Keine andere „Mag 7“-Aktie wurde durch die Turbulenzen der Trump-Präsidentschaft so gebeutelt wie Tesla. Doch seit fünf Wochen führt der Elektroautopionier die Erholungsrallye der Big Techs an. Wie weit kann das Comeback laufen? Von Nils Jacobsen

Der Aufprall war nicht hart – er war brutal. Kein anderes Big Tech-Unternehmen litt unter den Turbulenzen der ersten Monate der neuen Trump-Administration so sehr wie der Elon-Musk-Konzern. Konnte Tesla Ende vergangenen Jahres bei Kursen von 488 Dollar ein neues Allzeithoch markieren, mussten Aktionäre in den Wirren des Zollstreits im April gar wieder Kurse nahe der 200-Dollar-Marke verkraften. In gerade mal zehn Wochen hatte sich die Kultaktie mehr als halbiert.

Die fundamentalen Gründe lieferte Musk Ende April bei der Bilanzvorlage für das abgelaufene erste Quartal nach: Zu behaupten, Tesla befinde sich auf Schlingerkurs, wäre noch eine moderate Umschreibung für die mehr als enttäuschende Geschäftsentwicklung in den ersten drei Monaten des Jahres.

So musste Tesla im ersten Quartal einen Umsatzrückgang von 9 Prozent hinnehmen. Besonders deutlich zeigt sich die aktuelle Schwäche im Kerngeschäft: Der Auto-Umsatz brach im Vergleich zum Vorjahr um ganze 20 Prozent ein. Noch dramatischer entwickelte sich der Gewinn, der um satte 71 Prozent schrumpfte – auf nur noch 409 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Der chinesische Emporkömmling BYD zog erstmals nach Erlösen und Erträgen an Tesla vorbei.

Tesla: Spektakuläre Erholungsrallye von 60 Prozent in fünf Wochen

So weit, so schlecht. Aber könnte damit die schlechteste aller Welten in die Aktie eingepreist sein? Charttechnisch sieht es fast so aus. Gleich dreimal nahmen die Bären zwischen Anfang März und Mitte April den Anlauf auf die 200-Dollar-Marke und prallten ab. Seitdem läuft eine fulminante Erholungsrallye, die Aktionären beim Sprung von 220 auf 350 Dollar in der Spitze ein Plus von knapp 60 Prozent beschert hätte.

Anlegern scheinen die triste Gegenwart des schwächelnden EV-Geschäfts abgehakt und ihren Blick stärker in die Zukunft gerichtet zu haben. So schlecht das klassische Autogeschäft läuft, so sehr legt Musk doch immer den Fokus auf jede Menge Hoffnungsträger in naher bis mittelfristiger Zukunft. Tesla hält an der Robotaxi-Vision fest: Im Juni soll in Austin ein Pilotprojekt starten. Auch der Bau humanoider Roboter Optimus läuft an. Im Energiesektor gibt es zudem Lichtblicke: 67 Prozent mehr Umsatz wurden im Jahresvergleich erzielt.

Analysten, die sich nach Elon Musks zeitintensivem Engagement in der DOGE-Kommission noch skeptischer geäußert hatten, werden nun wieder optimistischer. Wedbush-Tech-Analyst Dan Ives etwa, der noch im April sein Kursziel von 550 auf 315 Dollar gesenkt hatte, erklärte in den vergangenen Tagen, die deutliche Entspannung im Zollstreit mit China mache Tesla „zum großen Profiteur“.

Tesla-Aktie: Fortsetzung der Rallye auf 400 oder gar 500 Dollar?

Wie weit könnte die Tesla-Aktie nach der massiven Comebackrally der vergangenen Wochen nun laufen? Charttechnisch betrachtet könnte durchaus noch weiter nach Luft nach oben sein. Die nächsten Widerstände liegen im Bereich von 370-380 Dollar und dann 400 bis 430 Dollar, allerdings erscheint nach den rasanten Kurszuwächsen der vergangenen Woche eine zumindest kleinere Konsolidierung nicht unwahrscheinlich.

Es gibt unterdessen sogar Stimmen, die auf Grundlage der Charttechnik einen baldigen Ausbruch auf neue Allzeithochs bei 500 Dollar prognostizieren – wie etwa Rich Ross, Leiter der Technischen Analyse bei Evercore.

Allerdings gibt es ein ziemlich gewichtiges Argument, das gegen die Fortsetzung der Rallye spricht. CNBC-Marktkommentator James Cramer ist ebenfalls optimistisch für die Tesla-Aktie und bezeichnete sie vor zwei Tagen als „Kauf“. 

Der Track Record von Cramer, der sich früher als erfolgreicher Hedgefondsmanager und Mitgründer der Finanzwebsite TheStreet.com einen Namen machte, ist bekannt. Erstaunlich oft tritt das Gegenteil der Einschätzungen des mittlerweile 70-Jährigen ein – er gilt als veritabler Kontraindikator. In Social-Media-Kreisen hat sich Cramer in seiner späten Karriere damit fragwürdige Popularität erarbeitet: Das nicht von ihm betriebene Twitter-Konto „Inverse Cramer“, das seine Einschätzungen abbildet, ist Kult. 

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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Tesla.