Auf dem heimischen Mobilfunk- und Internetmarkt werden die Karten neu gemischt. Telefónica Deutschland legt gerade die Netze seiner beiden Marken O2 und E-Plus zusammen und steigt zum größten Mobilfunkanbieter Deutschlands auf. Ein Megadeal, der auch den beiden Handyvermittlern Freenet und Drillisch in die Hände spielen dürfte. Letzterer fährt einen besonders aggressiven Kurs. Drillisch sicherte sich bis zu 30 Prozent der Telefónica-Netzkapazitäten, die der Konzern als EU-Auflage im Rahmen der E-Plus-Übernahme an Konkurrenten abtreten musste.



Auf den heimischen Datenautobahnen mischt United Internet neuerdings das Segment für Geschäftskunden auf. Bereits vor drei Monaten schnappte sich das TecDAXMitglied für knapp 600 Millionen Euro den zweitgrößten Glasfasernetzbetreiber Versatel, um die zahlungskräftige Klientel verstärkt für sich zu gewinnen. Innerhalb ihrer Expansionsstrategie soll die Firma nun auch noch einen Blick auf das Glasfasernetz von QSC geworfen haben.

Doch der Reihe nach. Eines der wohl spannendsten Themen liefert derzeit die neue Nummer 1. "Durch die Integration von O2 und E-Plus wird Telefónica Deutschland langfristig in der Lage sein, die Qualitätslücke zu Deutsche Telekom und Vodafone zu schließen", kommentiert Goldman-Sachs-Analyst Tim Boddy die Entwicklung. Auch wenn die Zusammenführung erst mal Geld verschlingen und auf die Margen drücken wird, die langfristigen Wachstumspotenziale dürften dies kompensieren. Dazu zählt insbesondere der Megatrend mobile Datenübertragung - er sollte dazu führen, dass sich das Umsatzwachstum beschleunigt und gleichzeitig die Profitabilität aufgepeppt wird. Ein Blick in die Bücher zeigt die Bedeutung dieser Dienstleistung: 2014 verzeichnete der mobile Datenumsatz ohne SMS bei Telefónica Deutschland in den ersten drei Quartalen ein Plus von zehn Prozent auf 778 Millionen Euro. Damit werden knapp drei Viertel der Datentransfererlöse nicht mehr über traditionelle Kurznachrichten erzielt.

Auch wenn sich die mittel- bis langfristigen Aussichten für das TecDAX-Mitglied überaus positiv darstellen, reicht es bei der Telefónica-Aktie noch nicht für ein Kaufvotum. Die aktuell schwächelnde Profitabilität, bei der sich nach Aussage des Unternehmens im vierten Quartal keine Besserung abzeichnen wird, lässt kurzfristig keinen Kursspielraum nach oben. Der nächste interessante Termin ist der 25. Februar: Dann legt die Gesellschaft die 2014er-Zahlen vor und gibt einen Ausblick auf das neue Jahr.

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Im Windschatten nach vorn

Bei Drillisch dagegen ist trotz der Rally der vergangenen Jahre das Potenzial noch nicht ausgereizt. Im Windschatten von Telefónica Deutschland expandiert das Unternehmen kräftig. Dazu zählen nicht nur die bereits erwähnten zusätzlichen Kapazitäten, auch Zukäufe scheuen die Hessen nicht. So schnappte sich das Unternehmen kürzlich die E-Plus-Tochter Yourfone, die über 235 000 Kunden verfügt. Drillisch betreibt keine eigene Mobilfunkinfrastruktur, sondern kauft Netzbetreibern Telefonminuten ab und vermarktet dann Billigangebote unter eigenem Namen wie McSIM oder Simply. Ein Blick in die Neunmonatszahlen zeigt, dass die Strategie fruchtet: Angetrieben von einem starken Neukundenwachstum verbesserte sich das operative Ergebnis um knapp ein Viertel auf 64,6 Millionen Euro. Das Wachstum soll anhalten: Der Vorstand rechnet für das Gesamtjahr mit bis zu 85 Millionen Euro Gewinn. 2015 soll er bereits auf 95 bis 100 Millionen klettern. Für Goldman-Sachs-Experte Boddy ist Drillisch der Top-Pick im deutschen Telekom-Markt. Seiner Ansicht nach bietet der Titel "die besten Wachstumschancen im europäischen Vergleich".

Auch wenn für United Internet der Wettbewerb durch den Vorstoß von Drillisch an Schärfe gewinnen dürfte, bleibt das Unternehmen aus Montabaur derzeit auf der Überholspur. Vorstandschef Ralph Dommermuth investiert nicht nur kräftig in den Vertrieb von mobilen Internetzugängen, sondern kauft auch zu. So hat der Konzern im Herbst 2014 Versatel komplett übernommen, um das eigene Netz an superschnellen Datenautobahnen weiter aufzubauen.

Die mögliche Übernahme des Glasfasernetzes der angeschlagenen QSC wäre damit ein erneuter logischer Schachzug von Dommermuth. Auch wenn es sich bisher nur um Gerüchte handelt, ein derartiger Deal ist durchaus denkbar. Schließlich würde er eine klassische Win-win-Situation darstellen. QSC wäre seine Schulden auf einen Schlag los, und die gut kapitalisierte United Internet könnte ihren Expansionsdrang in Richtung zahlungskräftige Geschäftskunden ein weiteres Mal ausleben. Für die Aktie sprechen nicht nur die guten Wachstumsaussichten. Der Konzern darf sich zudem Hoffnungen auf einen Aufstieg in die oberste deutsche Börsenliga machen. In Sachen Marktkapitalisierung liegt das TecDAX-Mitglied bereits vor den DAXWerten K + S, Lanxess und Lufthansa.

Apropos DAX: Beim Branchenriesen Deutsche Telekom stehen die Zeichen nach einer langen Phase der Lethargie ebenfalls wieder auf Wachstum. So kommt den Bonnern der nachlassende Preiskampf am heimischen Markt entgegen. Daneben macht T-Online US weiterhin eine gute Figur. "Die US-Tochter hat starke Kennziffern für den Nettokundenzuwachs ausgewiesen", berichtet Kepler-Cheuvreux-Analyst Peter Nielsen und folgert daraus: "Damit hat die gute Wachstumsdynamik auch im Schlussquartal angehalten." Wir bleiben bei unserer Kaufempfehlung für den Bluechip, auch wenn die Luft für die T-Aktie nach dem 15-Prozent-Spurt im Januar allmählich dünner wird.

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