Es gibt nur wenige Dinge, die Menschen so hassen, wie Abgaben an den Fiskus zu leisten. Steuern sparen hat schon immer die Innovationsfähigkeit angetrieben. Auch Contracts for Difference sind ein Produkt, das aus dieser Motivation heraus entstanden ist. Als 1986 in Großbritannien die Stempelsteuer auf Aktiengeschäfte eingeführt wurde, erfanden Finanzprofis der UBS Contracts for Difference (CFDs), im Deutschen Differenzkontrakte genannt.
Da der Handel mit diesen Instrumenten außerbörslich erfolgt, war es möglich, die lästigen Steuern zu vermeiden. Die Kontrakte werden heute noch immer außerbörslich gehandelt. Anleger gehen dabei rechtlich gesehen eine Vereinbarung mit dem CFD-Anbieter (Broker) ein. Dieser stellt die Kurse, legt die Bedingungen fest und bietet entsprechende Handelsmöglichkeiten und die dazugehörigen Onlineplattformen. Es gibt gut 20 Broker hierzulande. Die wichtigsten sind CMC Markets, IG, ActivTrades und WH Selfinvest.
Auf den Firmensitz achten
Dabei spielt auch der Firmensitz eine Rolle. So dürfte zum Beispiel ein Broker aus Malta, Zypern oder Litauen wenig vertrauenswürdig wirken. Wer im Pleitefall entschädigt werden will, ist mit einem Sitz in Großbritannien, Luxemburg oder Deutschland im Zweifel besser aufgehoben. In diesen Ländern ist die Chance, sein Geld zurückzuerhalten, wesentlich größer. Ein Blick ins Impressum des Anbieters hilft. Dort muss der Broker nachweisen, wo er sitzt und welche Regulierungsbehörde für ihn zuständig ist.
Mit Differenzkontrakten können Anleger gehebelt an Kursbewegungen von Basiswerten wie Indizes, Aktien, Währungen oder Rohstoffen profitieren, ohne den Basiswert zu besitzen. Indizes wie DAX und Dow Jones oder Euro-Dollar dominieren als Basiswerte eindeutig. "Hervorzuheben ist die Vielzahl verschiedener Basiswerte. So bietet IG seinen Kunden den Zugang zu über 17.000 Märkten an. Bestimmte Marktsegmente sind sogar rund um die Uhr handelbar", sagt Salah Bouhmidi, CFD-Experte bei IG.
Grundsätzlich geht es um die Kursdifferenz des Basiswerts zwischen Ein- und Ausstiegszeitpunkt des Anlegers. Mit Long-CFDs können Investoren auf steigende und mit Short-CFDs auf fallende Märkte spekulieren. Institutionelle Anleger nutzen die Differenzgeschäfte schon seit den 80er-Jahren, um größere Positionen abzusichern. Privatanleger wurden CFDs Ende der 90er-Jahre in Großbritannien zugänglich. Nach Deutschland kamen sie erst 2005.
Diese Anlageform ist vorrangig für sehr risikofreudige Anleger geeignet. Noch vor ein paar Jahren waren Hebel von 100 oder mehr gang und gäbe. Ein Hebel von 100 bedeutet, dass der Wert des Long-CFDs um 100 Prozent steigt, wenn sich der Basiswert nur um ein Prozent nach oben bewegt. Der Hebel wirkt allerdings in beide Richtungen: Erfüllt sich die Markterwartung des Anlegers nicht, kommt es zu entsprechend hohen Verlusten. Fällt etwa der DAX, der häufigste Basiswert, nur um ein Prozent, verliert der Anleger das Hundertfache.
Große Summen bewegbar
Investoren hinterlegen auf ihrem Handelskonto eine Sicherheitsleistung, die sogenannte Margin. Sie ist oft weit geringer als der Wert des eigentlichen Basiswerts. So können CFD-Anleger große Summen mit vergleichsweise geringem Kapital handeln. Daraus ergibt sich die Hebelwirkung. Je kleiner die Margin, desto größer der Hebel. Bei einem Hebel von zehn beträgt zum Beispiel die Margin nur zehn Prozent des gehandelten Werts. Setzt ein Anleger mit einem Long-CFD auf anziehende Kurse und der Basiswert steigt um zehn Prozent, erhöht sich der Wert des Differenzkontrakts um 100 Prozent. Vice versa kommt es schnell zu hohen Miesen. Im obigen Beispiel würde ein Kursverlust des Basiswerts von zehn Prozent einen Totalausfall des eingesetzten Kapitals bedeuten.
Da viele Investoren in der Vergangenheit hohe Beträge verloren, griffen die deutsche Regulierungsbehörde Bafin und das europäische Pendant ESMA ein, um das von zahlreichen Kritikern als Zockerei bezeichnete Investment zu regulieren. Seit August 2018 gibt es je nach Basiswert Obergrenzen für Hebel. "Die Begrenzung der Hebel durch die Aufsichtsbehörden hatte durchaus auch etwas Positives: Denn vor allem die noch nicht so erfahrenen Kunden wurden in der Form diszipliniert, dass allein durch die geringeren Hebel und das damit mehr zu hinterlegende Kapital die Positionsgro¨ßen kleiner und damit das Verlustrisiko geringer wurden", lobt Markus Kegler, Geschäftsführer von CMC Markets Deutschland.
Keine Nachschusspflicht mehr
Eine weitere Maßnahme, Gefahren zu reduzieren, war die Abschaffung der Nachschusspflicht. Früher mussten Privatanleger Geld nachschießen, wenn das Handelskonto ins Minus rutschte. Heute können sie nicht mehr verlieren, als sie beim CFD-Handel einsetzen. Trotz dieser Tatsache und obwohl der Hebel jetzt nur noch zehn, 20 oder maximal 30 beträgt, bleiben CFDs eine risikobehaftete Anlageform.
Auch weil manche Positionen über Nacht oder am Wochenende gehandelt werden. Dann kann der Eröffnungskurs des nächsten Handelstags erheblich vom Schlusskurs des vorherigen Handelstags abweichen. Experten sprechen vom Overnight Gap (Gap ist englisch für "Lücke"). Die Kurslücke kann eintreten, wenn nach Handelsschluss Nachrichten aus Wirtschaft und Politik oder Entwicklungen an internationalen Börsen den Eröffnungskurs stark beeinträchtigen. Dann reichen Stop-Loss-Aufträge möglicherweise nicht effektiv zur Verlustbegrenzung aus, da die Ausführung nicht zum gewollten Kurs erfolgt. Dies kann wiederum dazu führen, dass das Handelskonto ins Minus rutscht und eine Zwangsglattstellung der Position eingeleitet wird.
Mit Stop-Loss-Orders legen Anleger nämlich eine Kursmarke fest, bei deren Erreichen die Differenzkontrakte nur zum nächsten handelbaren Kurs verkauft werden. Um sich vor Crash oder Overnight-Gaps abzusichern, bieten manche Broker daher bei bestimmten Basiswerten gegen Gebühr garantierte Stop-Loss-Orders an. Diese Aufträge werden bei exakt der vorgegebenen gewünschten Kursmarke ausgeführt - egal wie heftig die Märkte schwanken.
Alles auf einem Konto
Ein großer Vorteil des CFD-Tradings ist, dass dieses eine umfangreiche Auswahl an handelbaren Werten auf der ganzen Welt eröffnet - aus einem einzelnen CFD-Handelskonto heraus. Sonst sind dazu meist mehrere Konten bei verschiedenen Finanzinstituten oder Onlinebanken notwendig, da diese im Regelfall ein begrenztes Angebot haben. Zudem kann mit CFDs zum Teil abends und am Wochenende getraded werden. Dann fallen aber neben dem Spread noch zusätzliche Finanzierungskosten an. Auch auf nicht gängige Basiswerte wie zum Beispiel die brasilianische Währung Real oder den koreanischen Won, zu denen deutsche Privatanleger sonst nirgendwo Zugang haben, kann gesetzt werden.
Sinnvoll ist die Eröffnung eines Demokontos, bevor Investoren mit realem Geld handeln. Fast jeder Broker bietet so ein Demokonto kostenfrei an. "Damit können Anleger ein Gefühl für das Produkt CFD erlangen und sich ohne Verlustrisiken mit den Marktsegmenten vertraut machen, die sie handeln möchten", rät Bouhmidi.
INVESTOR-INFO
Basiswerte
Indizes werden favorisiert
Das mit CFDs gehandelte Volumen hierzulande fließt vorrangig in Aktienindizes. Es folgen mit weitem Abstand Devisen und Rohstoffe wie Euro/US-Dollar und Gold. Aktien sind kaum gefragt.
Börsenbarometer
Der DAX dominiert
Deutsche CFD-Anleger haben einen sogenannten Home Bias: Sie bevorzugen den deutschen Aktienindex als Basiswert. Ebenfalls stark gefragt ist der Dow Jones. Nasdaq, S & P 500 und Euro Stoxx spielen überraschenderweise so gut wie keine Rolle.
Hebel
Bis zu 30 immer noch möglich
Weniger volatile Währungspaare wie Euro/Dollar und Dollar/Yen dürfen mit dem Faktor 30 gehebelt werden, auch wichtige Indizes wie der DAX immer noch mit Faktor 20. Bei schwankungsanfälligen Werten wie Kryptos und Einzelaktien haben die Aufsichtsbehörden die Hebel dagegen stark begrenzt.