Die großen Schulferien in Deutschland sind bekanntlich längst vorbei, ebenso der August, der weltweit stärkste Reisemonat. Auch wenn es in vielen Urlaubsdestinationen jetzt erst mal ruhiger zugeht, steuert die Tourismusbranche auf ein weiteres erfolgreiches Jahr zu. Weltweit stieg in den ersten sechs Monaten die Zahl der Touristenankünfte um vier Prozent. Damit winkt das sechste Wachstumsjahr in Folge.
Insgesamt rechnet die Weltorganisation für Tourismus nach einem Plus von 4,3 Prozent auf 1,133 Milliarden Touristenankünfte im Vorjahr langfristig mit einer kontinuierlich steigenden Zahl an Reisenden. Für das Jahr 2030 sieht die Prognose 1,8 Milliarden internationale Touristenankünfte vor. Auch die deutsche Reisebranche steuert auf ein starkes Jahr zu, nachdem die Zahl der Übernachtungen in den ersten sieben Monaten um ebenfalls vier Prozent auf gut 244 Millionen geklettert ist. Als Wirtschaftsfaktor ist der Sektor nicht zu unterschätzen. Laut Tourismus-Weltorganisation ist das Segment für rund 30 Prozent der globalen Dienstleistungsexporte verantwortlich. Die Zahlen des Bezahldienstleisters Global Blue sind daher im Hinblick auf die Konjunktur ermutigend: Demnach stiegen im August die globalen Tourismusausgaben um 38,7 Prozent. Während für russische Reisende ein Minus von 31,8 Prozent zu Buche steht, erhöhten die Chinesen ihre Ausgaben um satte 65,8 Prozent. Die nachlassende konjunkturelle Dynamik in der Volksrepublik scheint die Reiselust und das damit verbundene Konsumverhalten der Chinesen noch nicht zu bremsen.
Auf Seite 2: Nicht zu teuer kaufen
Nicht zu teuer kaufen
Bei den direkt dem Tourismussektor zuzuordnenden Reiseaktien sind indes längst nicht alle Titel interessant. Neben einer allgemein schwierigen Börsenverfassung sind in vielen Fällen die Bewertungen nicht mehr günstig. Denn wie fast immer lockt eine Branche mit guten Wachstumsaussichten zahlreiche Interessenten an, die dann mit ihren Käufen relativ hohe Bewertungen bewirken. Strategisch gesehen ist es aber sinnvoll, sich in diesem Bereich zu positionieren. Denn die Wachstumsszenarien sind keine Luftschlösser, sondern durchaus realistische Vorgaben. Rückschläge aufgrund von negativen externen Einflüssen wie Kriegen, Terroranschlägen oder Rezessionen hat der Sektor in der Vergangenheit jedenfalls langfristig immer wieder weggesteckt.
Wie viel Potenzial in der Reisebranche noch schlummert, zeigt die Ausgangslage in China. Die Chinesen gaben 2014 im Ausland knapp 170 Milliarden US-Dollar für Tourismusdienstleistungen aus. Damit führen sie diese Statistik weit vor den USA und Deutschland an (siehe Grafik rechts). Besonders beeindruckend ist die Wachstumsrate, die China in den vergangenen Jahren verzeichnete. "Von 2000 bis 2014 nahmen die internationalen Tourismusausgaben der Chinesen durchschnittlich um 20 Prozent pro Jahr zu. US-amerikanische und deutsche Touristen steigerten ihre Ausgaben im Ausland im gleichen Zeitraum nur um durchschnittlich vier Prozent pro Jahr", rechnet Eric Heymann vor. Trotzdem sieht der Analyst von Deutsche Bank Research noch immer viel Luft nach oben. Denn zum einen sind die Tourismusausgaben in China mit 188 US-Dollar pro Kopf noch unterdurchschnittlich. Weltweit liegen sie bei 333 Dollar pro Kopf, in den USA sogar bei 1379 Dollar. Zum anderen besitzen erst fünf Prozent der Chinesen einen Reisepass. Viele haben also noch nie ihren Koffer für einen Auslandstrip gepackt. Das gilt übrigens auch für das Gros im ebenfalls sehr bevölkerungsreichen Indien.
Auf Seite 3: Aktien für Abenteurer
Aktien für Abenteurer
Um von den guten Wachstumsaussichten zu profitieren, bieten sich als kaufenswerte Aktien der irische Billigflieger Ryanair oder der aus Großbritannien stammende Hotelbetreiber PPHE Hotel Group an. Obwohl die Kurse jeweils schon deutlich gestiegen sind, sind die Bewertungen noch vertretbar. Bei Ryanair heben wir unser Kursziel an.
Regelrecht billig sind die Anteilscheine der griechischen Fluglinie Aegean Airlines zu haben. Wegen des Herkunftslands ist der Titel trotz einer Dividendenrendite von 10,2 Prozent für 2015 aber nur etwas für risikobereite Anleger. Zumal die Ausschüttungen zuletzt unregelmäßig flossen. Günstig ist auch der Touristikkonzern TUI - vorausgesetzt, dem Unternehmen gelingt es, bis 2018 den Gewinn auf 1,51 Euro je Aktie zu steigern, wie es der Analystenkonsens erwartet.
Auch über die Wyndham Hotel Group lässt sich bei der Reiselust mitmischen. Die Amerikaner bezeichnen sich mit rund 7700 Hotels und Resorts weltweit als größte Hotelkette der Welt. Rund 1000 Häuser stehen in der Region Großchina. Damit ist Wyndham hier von den großen internationalen Branchenvertretern am stärksten präsent. Allerdings spricht ein angeknackster Chart dafür, erst einmal eine Kursstabilisierung abzuwarten.
Auf Seite 4: Tourismus auf einen Blick