RTL habe mit dem gemeinsamen Eigner, dem Gütersloher Familienunternehmen Bertelsmann, die Übernahme des deutschen Zeitschriftengeschäfts von Gruner + Jahr vereinbart, teilte die RTL Group am Freitag mit. Der Kaufpreis belaufe sich auf 230 Millionen Euro ohne Barmittel und Schulden. Fragen zu einem möglichen Personalabbau wich RTL-Chef Thomas Rabe bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten aus. Die Pläne müssten erst präzisiert und mit den Mitarbeitern und ihren Vertretern besprochen werden.
"Es geht bei RTL und Gruner nicht primär und Kosten, sondern es geht um Umsätze, es geht um Wachstum", betonte Rabe, der in Personalunion Bertelsmann führt. Gruner + Jahr bringt bei der Übernahme Magazine wie Stern, Brigitte, Geo, Capital, Schöner Wohnen, Eltern oder Art ein. RTL übernimmt Gruner + Jahr Anfang nächsten Jahres aber nicht komplett. So bleiben etwa die Beteiligung des Hamburger Verlagshauses von 25 Prozent an der "Spiegel"-Gruppe und die DDV Mediengruppe mit der "Sächsischen Zeitung" bei Bertelsmann.
REDAKTIONELLE ZUSAMMENFÜHRUNG
Mit Blick auf die Konkurrenz von Netflix, Google, Facebook & Co sagte Rabe in einem im Intranet von RTL veröffentlichten Interview: "Die globalen Tech-Plattformen drängen mit Macht in unsere Märkte. Aber wir sind schon da. Wir kennen sie. Und wir haben die besten Inhalte." RTL und Gruner + Jahr arbeiten bereits seit längerem in der Werbevermarktung zusammen und sollen nun auch redaktionell eine Einheit bilden. Geplant sei, Inhalte über alle Mediengattungen von Fernsehen über Radio, Streamingdienste und Zeitschriften zu verbreiten. Dazu soll ein Team mit mehr als 1500 Journalisten ein "Powerhouse" für Nachrichten, investigative Berichte und Reportagen bilden. "Durch die Zusammenführung von RTL Deutschland und Gruner + Jahr entsteht Deutschlands Cross-Media-Champion mit einem Pro-Forma-Umsatz 2020 von 2,63 Milliarden Euro und einem operativen Gewinn von rund 500 Millionen Euro", sagte Rabe. Perspektivisch erwägt die Mediengruppe auch eine Annäherung an Pro7: "In den nächsten zwei, drei Jahren würde ich nicht ausschließen, dass wir uns ProSieben nähern", sagte Rabe. Zunächst stünden aber andere Themen im Vordergrund.
Die Synergien durch die Übernahme von Gruner + Jahr schätzt RTL auf rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Sie sollen schrittweise steigen und im Jahr 2025 vollständig realisiert werden. Mehr als drei Viertel davon kämen durch zusätzliches Wachstum zustande. Etwa ein Viertel entfallen damit auf Einsparungen, darunter auch bei den Personalkosten. Wenn die beiden Unternehmen zusammengeführt würden, gebe es natürlich auch "Duplikationen", auch im personellen Bereich, sagte Rabe, führte dies aber nicht näher aus.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte RTL auf, nach der Übernahme von Gruner + Jahr die journalistischen Arbeitsplätze in Hamburg und Berlin und deren Tarifbindung zu erhalten. In der Branche wird seit längerem vermutet, das Hamburger Verlagshaus könnte bei einer Übernahme Federn lassen müssen. RTL und Gruner + Jahr zählen hierzulande zusammen gut 7600 Mitarbeiter. Von den rund 2500 Beschäftigten bei Gruner + Jahr sollen 1700 in eine neue Gesellschaft wechseln, die von RTL übernommen wird. Das Personal in den übrigen Aktivitäten des Hamburger Verlagshauses bleib bei Bertelsmann beschäftigt. Gruner + Jahr soll seinen Sitz in Hamburg behalten.
RTL GROUP ERHÖHT PROGNOSE
In der ersten Jahreshälfte liefen die Geschäfte der RTL Group dank der Erholung der Werbemärkte und dem Ausbau des Inhalte- und Streaminggeschäfts gut: Der Umsatz kletterte um 13,7 Prozent auf drei Milliarden Euro. Die Zahl der Abonnenten der Streaming-Dienste in Deutschland und den Niederlanden legte um 72 Prozent auf mehr als drei Millionen zu. Zusammen mit einem Buchgewinn von 745 Millionen Euro aus dem Verkauf des US-Werbevermarkters SpotX führte das Wachstum zu einem Rekordergebnis von 929 Millionen Euro. Seine Erwartungen für 2021 hob der Konzern an: Der Konzernumsatz soll bei rund 6,5 Milliarden Euro liegen, 300 Millionen Euro mehr als bisher in Aussicht gestellt. Beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) peilt RTL gut eine Milliarde Euro an - nach bisher geplanten 975 Millionen Euro. Nach sechs Monaten hat RTL davon bereits 483 Millionen Euro verdient.
rtr