Zwar sind die Gewinne bei den meisten US-Instituten im vierten Quartal nach Einschätzung von Experten gefallen, weil eine höhere Risikovorsorge für faule Kredite zu Buche schlug. Sie schätzen aber die Aussichten für 2021 besser ein. Am Freitag eröffnen JP Morgan, Citigroup und Wells Fargo die Bilanzsaison in den USA.
"Man kann das vierte Quartal als eine Art Übergangsquartal betrachten", sagt Jason Goldberg, Analyst bei Barclays. "Einige der Herausforderungen im vergangenen Jahr sind nur noch im Rückspiegel wahrzunehmen. Der Blick auf 2021 ist besser." Durch die Impfstoffe könnte die Corona-Pandemie im Laufe des Jahres unter Kontrolle gebracht werden. Ökonomen rechnen mit mehr Wirtschaftswachstum und nach dem Sieg der Demokraten bei den US-Senatswahlen wird auf zusätzliche staatliche Konjunkturhilfen spekuliert.
Aktien von JP Morgan und Goldman Sachs legten seit Ende Oktober um jeweils gut 40 Prozent zu, die Papiere von Bank of America sogar um 60 Prozent. Für Zuversicht bei den Anlegern sorgte auch, dass die US-Notenbank den Instituten im Land nach einem Stresstest ein gutes Zeugnis ausstellte. Sie hätten die Corona-Krise bislang gut überstanden und seien stark genug, weiteren Stürmen standzuhalten.
KEIN ENDE DER HAUSSE IN SICHT
Ein Ende des Aufwärtstrends der US-Bankaktien ist laut Deutsche-Bank-Chefanlagestratege Ulrich Stephan nicht in Sicht. "Insbesondere Banken mit ausgeprägtem Kapitalmarktgeschäft sollten meiner Meinung nach überraschen können." Besonders in Europa, das von der Corona-Krise im Vergleich zu der asiatischen Region stark getroffen ist, werde es in vielen Sektoren verstärkt zu Fusionen und Übernahmen kommen, sagt Analyst James Palmer von der Bank of America.
Bereits im dritten Quartal waren die Einnahmen aus dem Handel mit Aktien und Anleihen, Währungen und Rohstoffen deutlich angestiegen. JP Morgan verdiente in der Zeit mit 9,4 Milliarden Dollar vier Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Goldman Sachs verdoppelte den Gewinn sogar auf 3,5 Milliarden Dollar - und das mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Auch die Deutsche Bank, die Anfang Februar ihre Jahresbilanz vorlegt, profitierte von besseren Geschäfte im Investmentbanking. Sie verdient jedoch nur einen Bruchteil dessen, was die US-Banken einnehmen.
VIELE AMERIKANER KÖNNEN KREDITE NICHT MEHR BEZAHLEN
Betrachtet man allein das vierte Quartal 2020, dürften die Gewinne aber unter den Vorjahresniveaus liegen. Das liegt vor allem an der gestiegenen Kreditrisikovorsorge. So drohen wegen höherer Arbeitslosigkeit mehr Ausfälle im Kreditkartengeschäft. Zudem dürfte die Zahl der Firmenpleiten zunehmen. Allein im zweiten Quartal hatten die sechs größten US-Banken zusammen mehr als 30 Milliarden Dollar zurückgestellt für faule Darlehen. Mehrere Institute haben damals aber schon signalisiert, dass damit auch der Höhepunkt erreicht gewesen sei.
Experten erwarten, dass die Ergebnisse von Citi und Wells Fargo im vierten Quartal um je rund 40 Prozent im Vergleich zum Niveau des Vorjahresquartals gefallen sind. Bei JP Morgan gehen sie wegen des starken Investmentbankings nur von einem Rückgang um fünf Prozent aus. Ähnlich dürfte es bei Morgan Stanley aussehen. Nur bei Goldman Sachs sind die Analysten zuversichtlich, sie erwarten ein Gewinnplus von 43 Prozent.
rtr