Der ukrainische Sicherheitsrat berichtete indes, die strategisch wichtige ukrainische Grenzstadt Nowoasowsk sei von russischen Streitkräften gemeinsam mit den Separatisten eingenommen worden. Auch über andere Teile im Südosten des Landes hätten sie die Kontrolle übernommen. Einem Nato-Offizier zufolge kämpfen mehr als 1000 russische Soldaten an der Seite der Separatisten.

Poroschenko sagte, die russischen Soldaten seien in die Ukraine gebracht worden. Einen geplanten Besuch in der Türkei sagte er wegen der Lage im Land ab. Die russische Regierung wies die Vorwürfe allerdings zurück. Es befänden sich weiter keine regulären Truppen in der Ukraine, sagte ein Diplomat. Russland sei an der bewaffneten Auseinandersetzung nicht beteiligt. Ähnlich äußerte sich ein russischer OSZE-Gesandter.

Dagegen sprach der ukrainische OSZE-Vertreter Ihor Prokoptschuk von einer "direkten Invasion" der russischen Armee in die östlichen Regionen. Die Ukraine werde alles tun, um sich gegen diesen "Akt der Aggression" zu verteidigen. Die USA warnten, der Übertritt russischer Soldaten an der Ostgrenze lasse vermuten, dass eine von Russland unterstützte Gegenoffensive gegen das ukrainische Militär im Gange sei. Der US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt, warf Russland auf Twitter vor, den Separatisten Panzer, bewaffnete Fahrzeuge und Raketenwerfer zur Verfügung zu stellen. Moskau habe zudem sein neues Luftabwehrsystem in die Region geliefert und sei nun direkt in die Kämpfe involviert. Wie ein Armeevertreter berichtete, nahmen die Rebellen mit russischer Hilfe auch eine strategisch wichtige Anhöhe östlich der umkämpften Stadt Donezk ein.

Die Lage eskalierte damit nur zwei Tage nach einem Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Poroschenko in Minsk, das als leichte Annäherung gewertet worden war. Dabei vereinbarten beide Seiten einen weiteren Austausch. Schon am Mittwoch waren jedoch russische Soldaten im Ort Amwrossijiwka in gepanzerten Transportern aufgetaucht.

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REBELLEN: 3000 RUSSISCHE SOLDATEN KÄMPFEN MIT

Laut Rebellenanführer Alexander Sachartschenko unterstützen rund 3000 Freiwillige aus Russland die Separatisten in der Ukraine. Die Offensive habe unter anderem die Hafenstadt Mariupol zum Ziel. Einem russischen TV-Sender sagte er, die russischen Soldaten kämpften in ihrem Urlaub freiwillig mit ihren Brüdern für die Freiheit, anstatt am Strand zu liegen. Ein Mitglied des für die Regierung kämpfenden Asow-Bataillons sagte, unter der Flagge der separatistischen Volksrepublik Donezk sei vor zwei Tagen militärische Ausrüstung in die Region gebracht worden, "aber es sind reguläre russische Truppen".

Ein Reuters-Reporter berichtete am Mittag von einem Konvoi gepanzerter Fahrzeuge in der Nähe eines russischen Dorfs unweit der Grenze zur Ukraine. Die Insassen und die Fahrzeuge wiesen keine militärischen Markierungen auf. Nummernschilder seien entfernt worden.

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HOLLANDE BRINGT SCHÄRFERE SANKTIONEN GEGEN MOSKAU INS SPIEL

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk forderte die USA, die EU und die G7-Staaten auf, alle russischen Vermögenswerte einzufrieren, bis die russischen Truppen und die aus dem Nachbarland kommende militärische Ausrüstung aus seinem Land abgezogen seien. Frankreichs Präsident Francois Hollande drohte mit härteren Sanktionen Europas. Es sei "unerträglich und nicht hinnehmbar", wenn russische Truppen auf ukrainisches Territorium vorgedrungen seien.

Auch in Deutschland wird der Ruf nach einer härteren Gangart gegen Moskau lauter, gerade mit Blick auf den EU-Sondergipfel am Samstag. "Russland führt Krieg gegen die Ukraine. Deshalb sind weitere tiefgreifende Sanktionen unausweichlich", sagte der CDU-Politiker Karl-Georg Wellmann zu Reuters. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen von der CDU, sagte Reuters: "Es muss als Antwort neue Sanktionen geben, und darüber muss auf dem EU-Sondergipfel am Samstag beraten und am besten bereits beschlossen werden." Auch SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich forderte eine Debatte über weitere Sanktionen.

An den Finanzmärkten sorgte die Krise weiter für Unsicherheit. Der Dax notierte am frühen Nachmittag mit 9433 Punkten 1,4 Prozent niedriger, der EuroStoxx50 verlor 1,1 Prozent. Der Ukraine-Konflikt sei ganz schwer zu fassen, sagte Analyst Robert Halver von der Baader Bank. Das zerre an den Nerven.

Reuters