"Das ist Protektionismus, der enge Partner wie die EU und Deutschland vor den Kopf stößt und den Freihandel begrenzt", sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Sie warf Trump vor, Strafzölle angeordnet zu haben, die nicht in Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO stünden. Zypries kündigte eine klare Reaktion in Abstimmung mit der EU-Kommission an. Eine Sprecherin ihres Ministeriums sagte, Ziel sei es nicht, einen Handelskrieg vom Zaun zu brechen.
Trump hatte sich am Donnerstag über die seit Tagen anhaltende Kritik aus dem In- und Ausland hinweggesetzt und wie angedroht Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahlimporte und zehn Prozent auf Aluminiumeinfuhren verhängt, die in 15 Tagen in Kraft treten sollen. Er begründete dies mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, die ebenso wie die heimische Branche durch die Importe gefährdet sei. "Ohne Stahl hat man keinen Staat", sagte er im Beisein von US-Metallarbeitern bei der Unterzeichnung seiner formellen Proklamation. Lediglich Kanada und Mexiko sind von den Zöllen ausgenommen. Sollten sie jedoch aus Trumps Sicht keine ausreichenden Zugeständnisse bei den laufenden Neuverhandlungen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta machen, kann sich das ändern.
Trump stellte auch anderen Ländern in Aussicht, sie von den Zöllen auszuklammern. Sie müssten beim Handel mit den USA aber fair sein. Dabei würden unter anderem die Verteidigungsausgaben der Verbündeten berücksichtigt. Trump hat wiederholt Nato-Staaten kritisiert, die - wie Deutschland - weniger für Rüstung ausgeben als von der Allianz vereinbart. Die US-Regierung hatte zunächst angedeutet, gegen alle Staaten Zölle verhängen zu wollen. Weil es nun doch Ausnahmen gibt, reagierten die europäischen Börsen gelassen und lagen nur leicht im Minus.
"EUROPA GEFÄHRDET DIE SICHERHEIT DER USA NICHT"
Vertreter aus Politik und Wirtschaft fanden umso deutlichere Worte: "Dies ist der falsche Weg, damit umzugehen", kritisierte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Rande einer Veranstaltung in Brüssel das Vorgehen des US-Präsidenten. Europa sei keine Gefahr für die Sicherheit der USA. Die EU erwarte, von den Zöllen ausgenommen zu werden. "Wir werden alles tun um sie zu überzeugen, dass es falsch ist." Gelegenheit dazu bietet sich am Samstag in Brüssel beim angekündigten Besuch des US-Handelsbeauftragen Robert Lighthizer. Die EU-Kommission prüft neue Importabgaben auf US-Waren wie etwa Whiskey, Orangensaft und Erdnussbutter. Insgesamt hat sie Produkte im Wert von 2,8 Milliarden Euro im Visier.
Als eine der ersten reagierte IWF-Chefin Christine Lagarde auf Trumps Zoll-Entscheidung. Auf einer Veranstaltung in Washington sagte sie, nicht so sehr die direkten wirtschaftlichen Folgen machten ihr Sorgen, sondern dass diese weltweite Gegenmaßnahmen auslösen könnten. Eine solche Eskalation sei gefährlich. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire warnte, in einem Handelskrieg gebe es nur Verlierer. Der britische Handelsminister Liam Fox verwies in der BBC auf die weltweite Überkapazität bei der Stahlproduktion. Für diese sei vor allem China verantwortlich. Einer protektionistischen Haltung erteilte er aber eine Absage. Das funktioniere eigentlich nie. Zudem wäre es "absurd", Großbritannien aus Gründen der nationalen Sicherheit mit Zöllen zu belangen. Auch Japan, einer der wichtigsten militärischen Verbündeten der USA in Asien, forderte, von den Zöllen ausgenommen zu werden. China verlangte eine Rücknahme und kündigte an, seine Rechte und Interessen fest entschlossen zu verteidigen.
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, BDI, BDA, ZDH und DIHK, zeigten sich vor einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in München in einer gemeinsamen Erklärung alarmiert. "Um eine Spirale des Protektionismus abzuwenden, sind Bundesregierung und EU gefordert, für das Welthandelssystem weiterhin einzustehen." Außenhandelspräsident Holger Bingmann sagte er der Nachrichtenagentur Reuters: "Jetzt kann man nur hoffen, dass niemand überreagiert." Er riet "dringend zur Besonnenheit". Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, forderte die EU auf, gemeinsam mit internationalen Partnern bei der WTO Klage zu erheben, aber auch WTO-konforme Gegenmaßnahmen. "Dabei ist Augenmaß wichtig."
Der ranghöchste Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Paul Ryan, zeigte sich besorgt wegen möglicher "unbeabsichtigter Konsequenzen" von Trumps Entscheidung. Er werde die Regierung dazu drängen, die Maßnahmen enger zu fassen. Senator Jeff Flake, einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker Trumps, kündigte eine Gesetzesvorlage im Kongress an, mit der er die Zölle aufheben wolle. Trump verfügt jedoch über ein Vetorecht, das sich nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit überstimmen lässt. Diese ist fraglich, da einige Demokraten die Schutzzölle befürworten.
rtr