an den europäischen Aktienmärkten zugenommen. Gute und schlechte Aktien entwickelten sich weitgehend ungeachtet ihrer Qualität oder ihres Werts im Gleichschritt. Dieser Trend hat sich seit Anfang 2012 jedoch umgekehrt, nun liegt die Korrelation wieder im Durchschnitt. Verbessert haben sich damit auch die Voraussetzungen für aktive Fondsmanager, durch eine günstige Titelauswahl eine überdurchschnittliche Performance zu erzielen.
Der breit angelegte Kursanstieg europäischer Aktien wurde bislang maßgeblich durch den "Kursfaktor" im Kurs-Gewinn-Verhältnis bestimmt, während der von vielen beschworenen Story der Margensteigerung zunehmend die Luft ausgeht. Bisher lässt das allseits erwartete Gewinnwachstum, das einen weiteren Anstieg der Kurse rechtfertigen würde, noch auf sich warten. 2013 fiel das Gewinnwachstum enttäuschend aus. Wir gehen davon aus, dass letztlich die Tatsache, dass die optimistischen Schätzungen für 2014 und 2015 (Konsensschätzungen von Citi bei acht und 13 Prozent) erfüllt werden, darüber entscheiden wird, wohin die Reise an den Märkten geht. Bis dahin bleibt unser Portfolio so ausgerichtet, dass wir von den Anlagechancen profitieren können, die international tätige europäische Unternehmen bereithalten.
John Bennett
Bennett ist Leiter des Bereichs Europa-Aktien und Manager der Fonds Henderson Gartmore Continental European und Henderson Gartmore Pan European. Zuvor war Bennett im European-Equity-Team von Gartmore beschäftigt. Bennett hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im Management von gesamteuropäischen Wertpapieren und ist 2010 von GAM zu Gartmore gestoßen.