Sir Isaac Newton gehört zu den großen Denkern der Menschheitsgeschichte. Vor allem in Mathematik und Physik waren seine Ideen bahnbrechend. An der Börse aber stieß Newton an seine Grenzen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erlebte der Naturforscher den Hype um die britische Ostindien-Kompanie und damit eine der ersten großen Spekulationsblasen der Börsenhistorie aus nächster Nähe: "Die Bahn der Himmelskörper kann ich auf Zentimeter und Sekunden berechnen, nicht jedoch, wohin eine verrückte Menge einen Kurs treibt", klagte Newton, der damals vermutlich Geld verloren hat.

Anleger der Gegenwart können die Frustration wohl nachvollziehen. Das 21. Jahrhundert ist von extremen Ausschlägen gekennzeichnet. Vor allem der Crash von 2000 bis 2003 mit einem Kursrutsch von fast 75 Prozent beim DAX hat sich in das Bewusstsein der Privatanleger eingebrannt. Auch Finanzprofis haben immer wieder Probleme, die komplexe Dynamik der Märkte zu entschlüsseln: Für das Jahr 2008, als der DAX im Schatten der großen Finanzkrise mehr als 40 Prozent verlor, hatten Analysten der Finanzhäuser im Schnitt ein Plus von sieben Prozent vorausgesagt. Sind Aktienmärkte wirklich unergründlich?

Viel hängt von der Perspektive ab. Je länger der Anlagehorizont eines Investors ist, desto berechenbarer wird das vermeintliche Chaos. Der Anlagestratege Michael Mauboussin hat in einer Simulation errechnet, dass ein Aktien­investor nach einer Stunde Haltedauer mit einer Wahrscheinlichkeit von 50,4 Prozent im Plus liegt. Nach einem Monat steigt die Quote leicht auf 56,4 Prozent. Das ist nicht besonders viel, nur leicht besser als bei einem Münzwurf. Wie es längerfristig läuft, zeigen Daten des Deutschen Aktieninstituts: Wer über die vergangenen 50 Jahre jeweils zu Silvester in den DAX beziehungsweise dessen Vorgängerindizes investierte, hat demnach eigentlich immer ein gutes Geschäft gemacht - nach einem Jahr Haltedauer steht in 36 Fällen ein Pluszeichen, 14 Mal blieb ein Minus. Die Erfolgsrate liegt damit bei 72 Prozent. Nach zehn Jahren Haltedauer blieb in 39 von 41 Fällen eine positive Rendite. Das entspricht einer beachtlichen Quote von 95 Prozent. Wer sein Geld mindestens 15 Jahre in deutschen Aktien parkte, hat sogar in jedem Fall sein Vermögen gesteigert. Geduld macht sich an der Börse also bezahlt.

Die Macht der Mathematik


Wer langfristig investiert, steigert nicht nur seine Chancen auf einen positiven Ertrag: Mit der Zeit werden aus kleinen Prozentzahlen große Beträge. Der DAX hat über die vergangenen zehn Jahre im Schnitt acht Prozent an Wert gewonnen. In diesem Tempo verdoppelt sich dank Zinseszins ein Investment alle neun Jahre. Bei einer Durchschnittsrendite von zwölf Prozent, wie sie beispielsweise Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway erzielte, verdoppelt sich der Kapital­einsatz bereits alle sechs Jahre.

Treibende Kraft hinter dem Aufwärtsdrang der Aktienmärkte ist die Weltwirtschaft. Durch technologischen Fortschritt, Unternehmergeist und Bevölkerungswachstum steigt die Wertschöpfung der Menschheit seit vielen Generationen. Allein seit der Jahrtausendwende hat das Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik von 2,11 auf 3,34 Billion Euro zugelegt. Starke Unternehmen und damit die Aktienmärkte profitieren überdurchschnittlich von dieser Dynamik. Die immer wieder aufkommenden Krisen wirken im Rückblick eher harmlos, gegenwärtige Gefahren dagegen oft überwältigend. Manche ziehen schnell vorüber, andere sind hartnäckig. Der Internationale Währungsfonds hat für die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg vier globale Rezessionen ausgemacht, die vorerst letzte 2009. Auf Länderebene hat es noch viel mehr gegeben. Für Anleger bedeutet eine Rezession meist herbe Kursverluste. Wer die Kraft seiner Nerven überschätzt oder im Aufschwung ein zu großes Risiko eingegangen ist, ­gerät in solchen Phasen in Not.

Auch jetzt gibt es Sorgen. Noch immer leidet die Weltwirtschaft unter den Folgen der großen Finanzkrise, etliche Konjunkturindikatoren weisen auf eine erneute Abkühlung hin. Eine kräftigere Kurskorrektur wäre also keine Überraschung, ist aber keineswegs vorgezeichnet. Der DAX beispielsweise ist bei ­einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13,5 nicht absurd überteuert, Aktien aus zyklischen Branchen sind bereits deutlich gefallen. Um das Finanzsystem zu stabilisieren, haben die Notenbanken der westlichen Welt ihre Zinsen extrem gesenkt. Das hat Konsequenzen für Investoren: Anleihen solider Staaten und ­Unternehmen werfen kaum noch oder gar keine Rendite mehr ab. Das macht Aktien als Investment attraktiver.

Die Vermögensverwaltung Flossbach von Storch hat eine Projektion für die kommenden zehn Jahre aufgestellt: Bei einem jährlichen nominellen Wachstum der Weltwirtschaft von drei Prozent, einer Dividendenrendite von ebenfalls drei Prozent und einem höheren Bewertungsniveau seien Aktien­erträge von acht Prozent realistisch. Der nächste Verdoppler wäre damit nur eine Frage der Zeit.

Aktiv gelenkte Portfolios:
Gekonnt das Vermögen mehren


Exzellente Fonds helfen, das angelegte Kapital zu vervielfachen.

Langfristig investiert bleiben und kontinuierlich Geld anlegen - wer nach diesem Grundsatz verfährt, hat gute Chancen, an den Börsen ­erfolgreich zu sein.

Ergänzt man diesen Grundsatz um einen zweiten, ist die Grundlage für ein ideales Portfolio gelegt: Anleger sollten sich breit aufstellen. Dadurch verringern sie die Abhängigkeit von einigen wenigen Investments und geben ihrem Vermögen ein stabiles Fundament. Eine Sammlung zahlreicher Titel sorgt dafür, dass die Wertentwicklung geglättet wird - ein Muss, um die Volatilität der Aktienmärkte zumindest halbwegs unter Kontrolle zu halten.

Mit Fonds lässt sich diese Diversifikation bequem umsetzen. Deren Manager kaufen meist einige Dutzend Titel, von denen sie sich eine gute Entwicklung erwarten, und mixen sie zu einem aussichtsreichen Portfolio.

Guten Fondslenkern ist es in den vergangenen zehn Jahren spielend gelungen, den Wert ­ihres Portfolios zu verdoppeln. €uro am Sonntag hat fünf aktiv gemanagte Produkte ausgewählt, die nicht nur in der zurückliegenden Dekade, sondern auch kurz- und mittelfristig erfolgreich waren und sind.

Ohne Aktien wird es auch in Zukunft kaum möglich sein, sein Vermögen signifikant zu mehren. Wer die Anlageklasse aber nur mit integriertem Schutz in sein Depot aufnehmen möchte, sollte den Kauf eines Mischfonds in Erwägung ziehen - etwa des FvS Multiple Opportunities. Manager Bert Flossbach setzt überwiegend auf Aktien, hält deren Risiko aber im Zaum, indem er Anleihen sowie Gold beimischt und bei Bedarf die Aktienquote verringert.

Auch Thomas Schüßler investiert weltweit in Aktien, stärkt die Defensive aber auf andere Weise. Schüßler lenkt den DWS Top Dividende, den größten Aktienfonds aus Deutschland. Er kauft Unternehmen, die solide wirtschaften und gleichzeitig etwas mehr Geld an die Aktionäre ausschütten als der Durchschnitt. Zwischen vier und 4,5 Prozent sollte die Dividendenrendite liegen, also der Quotient aus der Ausschüttung pro Aktie und dem Börsenkurs, multipliziert mit 100. Das erklärte Ziel von Schüßler: die Nerven der Anleger zu schonen.

Kontinuierlicher Zuwachs


Wer auf dem Heimatkontinent bleiben will, findet im MFS European Core Equity Fund ein gutes Produkt. Der hat seinen Wert binnen zehn Jahren fast verdreifacht und ist in diesem Zeitraum der renditestärkste der hier vorgestellten aktiv gemanagten Fonds. Das Manager-Duo sucht in ganz Europa nach Konzernen mit überdurchschnittlichem Wachstum, die an der Börse nicht überteuert sind.

Dauerhaft stark wachsen müssen auch die Unternehmen, die Christian von Engelbrechten in sein Deutschland-Portfolio aufnimmt. Der Manager des Fidelity Germany achtet vor allem darauf, welche Unternehmen durch Innovationen und Marktanteilsgewinne nachhaltig überdurchschnittlich wachsen können und eine möglichst hohe Rendite auf das Kapital erzielen. Häufig findet er passende Firmen in den Bereichen Gesundheit, Technologie, Software und Konsum.

Schwieriger war es in den vergangenen zehn Jahren, mit Aktien aus Schwellenländern sein Vermögen zu verdoppeln. Für deutsche Anleger konnte dies mit ausgewählten Fonds dank zusätzlicher Währungsgewinne dennoch gelingen. Ein Klassiker für dieses Anlagesegment ist der Vontobel Emerging Markets Equity. Er überzeugt seit mehr als 25 Jahren mit meist überdurchschnittlichen Zuwächsen.

Passive Indexfonds:
Sich von den Märkten treiben lassen


Ausgewählte Kursbarometer mit phänomenalen Zuwächsen.

Wer lange genug an der Börse dabeibleibt, erzielt stets ein positives Ergebnis. Das lehrt die Historie des US-amerikanischen Aktienmarkts. In seiner mehr als 200-jährigen Geschichte gibt es keinen einzigen 30-Jahres-Zeitraum, in dem breit aufgestellte Aktionäre am Ende mit weniger Geld dastanden als zu Beginn. Die Inflation ist dabei sogar berücksichtigt.

Diese Erkenntnis gilt allerdings nur für diversifizierte Aktienindizes. Mit einzelnen Titeln konnten Anleger auch Jahrzehnte nach dem Einstieg noch im Minus liegen.

Das zeigt, wie wichtig es ist, die Investments breit zu streuen, um vom generellen Aufwärtsstreben der Börsen zu profitieren und sich nicht von Einzelfallrisiken abhängig zu machen.

Um kostengünstig an den Bewegungen der Märkte teilzuhaben, empfiehlt sich der Kauf von ETFs. Diese entwickeln sich parallel zu ausgewählten Börsenindizes. Weil keine Expertenteams mit der Verwaltung des Portfolios betraut sind, sind die jährlichen Gebühren dieser passiven Fonds sehr gering. Sie liegen bei nur wenigen Zehntelprozentpunkten.

Als Basisinvestment bietet sich ein ETF auf den MSCI World an. Der Index, dem das Produkt folgt, enthält rund 1.600 Aktien aus Industrieländern weltweit. Der Anteil an US-Aktien liegt bei mehr als 60 Prozent und entspricht der herausragenden globalen Rolle des US-Markts. Deutsche Anleger, die vor zehn Jahren eingestiegen sind, freuen sich heute über eine Verdreifachung des Wertes - auch dank Währungsgewinnen.

Noch größer ist die Freude bei denjenigen, die dem US-Technologieindex Nasdaq 100 schon länger folgen. Seit Oktober 2009 hat er sich in Euro gerechnet mehr als versechsfacht. Das Kursbarometer enthält die bedeutendsten Techwerte, allen voran Apple und Microsoft. Ein ETF auf diesen Index ist erste Wahl, um das Potenzial der IT-Giganten ins Depot zu holen.

Deutsche Aktien müssen sich mit ihrer langfristigen Bilanz aber nicht verstecken - auch wenn der phänomenale Zuwachs des Nasdaq 100 unerreicht bleibt. Besonders der MDAX konnte überzeugen. Seit Oktober 2009 hat sich sein Wert mehr als verdreifacht. Mit dem Deka MDAX lässt sich kostengünstig auf die Entwicklung deutscher Nebenwerte setzen.

Deutschlands Top-Riege


Der DAX mit den 30 größten heimischen Unternehmen hat nicht ganz so stark zugelegt. Für eine Verdopplung des Vermögens hat es in den vergangenen zehn Jahren dennoch gereicht. Wer auf die wichtigsten deutschen Konzerne setzen will, kommt an einem DAX-ETF nicht vorbei. Eine hohe Liquidität und besonders niedrige Gebühren bietet das Produkt von Xtrackers. Anleger sollten allerdings bedenken, dass die Konzentration auf nur 30 Aktien eines Landes in puncto Diversifikation zu wünschen übrig lässt.

Die liefert hingegen der Xtrackers Stoxx Europe 600, der ­einem breit angelegten Europa-­Index folgt. 600 Titel, darunter vor allem britische, französische, Schweizer und deutsche, sorgen für eine ausreichende Streuung. Auch wenn die Region zuletzt an Attraktivität etwas eingebüßt hat, gehört sie in breit diversifiziertes Depot. Der Stoxx Europe 600 verdoppelte seinen Wert in der zurückliegenden Dekade ebenfalls.

In der Tabelle unten sind die jährlichen Durchschnittsrenditen der Indizes in den vergangenen zehn Jahren aufgeführt. Die genannten ETFs sind teilweise erst kürzer auf dem Markt.

Aktien:
Starke Mischung


Wer auf die richtigen Unternehmen setzt, hat die Chance auf Kursgewinne und kassiert nebenbei auch eine Dividende. Fünf Favoriten der Redaktion.

Die Kursentwicklung einer Aktie wird von extrem vielen Faktoren beeinflusst: Banken leiden derzeit ­unter der Zinssituation, auf den Export ausgerichtete Unternehmen unter dem Handelskrieg. Defensive Branchen schlagen sich in Krisenzeiten besser als der Markt, Zykliker im Aufschwung. Auf lange Sicht aber setzt sich die Qualität eines Unternehmens durch. Um sich vor unangenehmen Überraschungen zu schützen, sollten Aktionäre ihr Geld über mehrere Titel aus verschiedenen Branchen und Ländern verteilen.

In Zeiten niedriger Zinsen ­beliebt sind Unternehmen, die zuverlässig eine Dividende ausschütten. In diese Kategorie ­gehört Unilever. Der niederländisch-britische Konsumgüterhersteller ist für Marken wie Dove, Axe und Magnum bekannt. Potenzial bieten vor allem die Schwellenländer, die 60 Prozent zum Gesamtumsatz des Unternehmens beitragen. Das Geschäft wächst in kleinen Schritten, im vergangenen Quartal legte der Umsatz organisch um 2,9 Prozent zu. Die Aktie von Unilever kommt auf eine Dividendenrendite von rund drei Prozent, die Ausschüttung sollte weiter steigen.

Dividende hat Priorität


Der Dividendenstar im DAX ist die Allianz. Zum Versicherungsriesen gehört auch die Vermögensverwaltung Pimco. Die Allianz nutzt die Digitalisierung, um sein Geschäft effizienter zu organisieren. Der Konzerngewinn dürfte in diesem Jahr leicht steigen und damit erneut für mehr Spielraum bei der Dividende sorgen. Die Ausschüttung hat bei den Münchnern einen hohen Stellenwert. Die Hälfte des Jahresüberschusses soll an die Aktionäre gehen, die Ausschüttung mindestens auf dem Niveau des jeweiligen Vorjahres gehalten werden. Die nächsten Quartalsergebnisse werden für 8. November erwartet.

BASF ist stark abhängig von der Dynamik der Weltwirtschaft. Vor allem Asien ist ein wichtiger Wachstumsmarkt für den Chemiekonzern, die Autoindustrie ein großer Kunde. Kurzum: Das Umfeld für BASF ist derzeit extrem ungünstig. Die Jahresprognose hat der Konzern bereits gekürzt, Analysten rechnen mit einem Rückgang des operativen Gewinns von rund einem Viertel. Der Konzern hat reagiert: Die Kosten sollen dauerhaft gesenkt, die Strukturen flexibler werden.

Schwung erhofft sich BASF insbesondere aus der durch Zukäufe gestärkten Agrarsparte. Bis zum Jahr 2030 soll der Umsatz dort um 50 Prozent zulegen. Die Dividende will der Ludwigshafener Konzern auch in schlechten Jahren steigern. Eine Dividendenrendite von rund fünf Prozent sollte den Kurs nach unten absichern. Die Zahlen zum dritten Quartal sind für den 24. Oktober angekündigt.

Ein eindrucksvolles Comeback hat Microsoft geschafft. Der PC-Pionier der 80er-Jahre, der mit seinem Betriebsprogramm Windows auf den meisten Computern präsent ist, schaffte mit Verzögerung den Sprung in das nächste Technologiezeitalter. Wachstumstreiber ist das Cloud-Geschäft: Firmenkunden mieten maßgeschneiderte Software und Rechnerkapazität. Die Cloud machte zuletzt rund ein Drittel des Gesamtumsatzes von Microsoft aus, wuchs im vergangenen Quartal um 39 Prozent. Nebenbei hat sich der Konzern unter anderem als Hersteller von Hardware wie dem Tablet-Computer Surface etabliert. Microsoft gehört zu den wenigen Techs, die eine zumindest kleine Dividende ausschütten. Die neuesten Quartalszahlen kommen am 23. Oktober.

Superhelden-Aktie


Die Aktie von Walt Disney ist nach leicht enttäuschenden Geschäftszahlen im Sommer unter Druck geraten, die langfristigen Perspektiven bleiben aber attrak­tiv. Der amerikanische Medienriese hat ein breites Port­folio, zu dem neben den klassischen Disney-Figuren unter ­anderem "Star Wars" und die Marvel-Superhelden zählen. Durch die Fox-Übernahme wurde das Portfolio nochmals verstärkt. Die Verwertungskette wird im November durch den Streamingdienst Disney+ erweitert. Das kostet zunächst viel Geld, wird sich langfristig aber rentieren und Disneys Aus­nahmestellung im Mediensektor ­festigen. Die nächsten Geschäftszahlen werden für den 7. November erwartet.