Als Thyssenkrupp Anfang Mai erklärte, seine Aufzugsparte an die Börse bringen zu wollen, reagierte der Markt laut Analyst Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe "berauscht" und "euphorisch". Damals hatte die EU-Kartellbehörde den Plan, das Stahlgeschäft von Thyssenkrupp mit Tata Steel Europe zu fusionieren, gerade durchkreuzt. Der Schritt sollte den Stahl- vom Industriegüterbereich trennen und den Konzern so stabiler aufstellen. Nun aber gehört Stahl wieder zum Geschäftszweck, und Thyssenkrupp braucht einen neuen Sanierungsplan.

Derzeit haben alle Konzernsparten mit Profitabilitätsproblemen zu kämpfen, während die Börse die nächste Gewinnwarnung fürchtet. Die bereits im Dezember auf 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro Ebit gesenkte Prognose scheint angesichts des immer schwächeren globalen Wirtschaftswachstums zunehmend ambitioniert. Dass die Ziele verfehlt werden, scheint der Kurs jedoch bereits widerzuspiegeln. Den internen Problemen sowie dem konjunkturellen Gegenwind wollen sich die Essener mit einem Sparprogramm stellen. 6000 Stellen sollen gestrichen und Kosten von 1,5 Milliarden Euro eingespart werden.

Die Perle im Portfolio


Der Konzernumbau aber kostet Geld, während die Bilanz mit einer Eigenkapitalquote von rund 8,5 Prozent äußerst angespannt ist. Dringend benötigte Barmittel kann damit letztlich nur der Verkauf oder Börsengang des Aufzuggeschäftes einspielen. Die Sparte Elevator Technology stand 2018 mit einem bereinigten operativen Gewinn von 866 Millionen Euro für mehr als die Hälfte der gesamten Erträge. Börsianer bewerten die Perle im Thyssenkrupp-Portfolio dank zweistelliger Margen und solidem Wachstum mit bis zu 15 Milliarden Euro. Der gesamte Konzern selbst ist an der Börse derzeit mit 7,14 Milliarden Euro weniger als die Hälfte wert. Da ist es kaum verwunderlich, dass Finanzinvestoren wie Cevian schon lange fordern, den Wert der Sparte über den gesamten oder teilweisen Ausstieg zu heben. Über mangelndes Interesse kann sich Thyssenkrupp dabei wohl nicht beklagen. Laut Finanzkreisen klopfen in Essen bereits acht bis neun Interessenten an. Unter den potenziellen Käufern sollen sowohl Private-Equity-Gesellschaften wie KKR oder Blackstone als auch strategische Investoren sein.

Damit das Geschäft für die Finanzinvestoren Sinn macht, bräuchten sie jedoch einen Industriepartner. Grund: Die Branche steht unter Konsolidierungsdruck, im Alleinbetrieb wären Wettbewerbsvorteile schwerer zu erzielen. Bei den Konkurrenten aber soll das Interesse derzeit eher verhalten sein. Einzig Kone werden seit langem Ambitionen nachgesagt. Die Finnen, auf dem Weltmarkt die Nummer 4 hinter Thyssen, könnte eine Übernahme aber finanziell überfordern. Als denkbar gilt daher auch, dass ein Teil des Preises in Aktien bezahlt wird.