Wenn Warren Buffett Aktien kauft oder verkauft, dann wird die Börsenwelt hellhörig. Denn meistens liegt der US-Starinvestor mit seinen Anlageentscheidungen richtig. Am Montag reduzierte seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway ihren Anteil am weltgrößten Rückversicherer Munich Re von 12,0 auf 9,7 Prozent. Bedeutet das, dass die Aktionäre des DAX-Konzerns ihren Bestand ebenfalls verkleinern sollten?

Nun, zunächst muss man feststellen, dass Buffett häufig, aber nicht immer den richtigen Riecher hat. Dazu genügt ein Blick auf die Kursentwicklung von Berkshire (blaue Linie) in den vergangenen 12 Monaten: Die B-Aktie der Firma fiel um 5,6 Prozent, während der Vergleichsindex S&P 500 nur 2,65 Prozent verlor.



Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen - volatile Märkte, China-Krise, Verschiebungen der US-Zinswende - geht die Performance zwar in Ordnung, für Begeisterungsstürme dürfte sie jedoch nicht sorgen. Dass muss sie aber auch nicht, denn Buffett ist kein Zocker, sondern ein besonnener Value-Investor, der langfristig denkt. Kurzfristige Gewinne interessieren ihn nicht.

Aus diesem Grunde ist Buffett seit fast fünf Jahren mit mehr als zehn Prozent an Munich Re beteiligt. Das Unternehmen erzielte solide Gewinne, erhöhte mehrfach die Dividende und steigerte den Aktienkurs deutlich. Seit Ende September 2010 hat das Papier um 64 Prozent zugelegt und damit den Zuwachs des DAX um neun Prozentpunkte übertroffen. Nicht schlecht für einen Titel, der bei einigen Anlegern zu Unrecht als langweilig gilt.



Buffetts Teilrückzug kommt nicht unbedingt überraschend



In den vergangenen Monaten haben sich bei Börsianern allerdings Zweifel gemehrt, ob die Erfolgsgeschichte von Munich Re noch weitergeht. Der Rückversicherer leidet unter der zunehmenden Konkurrenz im Naturkatastrophengeschäft durch institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Hedgefonds. Zudem machen dem Münchner Konzern der Preiskampf im Geschäft mit Erstversicherern wie der Allianz und die anhaltenden Niedrigzinsen zu schaffen.

Vor diesem Hintergrund wirkt Buffetts Teilrückzug nicht unbedingt überraschend. Zumal sein möglicher Nachfolger Ajit Jain sich bereits vor einigen Wochen skeptisch zur Rückversicherungsbranche geäußert hatte. Die Reduzierung der Anteile an Munich Re darf man als Vorsichtsmaßnahme interpretieren.

Dass Buffett nicht komplett ausgestiegen ist, zeigt aber auch, dass er das Vertrauen noch nicht verloren hat. Die Rückversicherer verdienen nach wie vor gut. 2015 dürften sie auf eine Eigenkapitalrendite von acht bis zehn Prozent kommen, im Vorjahr waren es noch 12 Prozent. Insofern passt Buffett sein Portfolio der Branchenentwicklung an.

Munich Re selber geht davon, dass Buffett dem Konzern weiterhin treu bleiben wird. "Warren Buffett behält unsere Aktien und seine eigene Aktivitäten als Rückversicherer", sagte Vorstandschef Nikolaus von Bomhard in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin "Bilanz". Er sei "erfahren genug, um zu wissen: Zyklische Bewegungen gehören zum Geschäft der Rückversicherer".

Wo Analysten Chancen und Risiken sehen



Nach seinem Teilrückzug bleibt Buffett mit großem Abstand der größte Einzelaktionär von Munich Re. Keiner Wunder: Seine Beteiligungsgesellschaft ist selber in der in der Rückversicherungsbranche aktiv. Insofern sollten Munch Re-Anleger nun keine Panik bekommen, sondern die jüngsten Vorgänge aufmerksam registrieren und sich nochmal der Risiken, aber auch Chancen bewusst werden.

Die ersten Reaktionen von Analysten auf Buffetts Teilrückzug fallen gemischt aus. Laut Bloomberg gaben drei Experten eine Einschätzung ab:

  • Michael Huttner von JPMorgan stufte die Aktie mit "Overweight" ein und veranschlagte das Kursziel auf 220 Euro.


  • Oliver Pauchaut von Bryan Garnier & Cie stufte die Aktie auf "Sell" ein und veranschlagte das Kursziel auf 189 Euro.


  • Dieter Hein von Alpha Value stufte die Aktie mit "Buy" ein und veranschlagte das Kursziel auf 210 Euro.


  • Unter Berücksichtigung aller Einschätzungen der vergangenen 12 Monate beläuft sich das aktuelle Konsensrating für Munich Re auf 3,34. Damit gilt das Papier im Allgemeinen als Halteposition.

    Laut Michael Huttner von JPMorgan sei Buffetts Teilrückzug ein weiterer Beweis für Berkshires schrittweisen Abschied aus dem Rückversicherungsgeschäft. "Es sind keine positiven Nachrichten, wenn der Schlüsselinvestor daran glaubt, dass die Gewinne aus dem Versicherungsgeschäft weiter schrumpfen werden", schrieb der Experte in einer Studie.

    Dennoch glaube er, dass Munich Re auch 2015 und 2016 seinen jährlichen Betrag von 2,3 Milliarden Euro ausschütten werde - und 2017 möglicherweise sogar erhöhen könnte. Zudem werde aktuell nur mit vergleichsweise moderaten Preisrückgängen bei der im Januar anstehenden Erneuerungsrunde gerechnet. Die Geschäfte der Anbieter dürften daher diesmal etwas günstiger verlaufen als zuletzt, was wiederum die Kurse anschieben könnte. Munich Re bleibe daher weiter sein Branchenfavorit.

    Was BÖRSE ONLINE empfiehlt



    Nach Einschätzung von BÖRSE ONLINE bleibt die Aktie von Munich Re ein Basisinvestment für Langfristanleger. Die Gründe dafür haben wir in den vergangenen Monaten mehrfach detailliert beschrieben. Das Papier bietet weiterhin eine hochattraktive Kombination aus niedriger Bewertung und hoher Dividendenrendite. Das 2016er-Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt derzeit bei 9,58, Die Dividendenrendite für 2015 liegt bei geschätzten 4,58 Prozent. Darüber hinaus ist die Aktie zuletzt mehrfach im Bereich um 160 Euro wieder nach oben gedreht. Wir belassen unseren Stoppkurs bei 142 Euro und das Kursziel bei 215 Euro.



    Zum Autor: Nikolaus Hammerschmidt ist seit 2011 Online-Redakteur bei boerse-online.de. Er schreibt über Aktien, insbesondere (Rück-) Versicherer. Zudem verfasst er das wöchentliche "Leserinvestment" in der Heftausgabe.