Wer in US-Immobilien investieren will, aber nicht das Geld für einen Wolkenkratzer hat, kann zwischen Offenen und Geschlossenen Fonds wählen. Was die bringen, wo die kaufen und was das Risiko, in Dollar zu investieren, bedeuten kann. Von Bernhard Bomke
Als US-Präsident Donald Trump Anfang Juni nach London reiste, ging es, soweit bekannt, nicht um Immobiliengeschäfte. Das Protokoll sah für den Staatsgast, der in den Jahrzehnten zuvor als Geschäftsmann mit Immobilienspekulationen Milliarden angehäuft hatte, unter anderem ein Treffen mit Queen Elizabeth II. vor. Außerhalb des Protokolls beschimpfte Trump den Londoner Bürgermeister Sadiq Khan als Totalversager.
Anleger, die sich sowohl für Immobilien als auch für die USA interessieren und daher über eine Beteiligung an einem Offenen oder Geschlossenen Immobilienfonds mit US-Gebäuden nachdenken, muss das nicht groß irritieren. Torsten Knapmeyer, Geschäftsführer von Deka Immobilien und dort unter anderem Manager des Offenen Publikumsfonds Deka-ImmobilienNordamerika (siehe Tabelle), brachte die Bedeutung der Personalie Trump fürs Geschäft mit Immobilien in den Vereinigten Staaten dereinst auf diesen Punkt: Er wolle seine langfristige Strategie nicht "von einem Angestellten auf Zeit" beeinflussen lassen. Er denke bei seinem Fonds nicht in einem Zeitraum von acht Jahren, den ein US-Präsident maximal amtieren kann, sondern von fünf Jahrzehnten. Da zählten nüchterne Fakten mehr als die Ausfälle eines Mannes Anfang 70, der kraft Amtes viel Zeit im Weißen Haus verbringt.
Die Bevölkerung wächst. Zu diesen Fakten, die Investitionen von Anlegern in US-Immobilien lohnend erscheinen lassen, gehört die Aussicht auf ein Bevölkerungswachstum in den USA von mindestens zwei Millionen Personen pro Jahr, die irgendwo wohnen und arbeiten müssen, also Immobilien brauchen. Die Wirtschaft des Landes wächst auch dieses Jahr deutlich schneller als etwa in Deutschland. Die Notenbank Federal Reserve erwartet ein Wachstum von 2,1 Prozent, die Regierung prognostiziert drei Prozent. Und: Die Mieten etwa für Büroimmobilien guter Qualität steigen vielerorts noch immer.
Letzteres bewegt Martin Brühl, Geschäftsführer von Union Investment Real Estate, dazu, mit seinen beiden Offenen Immobilienfonds, die Ende 2018 mit insgesamt 5,1 Milliarden Euro in US-Immobilien investiert waren (siehe Tabelle), weiterhin auf die Suche nach geeigneten Gebäuden zu gehen. Die Fonds sind zu etwa einem Drittel in den USA investiert - aus verschiedenen Gründen. Brühl schwärmt von Büromietverträgen, die zehn bis 15 Jahre laufen und somit länger als in vielen Teilen Europas. Das klingt nach vergleichsweise sicheren Einnahmen. Er erzählt von Erträgen, die ganz nach seinem Geschmack und dem seiner Anleger seien. "Unsere US-Objekte erwirtschaften derzeit Immobilienrenditen von etwa fünf bis sechs Prozent", sagt er. Das sei besser als das, was deutsche Objekte abwerfen. Ein wichtiges Argument für die zahlreichen Anleger Offener Immobilienfonds, die neben Sicherheit auch Rendite sehen wollen. Außerdem ist manchen Anlegern wichtig, ihr Geld nicht nur im Euroraum zu investieren. Da kommen Immobilien in den Vereinigten Staaten, die Einnahmen in US-Dollar generieren, gerade recht.
Das Fremdwährungsrisiko
Allerdings bergen Immobilien in Ländern außerhalb der Eurozone auch das Risiko, von Währungsschwankungen negativ betroffen zu sein. Fondsgesellschaften wie Union Investment Real Estate sichern sich gegen dieses Risiko ab. Doch das frisst Rendite. Brühl beziffert die Kosten in den vergangenen fünf Jahren auf im Schnitt jährlich 1,8 Prozent des investierten Kapitals. Derzeit ist das sogenannte Hedging sogar deutlich teurer. Brad Olsen, Investmentberater aus North Carolina, spricht von bis zu drei Prozentpunkten des Eigenkapitalertrags (siehe Interview).
Doch es gibt auch Beispiele, dass Anleger vom Schwanken der Kurse manchmal profitieren. Das ist beim Geschlossenen Fonds UST XVI Victory Park des Anbieters US Treuhand der Fall. Die Münchner haben seit 1995 über Geschlossene US-Immobilienfonds 4,6 Milliarden US-Dollar investiert. Der größte Teil der Fonds ist längst wieder aufgelöst und brachte den Anlegern im Schnitt eine jährliche Vorsteuerrendite von 10,5 Prozent. Damit zählt der Emittent zu den Positivbeispielen in der Branche.
Drei Prozent Plus statt Pleite
Beim Fonds Nummer XVI jedoch, der 2005 aufgelegt wurde und in ein riesiges Stadtteilprojekt in Dallas investiert, lief es erstmals nicht so rund. Infolge der Finanzkrise 2008 drohte die Pleite und den Anlegern der Verlust ihrer Einlagen. Doch US-Treuhand-Gründer Lothar Estein beschloss, den Fonds unter anderem mit einer Finanzspritze von 20 Millionen US-Dollar aus eigener Tasche am Leben zu halten - mit Erfolg. 14 Jahre nach dem Start des Fonds, in den mehr als 1700 Privatiers 180 Millionen Dollar gesteckt hatten, kündigt Estein nun an, den Anlegern bald nicht nur ihr eingesetztes Kapital zurückzuzahlen, sondern auch einen Gewinn, der etwa drei Prozent Ausschüttung im Jahr entspricht.
Das überraschende Plus resultiert zum einen aus dem Verkauf der Gebäude, der bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. Zum anderen profitieren die Anleger - Stichwort Fremdwährungsrisiko - in diesem Fall davon, dass der Dollar gegenüber dem Euro zuletzt wieder an Stärke zugelegt hat. US Treuhand ist neben BVT der einzige klassische Anbieter Geschlossener US-Immobilienfonds für breites Publikum, der aktuell einen Fonds im Angebot hat. US Treuhand setzt derzeit auf ein Bürohaus in Las Vegas, BVT auf Mehrfamilienkomplexe in Florida. Der Anbieter Jamestown, Köln/Atlanta, der wegen seiner tadellosen Leistungsbilanz gemeinhin als erste Adresse für US-Immobilien gilt, will erst Ende des Jahres einen neuen US-Fonds bringen. Das Produkt werde wie sein Vorgänger, in den Anleger die Rekordsumme von 572 Millionen US-Dollar gesteckt hatten, bevorzugt Büro- und Handelsobjekte in den Großräumen New York, Washington (D.C.), Boston, Los Angeles oder San Francisco kaufen.
Auf nach Süden
Während Jamestown damit unverändert die klassischen Metropolen bevorzugt, sind die aus Sicht vieler anderer Akteure zu teuer. Union-Manager Brühl weicht mittlerweile ganz gern an Standorte wie Charleston, Dallas oder Portland aus. Dort, so sein Argument, seien um bis zu 0,75 Prozentpunkte höhere Renditen drin. Estein verspricht sich die besten Chancen auf gute Objekte in südlichen Regionen wie Florida, Texas, Phoenix (Arizona) oder Las Vegas. Für diese Standorte spricht aus seiner Sicht unter anderem, dass dort - anders als etwa in Kalifornien oder New York - keine eigene Staatensteuer erhoben wird. Das nähmen zahlreiche US-Amerikaner zum Anlass, gezielt dorthin zu ziehen. Das ist gut für steigende Mieten und Preise von Immobilien.
Dass deutsche Immobilieninvestoren in den USA nicht irgendwer sind, belegen Zahlen des Analysehauses Real Capital Analytics (RCA). Danach legten deutsche Geldgeber in den vergangenen fünf Jahren 26,5 Milliarden US-Dollar in den Staaten an (siehe Grafik). Das entspricht zwar nur etwa einem Prozent aller Immobilieninvestitionen ebendort, aber immerhin sieben Prozent des Geldes, das von auswärts in US-Immobilien floss. Allein 2018 kamen aus Deutschland 6,06 Milliarden US-Dollar. Und noch eine Betrachtung: Von dem Geld, das Deutsche im Ausland in Immobilien investiert haben, floss in den vergangenen fünf Jahren jeder vierte Euro in die USA. Zum Vergleich: Jeweils ein Zehntel investierten sie in Großbritannien, den Niederlanden und Österreich.
Manchmal schaffen es deutsche Adressen in den USA in einem Ranking sogar fast ganz nach oben. 2018 war der Verkauf des prominenten New Yorker Handels- und Bürokomplexes Chelsea Market von Jamestown an Google der zweitgrößte Deal des Jahres. 2,4 Milliarden US-Dollar flossen dafür an einen Jamestown-Fonds, den allerdings nicht Privatpersonen, sondern Großanleger gespeist hatten. Ob Donald Trump darunter war, ist nicht belegt.
Interview mit Brad Olsen, Investmentberater aus North Carolina
€uro: Herr Olsen, warum sollten deutsche Anleger Geld in US-Immobilien stecken?
Brad Olsen: Ein Investment in US-Immobilien bedeutet für deutsche Anleger die Chance, etwas höhere Renditen als zu Hause zu erzielen, ihr Geld breiter zu streuen und ganz generell von einer Volkswirtschaft zu profitieren, die schneller wächst, als es in Europa der Fall ist. Das ist der Hintergrund dafür, dass deutsche Gesellschaften wie Union Investment Real Estate und Deka Immobilien mit ihren Offenen Publikumsfonds in den USA unterwegs sind und dort immer wieder zu den aktivsten Investoren gehören.
Manche Anleger treibt die Sorge um, an dem Ausdruck "Stupid German Money" könnte etwas dran sein. Kaufen die Deutschen in den USA also oft viel zu teuer ein?
Die Gefahr, zu teuer einzukaufen, ist nichts spezifisch Deutsches. Ganz generell stehen die Deutschen im Ruf, vorsichtig und ganz vernünftig vorzugehen. Sie gelten als eher konservative Anleger, die lieber eine fixe jährliche Ausschüttung haben wollen, statt auf hohe Wertsteigerungen zu spekulieren, die ihnen unterm Strich mehr Geld einbringen könnten. Derzeit sind die Deutschen eher noch vorsichtiger als sonst.
In welchen Immobilientyp sollte man investieren: Büros? Wohnungen?
Wer sich heute entscheiden muss, dem rate ich zu größeren Mietwohnungsanlagen. Die Bevölkerung in den USA wächst, und kein Mietrecht hindert Sie daran, die Mieten regelmäßig deutlich zu erhöhen. Das funktioniert natürlich nur, solange die Nachfrage hoch ist. Viele US-Investoren konzentrieren sich derzeit auch auf Logistikimmobilien. Bei Büros und Einkaufszentren, in die traditionell viel investiert wurde, sind sie aus Furcht vor nachlassender Flächennachfrage infolge mobiler Büroarbeitsplätze oder des Internethandels eher zurückhaltend geworden.
An welchen Standorten empfehlen Sie Anlagen in US-Immobilien?
Wir raten als Faustregel dazu, dorthin zu gehen, wo die Bevölkerung wächst und die Zahl der Jobs zunimmt. In solchen Städten gibt es erfahrungsgemäß viel Nachfrage nach allen Immobilientypen. Die besten Standorte liegen typischerweise im Südosten und im Südwesten und heißen zum Beispiel Phoenix, Atlanta, Orlando oder Raleigh. Letzteres liegt in North Carolina. Sehr gute Prognosen haben auch die Texas- Städte Austin, Dallas und Houston. Beliebt sind zudem Städte wie Denver und Salt Lake City, die dort liegen, wo die Amerikaner vom Bergland sprechen.
Worauf sollten deutsche Anleger besonders achten?
Wichtig ist es für Auswärtige, mit einem Vor-Ort-Partner zusammenzuarbeiten, der sich auskennt, gleich mitinvestiert oder zumindest professionell beraten kann. So global die Geldströme auf der Welt geworden sind, so sehr ist das Immobiliengeschäft lokal geblieben, ganz abgesehen von vielen steuerlichen und rechtlichen Besonderheiten.
Ist die Politik von Präsident Donald Trump gut oder schlecht für Investments in US-Immobilien?
Schwer zu sagen. Einerseits hat Trump mit seiner Steuerreform manche Erwartungen erfüllt. Andererseits sind viele Investoren irritiert von seinem Tonfall. Und keiner weiß, was seine Handelspolitik am Ende für die US-Wirtschaft bedeuten wird.
Brad Olsen berät mit seiner Firma Atlantic Partners, Cary (North Carolina), größere Immobilieninvestoren