Vitesco wurde zum ersten Kurs von 59,80 Euro am Donnerstag mit 2,4 Milliarden Euro bewertet, Continental verlor aber gleichzeitig 3,6 Milliarden an Börsenwert. Der Autozulieferer und Reifenhersteller aus Hannover kam am Nachmittag nur noch auf eine Marktkapitalisierung von 19,1 Milliarden.
Vitesco hat mit dem Wandel in der Autoindustrie zu kämpfen und muss die Produktion von Getrieben für Diesel- und Benzinmotoren möglichst schnell auf Bauteile für Elektroautos umstellen. Rund die Hälfte des Umsatzes von acht Milliarden Euro gehört künftig nicht mehr zum Kerngeschäft.
Vitesco-Chef Andreas Wolf zeigte sich auf dem Frankfurter Börsenparkett optimistisch, dass der tiefgreifende Umbau gelingen werde. "Die E-Mobilität boomt", sagte Wolf, ehe er mit der großen Glocke den Börsenhandel einläutete. Der Markt wachse sehr dynamisch, getrieben auch vom Druck von Politik und Regulierung. Bis 2024 soll das Geschäft mit Elektroantrieben nach Wolfs Vorstellungen profitabel sein. Was der Strukturwandel für die knapp 40.000 Mitarbeiter bedeutet, hat Vitesco offengelassen.
DESINFIZIERTE BÖRSENGLOCKE
Die Feier zur Erstnotiz fand angesichts der Corona-Pandemie unter verschärften Hygienebedingungen statt. Die Vitesco-Manager schritten einzeln zur Handelsschranke, die Börsenglocke wurde nach jedem Läuten desinfiziert. Die Gäste wurden streng nach Gruppen getrennt.
Vitesco war am Donnerstag - wie bei Abspaltungen (Spin-offs) von Dax-Unternehmen üblich - für einen Tag das 31. Mitglied des deutschen Leitindex. Bis zum Abend mussten Indexfonds, die den Dax nachbilden, die Papiere wieder aus den Depots werfen. Dadurch wurde mit verstärktem Druck auf die Vitesco-Aktie in der Schlussauktion gerechnet. Zwischenzeitlich hatte sie sich bis auf 66,88 Euro nach oben gearbeitet, bröckelte dann aber auf 58,40 - unter den ersten Kurs - ab. Der Kurs der Conti-Aktie lag kurz vor dem Ende des Xetra-Handels mit gut 95 Euro um 16 Prozent unter dem Schlusskurs vom Mittwoch.
Bei der Abspaltung von Siemens Energy von Siemens, die vor einem Jahr unter ähnlichen Vorzeichen über die Bühne ging, hatte die Aktie des Technologiekonzerns kaum nachgegeben, so dass der Wert eines Aktionärsdepots kräftig stieg.
Den gleichen Effekt hatte sich Continental erhofft. Mit der Abspaltung der Getriebesparte falle ein "Klotz am Bein" des Autozulieferers weg, sagten Investmentbanker. Vielen Investoren ermögliche das erst wieder den Einstieg bei Conti. Der Spin-off hatte sich - laut Conti auch wegen der Corona-Pandemie - um zwei Jahre verzögert. Größter Aktionär beider Unternehmen ist die fränkische Milliardärsfamilie Schaeffler, der auch die Mehrheit an dem gleichnamigen Autozulieferer aus Herzogenaurach gehört. Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann und ihr Sohn Georg halten zusammen jeweils 46 Prozent an Conti und Vitesco.
rtr