Die Aktienindizes an der US-Technologiebörse Nasdaq tun auch in diesem Jahr das, was sie seit einigen Jahren fast am laufenden Band tun: Sie stellen fleißig neue Kursrekorde auf. Die frischen Bestmarken kommen wie bestellt, denn am 8. Februar feierte die Nasdaq ihren 50. Geburtstag.
In dem seit März 2009 laufenden Bullenmarkt erwiesen sich der Nasdaq Composite Index sowie der Nasdaq 100 Index im globalen Vergleich als die großen Zugpferde. So ist der Nasdaq Composite Index seitdem in der Spitze um mehr als 1000 Prozent gestiegen. Aus 100 Punkten am 5. Februar 1971 hat der breite Index, der rund 3300 an der Nasdaq gelistete Titel beinhaltet, bis Redaktionsschluss 13 874 Zähler erreicht. Das ist ein beeindruckendes Plus von 13 744 Prozent.
Doch die Bedeutung dieser US-Börse für die ganze Welt geht über die Rolle des Performancebringers hinaus. Denn an der Nasdaq - das Akronym steht übrigens für National Association of Securities Dealers Automated Quotations - sind die führenden Unternehmen groß geworden, die in unserem heutigen Alltag eine wichtige Rolle spielen. Mit Microsoft, Apple, Amazon, Alphabet und Facebook sind dort die fünf der sechs Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung weltweit notiert. Die Nasdaq ist damit die wichtigste Finanzierungsquelle für viele der global einflussreichsten Konzerne - und daher auch die führende Anlaufstelle für Technologieunternehmen.
Zum Start der Nasdaq 1971 hegte die Nationale Vereinigung der Wertpapierhändler als Gründerin zwar sicherlich bereits große Pläne, aber welche Erfolgsgeschichte sich daraus entwickeln sollte, war damals noch nicht abzusehen. Die Anfänge waren relativ bescheiden: ein Notierungssystem für Aktienkurse, das bald den elektronischen Handel mit anfänglich 50 Aktien ermöglichte. Die Nasdaq wurde zum ersten US-Markt, der den Onlinehandel zuließ, und übernahm den Großteil des Handels, der zuvor außerbörslich stattgefunden hatte. In Sachen Digitalisierung, die mehr Transparenz und sinkende Kosten beim Handel ermöglichte, nahm man damit so etwas wie eine Vorreiterrolle ein.
Mittlerweile werden an der Nasdaq täglich rund zwei Milliarden Aktien gehandelt, mehr als an jeder anderen Börse. Gemessen an der Marktkapitalisierung von rund 22 Billionen Dollar zum Jubiläum ist die Nasdaq die zweitgrößte Börse der Welt, nach der New York Stock Exchange mit rund 32 Billionen Dollar. Außerdem ist die Nasdaq der Topmagnet für neue Listings und IPOs. Allein seit der Jahrtausendwende wurden mehr als 1000 Börsengänge betreut. Aktuell sorgt der Bullenmarkt zusammen mit günstigen Finanzierungsbedingungen wieder einmal für eine IPO-Welle. 2019 und 2020 mischten dabei deutsche Gesellschaften wie die Biotechfirmen Biontech und Curevac mit. Übrigens: Zum 50. Nasdaq-Geburtstag brachten es sechs der Neulinge seit Mai 2020 auf Kursgewinne von 400 Prozent und mehr - darunter Curevac.
Wer angesichts von Zuwächsen in diesen Dimensionen an ein Casino denkt, der liegt in euphorischen Marktphasen wie derzeit nicht völlig daneben. Zwischen März 2000 bis Oktober 2002 brach die Technologiebörse indes um 78 Prozent ein - es kann mit den Kursen also auch rasant gen Süden gehen.
Stramme Bewertung
Auszusetzen haben Kritiker neben der phasenweise überhandnehmenden Spekulationsmentalität momentan auch etwas an der Bewertung. Denn das Nasdaq-?KGV auf Basis der geschätzten Gewinne für die kommenden zwölf Monate beträgt 29. Das liegt deutlich über dem historischen Durchschnittswert und laut Berenberg Bank nur etwas unter dem Hoch von 32 zum Höhepunkt der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende. Etwas anders sehen die Bewertungsrelationen aus, wenn man sie ins Verhältnis zu den Anleiherenditen setzt. Allerdings hat hier der jüngste Renditeanstieg den bisherigen Vorteil bereits spürbar verringert.
Zu beachten ist im historischen Vergleich, dass der Anstiegswinkel an der Nasdaq zuletzt noch nicht ganz so steil war wie 1999. Sollte sich die Geschichte tatsächlich wiederholen, ließe das noch Luft nach oben. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der laufende Bullenmarkt auf einem Boom bei den Unternehmensergebnissen basiert. Wie die Commerzbank vorrechnet, sind die Zwölfmonatsgewinnprognosen für den Nasdaq 100 Index seit Jahresbeginn 2008 um 327 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Die Zwölfmonatsgewinnprognosen für den DAX liegen um sieben Prozent unter dem damaligen Niveau. Da der Großteil der Nasdaq-Aktien weiterhin Unterstützung durch steigende Gewinnprognosen für das Geschäftsjahr 2021 erhält, setzt die Commerzbank darauf, dass die Hausse in den kommenden Monaten anhält.
Vor diesem Hintergrund haben wir aus dem Nasdaq-Kurszettel fünf Aktien ausgewählt, die günstige Aussichten versprechen. Das Quintett besteht aus Unternehmen mit überzeugenden Geschäftsmodellen, deren Aktien es geschafft haben, langfristig mit dem Nasdaq Composite Index mitzuhalten oder diesen sogar zu übertreffen. Da die Geschäftsaussichten überzeugen, setzen wir darauf, dass diese Relative Stärke jeweils anhalten kann, zumal die Favoriten neben Qualität auch Wachstum zu bieten haben.
Der Aktienkurs von Alphabet ist seit 2004 von 50 Dollar bis auf 2145 Dollar gestiegen. Dank eines langfristigen Aufwärtstrends ergibt sich ein starkes Chartbild. Der Google-Mutterkonzern ist gut aufgestellt für anhaltendes Wachstum. Zu verdanken ist das einem breiten wirtschaftlichen Schutzgraben, der sich aus immateriellen Vermögenswerten sowie Netzwerkeffekten ergibt. Zudem ist die Bilanz mit einer Nettoliquidität von zuletzt 112 Milliarden Dollar solide. Auf Basis der Analystenschätzungen ergibt sich für 2024 ein KGV von knapp 20, was im aktuellen Marktumfeld relativ moderat ist. Wir erhöhen Kursziel und Stoppkurs. Viel weniger bekannt als Alphabet ist Bio-Techne, obwohl die Aktie seit Ende 1989 von 0,31 Dollar auf 411 Dollar geklettert ist. Bio-Techne ist ein Spezialist für Biotechnologie und klinische Diagnostik. Die Gesellschaft punktet mit Wettbewerbsvorteilen wie immateriellen Vermögenswerten und Umstellungskosten. Die Bilanz ist solide, die Profitabilität ansehnlich. Hinzu kommt Wachstumsdynamik. Der Analystenkonsens rechnet von 2020 bis 2024 mit einem Gewinnanstieg je Aktie von 4,55 Dollar auf 10,94 Dollar. Das relativiert die optisch hohe Bewertung.
Wenn Reden Gold ist
Nur wenigen Börsianern dürfte Cerence bekannt sein. Das Unternehmen existiert erst seit 2019. Know-how gibt es allerdings schon viel länger, denn Cerence gehörte vor der Ausgliederung zu Nuance, einem Spezialisten für Sprachsteuerungssoftware. In Fachkreisen ist Cerence als Anbieter von Software für den Autosektor indes sehr bekannt. So zählen alle großen Automobilerstausrüster zu den Kunden. Für die Gesellschaft spricht eine starke strategische Position im zunehmend digitalen Auto sowie bei künstlicher Intelligenz und sprachgesteuerten Assistenten. Analysten halten von 2020 bis 2024 eine Gewinnverbesserung von 1,68 Dollar auf 3,44 Dollar je Aktie für möglich. Den Nasdaq Composite Index hat dieser Wert seit dem Börsengang im Oktober 2019 klar geschlagen. In einer vorteilhaften geschäftlichen Ausgangslage befindet sich Applied Materials. Das haben überzeugende Quartalszahlen sowie ein sehr solider Ausblick wieder deutlich gemacht.
Laut den Analysten der DZ Bank dürften stark steigende Investitionen von Halbleiterherstellern in Maschinen zur Fertigung von Logik- und Speicherchips diesen Chipanlagenhersteller begünstigen. Angesichts von Wachstumstreibern wie dem Internet der Dinge, steigenden Datenmengen, dem neuen Mobilfunkstandard 5G, Anwendungen auf Basis von künstlicher Intelligenz, der Elektromobilität sowie Cloud Computing ist mit reger Nachfrage nach den Anlagen zu rechnen. Der Aktienkurs ist seit 1986 von 0,125 Dollar auf 183,35 Dollar geklettert.
Nasdaq Inc. ist die Aktie des Börsenbetreibers selbst. Seit dem Börsengang 2002 hat sich der Kurs in etwa so wie der Nasdaq Composite Index entwickelt. Künftig könnte die Performancebilanz etwas besser ausfallen - jedenfalls wenn die Strategie der Vorstandschefin Adena Friedman aufgeht: Sie will einen Wandel zum diversifizierten Daten- und Technologieunternehmen forcieren. Dazu gehört das Ausschlachten der starken Stellung als einer der größten internationalen Börsenbetreiber sowie der Ausbau der Bereiche Markttechnologie und Informationsdienste. Letzteres klingt logisch. Denn durch zunehmende Nutzung von Daten entstehen viele neue Geschäftschancen: etwa Lösungen, um Finanzkriminalität zu bekämpfen.