Manchmal muss man loslassen, auch wenn es wehtut. Das trifft vor allem zu, wenn man sich von einer Kult-Aktie wie Apple trennt. Nachdem die Papiere des iPhone-Herstellers im Zuge des Börsencrashs in China im August unter unseren Stoppkurs von 94,50 Euro gefallen waren, entschieden wir uns in Heftausgabe 35/2015 dazu, die Titel aus unserem Basisdepot zu entfernen und von "Kaufen" auf "Beobachten" herunterzustufen. So sieht es unser Regelwerk vor.

Allerdings fiel uns der Schritt nicht leicht, gehörten die Anteilsscheine doch schon seit langem zu unseren Dauerfavoriten. Immerhin blieb uns nach der Scheidung ein lukratives Trostpflaster: Durch den Verkauf erzielte das Basisdepot einen Gewinn in Höhe von 24,47 Prozent. Darüber hinaus heimsten wir eine Dividende von 52 US-Cent pro Aktie ein.

Nach Apples Produktpräsentation vom Mittwoch sehen wir keinen Anlass, unsere neue Einschätzung zu ändern. Die Aktie ist mit einem geschätzten 2016er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,8 zwar günstig bewertet, dennoch fehlt uns ein entscheidendes Kaufargument: Die Chancen müssten die Risiken eindeutig überwiegen - das tun sie aber nicht. Vielmehr halten sie sich eher die Waage.

Sicher, einerseits hat der US-Konzern seine Produktpalette pünktlich zum wichtigen Weihnachtsgeschäft mit neuen Versionen von iPhone, iPad, Apple Watch und Apple TV sinnvoll erweitert. Andererseits steht das Unternehmen angesichts der zunehmenden (Billig-) Konkurrenz auf dem Smartphone-Markt und der unklaren Perspektiven in China stärker unter Druck als je zuvor. Laut der Marktforscher von Gartner ist der weltweite Smartphone-Markt im zweiten Quartal 2015 so langsam gewachsen wie zuletzt 2013. Ein wichtiger Grund dafür dürfte die Tatsache sein, dass immer mehr Kunden zu Telefonen greifen, die eine ähnliche technische Ausstattung wie das iPhone haben, aber deutlich günstiger sind. Damit hat Apples Zugpferd seinen Nimbus als "must have" verloren.

Natürlich wird sich Apples Unterhaltungselektronik weiterhin exzellent verkaufen und in vielen Bereichen das Maß aller Dinge bleiben. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass Apple künftig mit der Apple Watch, im TV-Geschäft oder in gänzlich neuen Geschäftsfeldern wie der Automobilbranche Erfolge feiert. Allerdings dürfte - auf Grundlage der aktuellen Aufstellung des Konzerns - das bisherige Wachstumstempo nicht zu halten sein. Konservative Investoren sind daher gut beraten, die Aktie im Depot zu halten, zumal sie dabei auch eine Dividende kassieren. Mutige Investoren, die daran glauben, dass Apple die Erwartungen künftig wieder übertreffen könnte, können wegen des momentan niedrigen Kursniveaus ihre Positionen leicht ausbauen.

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Analysten bleiben bullisch



Im Gegenteil zu BÖRSE ONLINE geben sich Analysten für Apple weiterhin sehr bullisch. Mitte August, also vor der Produktpräsentation, hatten wir darüber darüber berichtet, warum Experten an das Comeback glauben und wie viel Kurspotenzial sie sehen. Die grundsätzliche Einstellung der Experten hat sich seitdem kaum verändert. Das Konsensrating aus den Einschätzungen der vergangenen 12 Monate ist laut Bloomberg im Vergleich zum genannten Zeitpunkt von 4,38 auf 4,41 Punkte gestiegen. Damit bleibt die Aktie ein "schwacher Buy". Der Anteil der Analysten, die das Papier zum Kauf empfehlen, ist von 74,5 auf 75,9 Prozent geklettert. Das Kurspotenzial hat sich von 25,5 auf 28,4 Prozent erhöht. Lediglich das durchschnittliche Kursziel ist zurückgegangen - von 147 auf 144,50 Dollar.

Dass bei den meisten Experten weiterhin Euphorie herrscht, erkennt man auch besonders an den Einschätzungen, die nicht auf den vergangenen 12 Monaten basieren, sondern direkt nach der Produktpräsentation abgegeben worden sind. Bis jetzt (Stand 11.9.2015, 12.30 Uhr) haben 25 Analysten ein Urteil gefällt, davon 22 Mal "Outperform", "Buy", "Overweight" oder "Positiv". Der drei restlichen Kommentare lauten "Hold", "Market Perform" und "Neutral"

Zu den Optimisten zählt unter anderem Bernstein Research. Das US-Analysehaus senkte das Kursziel zwar von 142 auf 135 Dollar, beließ die Einstufung aber auf "Outperform". Die Experten erwarten, dass die Kursentwicklung der Aktie in den kommenden zwölf Monaten um mehr als 15 Prozentpunkte über der Entwicklung des S&P-500-Index liegen wird.

Zuversichtlich zeigt sich auch Morgan Stanley. Die US-Investmentbank bekräftigte ihr Urteil "Overweight" und das Kursziel von 155 Dollar. Die sich verkürzenden Überarbeitungsintervalle beim iPhone dürften auf anhaltendes Wachstum deuten und sollten den Absatz ankurbeln, schrieben die Analysten in einer Studie. Zudem lobten sie, dass neben dem iPhone auch vier andere Produkte überarbeitet worden seien und der Konzern endlich die Weiterentwicklung von Apple TV forciere.

Skeptisch äußerte sich dagegen Jefferies. Das Analysehaus schraubte das Kursziel von 130 auf 126 Dollar runter und beließ seine Einstufung auf "Hold". Die Produktpräsentation hätte die Erwartungen der Anleger erfüllt, so das Urteil. Zwar gefalle der Fortschritt bei der Apple Watch, dem iPad und bei Apple TV, das neue iPhone 6S hätte jedoch enttäuscht. Der Konzern sei in einem frühen Übergangsstadium weg vom iPhone und hin in Richtung Computeruhr, Autos und andere neue Produktkategorien.