Industrieboss Hiesinger soll dabei ein Zugeständniss für Tata im Gepäck haben. Angeblich können sich die Essener vorstellen, bei der Fusion der Stahlsparten weniger als 50 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen zu halten. Damit könne Thyssenkrupp das schwächelnde Geschäft aus seiner Bilanz herausbekommen, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf einen Konzernmanager. Bislang hatten die Düsseldorfer erklärt, 50 Prozent halten zu wollen.
Mitte Mai hatte die Fusionsphantasie neue Nahrung erhalten, nachdem Tata von einer grundsätzlichen Einigung mit dem britischen Pensionsfonds berichtet hatte. Die Pensionslasten von Tata in Höhe von umgerechnet rund 17,5 Milliarden Euro gelten als ein Haupthindernis für ein Joint Venture. Bei den Arbeitnehmern treffen die Fusionspläne weiter auf Ablehnung.
Sollte eine Vereinbarung mit Tata nicht zustande kommen, wäre Thyssenkrupp notfalls auch bereit, ohne die Inder weiterzumachen. Möglich sei dann ein Zusammenschluss des Stahlgeschäfts mit einem anderen Wettbewerber aus Asien oder Osteuropa oder ein Börsengang, wobei dieser nicht das Hauptziel sein dürfte. Hiesinger dürfte einen Zusammenschluss mit Tata favorisieren, schreibt das Blatt unter Berufung auf einen führenden Manager des Konzerns. Laut Konzernkreisen könnten so 500 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. Eckdaten des angestrebten Deals würden jedoch beide Parteien kaum kennen, da es bislang noch keinen Einblick in die Bücher gegeben habe. Es gäbe noch viele ungeklärte Fragen, betonten Manager beider Firmen laut dem Blatt.
So wisse Thyssenkrupp-Finanzchef Guido Kerkhoff nicht, ob er einem fusionierten Stahlkonzern Schulden aufladen könne, schreibt die Zeitung weiter. Thyssenkrupp wolle schließlich die eigenen Verbindlichkeiten senken und mit weniger als 50 Prozent an dem fusionierten Unternehmen beteiligt sein. Die Stahlsparte solle damit aus der Bilanz verschwinden.
Auf Seite 2: Einschätzung der Redaktion
Einschätzung der Redaktion
An der Böse kommt der beschleunigte Konzernumbau gut an. Im frühen Handel stieg die Aktie von Thyssenkrupp um knapp zwei Prozent an und gehörte damit zu den besten Werten im DAX. Mit der Fusion seiner Stahlsparte mit Tata treibt Hiesinger die Transformation von ThyssenKrupp entschieden voran. Nach einem Zusammenschluss wird der Konzern nur noch wenig mit dem Unternehmen gemein haben, dass einst im Stahlgeschäft groß wurde. Erste Wurzeln zur eigenen Historie hat ThyssenKrupp bereits durch den Verkauf seines Stahlwerkes in Brasilien gekappt. Nach der Fusion der restlichen Stahlaktivitäten mit denen von Tata Steel, wäre es zudem nur logisch mit dem Rohstoffhandel auch die letzten Zeugnisse der eigenen Stahlvergangenheit zu verkaufen. Gleichzeitig setzt ThyssenKrupp im schwächelnden Anlagenbau den Rotstift an. Der Umbau in einen Industriekonzern sorgt dafür, dass die Schulden sinken und die Bilanz stabiler wird. Zudem werden die Erträge weniger zyklisch. Das hebt die Bewertungsmultiplikatoren der Aktie an.
Auf dieses Weise werden erhebliche stille Reserven gehoben. Allein das Aufzuggeschäft dürfte, nimmt man etwa die Bewertung des Schweizer Wettbewerbers Schindler Holding als Maßstab, den aktuellen Börsenkurs leicht abdecken. Analysten von Credit Suisse sehen deshalb ein Kurspotenzial bis 33 Euro. Dabei sei im Idealfall, so schreiben sie, langfristig viel mehr möglich. Bei der Berenberg Bank wird zudem das Umfeld auf dem Stahlmarkt zunehmend positiv gewertet. Fusionen und Übernahmen seien derzeit der stärkste Kurstreiber im weltweiten Stahlsektor, so Analyst Alessandro Abate. Gleichzeitig erholen sich die Stahlpreise auch dank Schutzzöllen vor chinesischen Dumpingimporten weiter.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 30,00 Euro
Stoppkurs: 17,90 Euro