Eine eigene Infrastruktur war Firmengründer Ralph Dommermuth, der in der Branche als Sparfuchs bekannt ist, bislang stets zu teuer. Doch jetzt wittert der Unternehmenschef und Großaktionär eine günstige Ge- legenheit. Im Gespräch mit €uro am Sonntag bekundete er sein Interesse an der Düsseldorfer Telekomfirma Versatel. "Es passiert schließlich nicht alle Tage, dass das zweitgrößte Glasfasernetz in Deutschland zum Verkauf steht. Es ist eine Möglichkeit, die wir uns anschauen. Wenn sie attraktiv ist, prüfen wir, ob wir die Geschäftsstrategie entsprechend ändern", sagte Dommermuth.
Versatel, in den Händen des Finanzinvestors KKR, könnte eine Möglichkeit eröffnen, auch im Geschäft mit Internetzugängen Firmenkunden zu gewinnen. Die Düsseldorfer haben nach der Telekom hierzulande das größte Netz und decken 33 der 50 größten Städte ab. "Entschieden ist aber noch nichts", betonte Dommermuth.
Neben der Vermarktung von Internet- und Mobilfunkzugängen sind Webdienste das zweite wichtige Standbein der Westerwälder. Hier bietet das Unternehmen aus Montabaur, zu dessen stärksten Marken 1&1, Web.de und GMX zählen, zum Beispiel Mailingdienste oder Anwendungen rund um die Erstellung und Pflege von Internetpräsenzen an. Dass sein Unternehmen durchaus in der Lage ist, rein organisch nachhaltig profitabel zu wachsen, hat Dommermuth jüngst mit der Vorlage einer glänzenden Halbjahresbilanz belegt. Nach überraschend guten Zahlen steuert United Internet für das laufende Jahr erneut ein zweistelliges Wachstum bei Umsatz und Gewinn an.
Auf Seite 2: Noch mehr neue Kunden
NOCH MEHR NEUE KUNDEN
Der Boom beim mobilen Internet treibt dem TecDAX-Unternehmen trotz des hohen Wettbewerbs im Mobilfunkmarkt weiter Kunden in die Arme: Statt der bisher angepeilten 800 000 neuen Kunden sollen bis Jahresende nun 900 000 neue Verträge geschlossen werden. Doch noch ist der deutsche "Mister Internet" nicht satt. Stets auf der Suche nach attraktivem Wachstumspotenzial, fädelte Dommermuth jetzt einen besonders spektakulären Deal ein: Für 435 Millionen Euro kauft sich United Internet bei der Berliner Internet-Beteiligungsholding Rocket Internet ein.
Einen Großteil der Summe, nämlich 333 Millionen Euro, blättert Dommermuth in bar hin, der Rest wird über die Beteiligung an einem Risikokapitalfonds eingebracht. "Unser Investment ist strategischer und langfristiger Natur", sagte Dommermuth, der künftig auch Auf- sichtsrat bei Rocket Internet ist. Er erhält 10,4 Prozent an dem Börsenkandidaten, der 2007 von den Samwer-Brüdern gegründet wurde. In Finanzkreisen wird erwartet, dass Rocket Internet noch in diesem Herbst an die Börse geht.
Dommermuth hat bei dem Deal ein geschicktes Händchen bewiesen: Weil der Einstiegspreis von United Internet niedriger war als die neue Bewertung von Rocket Internet, kann United Internet einen Buchgewinn von 70 Millionen Euro einstreichen. Die Anleger quittierten dies mit kräftigen Kursaufschlägen: Die Aktien, die Mitte Juni noch deutlich abgerutscht waren, stiegen auf den höchsten Stand seit sechs Wochen.
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SPAß UND STEIGENDE KURSE
Das Auf und Ab des Kurses beeindruckt Dommermuth wenig: "Mit dem Aktienkurs ist es wie mit einem Hund und seinem Herrchen. Mal läuft der Hund vorneweg, mal hinterher - am Ziel kommen aber beide gemeinsam an. Genauso verhält es sich mit dem Aktienkurs - auf lange Sicht spiegelt er den fairen Wert unseres Unternehmens wider."
Dieser Gleichmut mag die Investoren beruhigen, können sie doch wei- ter auf das Geschick des findigen Unternehmenschefs vertrauen. Und ge- wiss sein, dass der Westerwälder noch viel vor hat: "Ich habe in jedem Fall noch viel Spaß an dem Job", sagte er. Auch Analysten sehen viele Möglichkeiten für das Unternehmen: "Im Prinzip ist für United In- ternet jedes Geschäft, das mit Internet zu tun hat, denkbar", sagte Markus Friebel vom Analysehaus Independent Research. Die Weichen bei United Internet bleiben auf Expansion gestellt.
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