Einige Angestellte in Singapur selbst könnten sich nach den dort geltenden Gesetzen jedoch strafbar gemacht haben, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme zu den Ergebnissen der Untersuchung, die seit Wochen erwartet worden waren.
Die Wirecard-Aktie, die seit der Veröffentlichung der Vorwürfe eines internen Hinweisgebers in der "Financial Times" (FT) steil abgestürzt war, schoss um bis zu 32 Prozent auf 130 Euro nach oben. Die Papiere gingen mit einem Plus von 26,3 Prozent auf 125 Euro aus dem Handel, dem größten Tagesgewinn seit mehr als zehn Jahren. "Die ganze 'Ermittlung' des FT-Journalisten, der seit vielen Jahren negativ gegenüber Wirecard eingestellt ist, entbehrt jeder fundamentalen Grundlage", schrieben die Analysten von Hauck & Aufhäuser in einer ersten Einschätzung. "Wirecard und sein Management sind offenbar zur Gänze entlastet."
Die Untersuchung habe weder interne Karussellgeschäfte - also Geldflüsse ohne wirtschaftliche Grundlage - noch Hinweise auf Korruption ergeben, stellte Wirecard fest. Nur zwei Bilanzposten im Umfang von zusammen 5,5 Millionen Euro müssten korrigiert werden - bei einem Umsatz von zwei Milliarden Euro. Finanzieller Schaden sei nicht entstanden. Die "FT" hatte von einem möglichen System von Scheingeschäften bei Wirecard in Asien geschrieben, das der Bilanzchef für Asien aufgebaut habe. Und Top-Manager in Deutschland hätten zumindest teilweise von den fragwürdigen Transaktionen gewusst.
In der von Wirecard veröffentlichten und von Rajah & Tann beglaubigten Zusammenfassung heißt es, es gebe keine Anhaltspunkte für Straftaten in der deutschen Konzernzentrale. Den Bilanzchef in Singapur hatte Wirecard nach einer internen Untersuchung bereits für entlastet erklärt. Das Unternehmen hatte das Auftreten des Hinweisgebers mit einem Streit unter Mitarbeitern zu erklären versucht. Die Behörden in dem Stadtstaat ermitteln jedoch weiter gegen das Unternehmen.
WAS SICH DIE ANWÄLTE NICHT ERKLÄREN KÖNNEN
Fragwürdige Transaktionen hat auch die Anwaltskanzlei bei der Untersuchung zutage gefördert. So gebe es unterzeichnete Vertragsentwürfe im Auftrag von Wirecard-Töchtern, die auf Vereinbarungen beruhten, denen keine echten Transaktionen zugrunde lägen. Geld geflossen sei in diesen Fällen aber nie. Einmal seien 2,3 Millionen Euro als Forderung gebucht worden, obwohl es mit dem Geschäftspartner keinen Vertrag gegeben habe. Einen Monat später sei die Buchung rückgängig gemacht worden. Einige Zahlungsflüsse zwischen Wirecard und Geschäftspartnern passten nicht zu den zugrundeliegenden Vereinbarungen. "Es gibt Hinweise, dass Verträge nur zum Zweck der Prüfung nach (dem internationalen Bilanzstandard) IFRS geschaffen wurden", heißt es in der Zusammenfassung.
Auf den Jahresabschluss für 2018 müssen die Anleger deshalb drei Wochen länger warten als geplant. Wirecard verschob die Veröffentlichung und die Bilanzpressekonferenz vom 4. April auf den 25. April. An der Erwartung eines operativen Gewinns (Ebitda) von 740 bis 800 Millionen Euro im laufenden Jahr habe sich nichts geändert.
Eine Serie von Berichten in der "Financial Times" hatte die erst im Herbst in den Leitindex Dax aufgerückte Aktie von Wirecard regelrecht abstürzen lassen. Vorstandschef Braun hatte die Anschuldigungen wiederholt als unbegründet zurückgewiesen. Finanzaufsicht und Staatsanwaltschaft hegen den Verdacht, dass Marktteilnehmer auf Grundlage der "FT"-Berichte den Aktienkurs vorsätzlich manipuliert haben. Deshalb verhängte die Wertpapieraufsicht Mitte Februar ein zweimonatiges Verbot von Leerverkäufen von Wirecard-Papieren. Trotzdem blieb die Aktie sehr schwankungsanfällig.
reuters