Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Bilanzfälschung vor, bei Fell geht es zusätzlich um mutmaßliche Marktmanipulation. Bei einer Verurteilung drohen den Managern im äußersten Fall mehrjährige Freiheitsstrafen. Beide haben die Anschuldigungen zurückgewiesen.

Die HRE-Pleite ist in Deutschland bis heute das wichtigste Kapitel der Finanzkrise, die 2007 in den USA wegen fauler Hypothekenkredite ausbrach und sehr schnell Finanzinstitute rund um den Globus ins Schlingern brachte. Im September 2008 wurde das Münchner Institut vom Steuerzahler mit fast zehn Milliarden Euro gerettet, hinzu kamen Garantien bis zu 124 Milliarden Euro. Der HRE wurde zum Verhängnis, dass sie wegen des Misstrauens an den Finanzmärkten kein frisches Geld mehr bekam. Die Refinanzierung brach zusammen. Es folgte eine dramatische Rettungsaktion, die die Bundesregierung an zwei Wochenenden eintütete. Maßgeblich beteiligt waren der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück, der von einer "geordneten Abwicklung" sprach. Laut Anklage hatten Funke und Fell die Lage der Bank zuvor geschönt.

Funke flüchtete nach seinem erzwungenen Rücktritt vor dem Zorn der deutschen Öffentlichkeit nach Mallorca und betätigte sich dort vorübergehend als Immobilienmakler. Für zusätzliche Empörung sorgte, dass er seinen früheren Arbeitgeber auf millionenschwere Gehalts- und Pensionsansprüche verklagte. Dieser Streit dauert an. Der heute 61-Jährige betrachtet sich als Bauernopfer. Sein Anwalt Wolfgang Kreuzer will einen Freispruch erreichen. Funkes Argumentation: Die Hypo Real Estate sei in der Finanzkrise schlecht geredet worden, um eine Bankenrettung zu inszenieren. "Man hat die exemplarische Rettung einer Bank gebraucht, um das Vertrauen in das Bankensystem zu stärken", sagt Kreuzer im Gespräch mit Reuters. Funke wolle sich im Prozess umfassend zu den Vorwürfen und seiner damaligen Rolle äußern, aber erst ab Dienstag.

INS GEFÄNGNIS MUSSTE BISLANG NIEMAND



Zum Prozessauftakt am Montag werden die Verlesung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft und eine Stellungnahme des Mitangeklagten Fell erwartet. Das Gericht plant vorläufig 17 Verhandlungstage bis September.

Während der jahrelangen Ermittlungen schmolzen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bereits deutlich zusammen. Verfahren gegen sechs weitere ehemalige HRE-Vorstände wurden gegen Geldauflagen eingestellt. Ein von der HRE-Hauptversammlung beauftragter Gutachter vertrat die Auffassung, dass die HRE-Banker trotz Managementfehlern nicht schuld an der Existenzkrise gewesen seien. Allerdings urteilte das Oberlandesgericht München in einem von Aktionären geführten Schadenersatzprozess, der HRE-Vorstand habe Anleger getäuscht. Dieser Schadenersatzstreit liegt nun beim Bundesgerichtshof.

Andere Strafprozesse gegen Vorstände deutscher Banken, die sich in der Finanzkrise verhoben hatten, endeten mit Freisprüchen, Einstellungen oder Bewährungsstrafen. Ins Gefängnis musste bisher niemand. Nach Ansicht mehrerer Gerichte waren unternehmerische Fehlentscheidungen nicht mit kriminellem Verhalten gleichzusetzen.

rtr