Eine der goldenen Regeln für ­Anleger lautet: Lege nicht alle Eier in einen Korb. Übersetzt heißt das, sein Geld nicht nur in ein einziges Wertpapier zu stecken, sondern in ein ganzes Bündel. So können Verluste bei einem Wertpapier durch Gewinne bei einem anderen ausgeglichen werden. Mit Aktien aus verschiedenen Branchen und Regionen lassen sich etwa Risiken abfedern, wenn ein bestimmter Industriezweig oder ein Land schwächelt. Der Fachausdruck ­dafür lautet Diversifikation.

Doch wie breit soll eine Anlage diversifiziert sein? Reicht es, einen gewöhnlichen Investmentfonds zu kaufen, der sein Vermögen über 30, 50 oder 100 Titel streut? Oder sollte man nicht besser gleich zu einem Dachfonds greifen, der in verschiedene einzelne Fonds mit jeweils breiter Streuung investiert? Ob die doppelte Diversifikation bei Dachfonds wirklich Vorteile bringt, wollte €uro am Sonntag mit Unterstützung der Rating­agentur Scope genauer ergründen. Die Berliner Analysten erstellten eine Studie, die unserer Redaktion exklusiv vor Veröffentlichung vorliegt.

Betrachtet wurde die Spezies der Misch­fonds. Denn sie verkörpert den Gedanken der Diversifikation am besten. Misch- oder Multi-Asset-Fonds versammeln im Portfolio Wertpapiere aus unterschiedlichen Anlageklassen, am häufigsten Aktien und Anleihen. Je nach Ausrichtung und Aktienquote eignen sie sich für vorsichtige bis chancen­orientierte Anleger. Scope unterscheidet zwischen den vier Mischfonds-Kategorien konservativ, ausgewogen, dynamisch und flexibel. Untersucht wurden insgesamt 1600 weltweit investierende Portfolios, die ein aggregiertes Anlagevolumen von rund 500 Milliarden Euro aufweisen. Rund ein Drittel der betrachteten Produkte sind Dachfonds.

Im Schnitt weniger Rendite


Das Ergebnis der Studie: Mischfonds, die auf Einzeltitel setzen, erzielten über einen Zeitraum von zehn Jahren in allen vier Vergleichsgruppen im Durchschnitt höhere Renditen als Dachfonds. Der größte Unterschied in der Wertentwicklung besteht in der Vergleichsgruppe "Mischfonds global ausgewogen". Während die Einzeltitelfonds auf eine jährliche Rendite von durchschnittlich 5,52 Prozent kommen, schafften die Dachfonds im Schnitt nur 4,63 Prozent Plus pro Jahr. Das ist ein Performance- Unterschied von annähernd 0,9 Prozentpunkten p. a. über zehn Jahre.

Nah zusammen liegen die durchschnittlichen Wertentwicklungszahlen zwischen Dach- und Einzeltitelfonds in der Kategorie "Mischfonds global dynamisch". "Dort ist nahezu kein Unterschied messbar", sagt Studienautor Andreas Köchling. "Einzeltitelfonds liegen nur marginal vorn." Im Durchschnitt erzielten sowohl Dach- als auch Einzeltitelfonds eine Rendite p. a. von 6,65 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Das ist zugleich der höchste Performance-Wert der vier untersuchten Vergleichsgruppen (s. Tabelle unten).

Für Köchling kommen diese Ergebnisse nicht völlig überraschend. "Dass Dachfonds weniger Performance erzielen, ist aufgrund der zusätzlichen Kostenbelastung erwartbar", sagt er. Diese entstehe durch die zusätzliche Ebene des Dachfonds-Managements und betrage im Durchschnitt über alle Vergleichsgruppen 0,46 Prozent pro Jahr. Sprich: Dachfonds kosten im Schnitt einen halben Prozentpunkt mehr als Portfolios, die auf Einzeltitel setzen. Zur Einordnung: Ihr Performance-Nachteil gegenüber Einzeltitelfonds beträgt über die vier Vergleichsgruppen rund 0,6 Prozentpunkte p. a. im Schnitt.

Kaum Unterschiede bei Volatilität


Dass höhere Kosten einen Teil der Rendite verschlingen, ist leicht nachvollziehbar. Können Dachfonds aber ­dafür punkten, wenn es um die Volatilität geht, also die Schwankungsbreite ihres Portfolios? Schließlich wollen sie ja durch die breite Streuung des Anla­gekapitals auf viele Fonds einen zusätzlichen Diversifikationseffekt erzielen. Der sollte sich doch in einem geringeren Risiko für Anleger auszahlen.

Dem ist leider nicht so. So hat die Scope-­Studie festgestellt, dass die Vo­latilitätsunterschiede zwischen Dach- und Einzeltitelfonds vergleichsweise gering sind. In zwei der vier Vergleichsgruppen weisen die Einzeltitelfonds im Schnitt sogar eine geringere Volatilität auf (siehe Tabelle unten). Eine Ausnahme bildet die Kategorie "Mischfonds global konservativ". Dort haben Dachfonds mit durchschnittlich 3,48 Prozent eine spürbar geringere Schwankungsbreite als Einzeltitelfonds mit 4,45 Prozent.

"Dass Dachfonds trotz breiterer Diversifikation kaum nennenswerte Volatilitätsvorteile erzielen, überrascht", sagt Studienautor Köchling. Eine mög­liche Erklärung sei, dass bereits Einzeltitelfonds über ein breit gestreutes Portfolio verfügen. Eine weitergehende Diversifikation über Fonds bringe kaum zusätzliche Vorteile.

Was bedeuten diese Ergebnisse für Anleger? Käufer eines Dachfonds sollten nicht erwarten, dass sie selbst über einen langen Zeitraum von zehn Jahren in puncto Rendite und Volatilität besser abschneiden als mit einem gewöhnlichen Mischfonds. Am ehesten hat man mit einem dynamischen Portfolio (Aktienquote mindestens 70 Prozent) die Chance, eine gleichwertige Rendite zu Einzeltitelfonds zu erzielen. Wem eine möglichst schwankungsarme Wertentwicklung wichtig ist, für den sind konservativ ausgerichtete Dachfonds (Aktienquote höchstens 30 Prozent) eine Alternative zu entsprechenden Einzeltitelfonds - wenn man Abstriche bei der Rendite hinnehmen kann.

Diese Empfehlungen gelten allgemein für Dachfonds. Denn - und das ist wichtig - es gibt auch bei dieser Gattung durchaus überzeugende Produkte. So weist Scope in seiner Studie darauf hin, dass von den rund 550 Dachfonds in den untersuchten Vergleichsgruppen derzeit 154 eine Top-Bewertung der Rating­agentur halten. Das entspricht einer Quote von 28 Prozent. "Fonds mit einem Top-Rating entwickeln sich in der Regel deutlich besser als der jeweilige Durchschnitt der Vergleichsgruppe", sagt Analyst Köchling. Auffällig sei, dass in drei der vier untersuchten Gruppen die Top-Ratingquote der Dachfonds höher ausfalle als die der Einzeltitelfonds.

Wie so häufig hilft der breite Durchschnitt auch bei der Entscheidung für einen Dachfonds nicht weiter. Am Ende müssen Anleger ein Portfolio genau ­unter die Lupe nehmen. Einige empfehlenswerte Produkte mit Top-Rating von Scope und FondsNote 1 sind rechts in der Investor-Info zu finden.

Investor-Info

Premium Stars Chance
Auf Wachstum gepolt


In der Palette von Allianz Global Investors ­findet sich dieses Portfolio, das vorwiegend in Aktienfonds anlegt und damit seit vielen Jahren sehr erfolgreich ist. Aktuell hat Fondsmanager René Gärtner einen S & P-500-ETF stark gewichtet, um von der dynamischen US-Börse zu profitieren. In den vergangenen zehn Jahren erzielte der Premium Stars Chance einen durchschnittlichen jährlichen Wertzuwachs von 10,6 Prozent und hängte damit auch viele Einzeltitelfonds ab.

Top Vermögen - Concept Value
Feintuning mit Derivaten


Eine flexible Anlagestrategie verfolgt dieser Dachfonds. Sein Fokus liegt auf regional investierenden Aktienfonds. Ein Mix aus wert- und wachstumsorientiertem Ansatz sollte die Zielportfolios auszeichnen. Daneben können die Fondsmanager Derivate wie Optionen und Futures zur Absicherung oder Rendite­optimierung einsetzen. Das klappte über die vergangenen zehn Jahre sehr erfolgreich, was sich in einer durchschnittlichen Rendite von 6,5 Prozent p. a. widerspiegelt. Das Fondsvolumen ist noch überschaubar.

Portfolio Management Solide
Konservative Aufstellung


Dieser Dachfonds der österreichischen Gesellschaft Kepler zählt zu den konservativen Vertretern der Gattung. Fondsmanager Roland Himmelfreundpointner investiert zu rund 70 Prozent in Anleihe- und zu 30 Prozent in Aktienfonds. Von dieser strategischen Aufteilung kann er um jeweils zehn Prozentpunkte abweichen. Mit einer Wertentwicklung von 5,6 Prozent p. a. über die vergangenen zehn Jahre liegt der Fonds deutlich vor dem Durchschnitt seiner Vergleichsgruppe.