Wirecard-Chef Markus Braun geht nach wiederholten Börsenspekulationen über illegale Geschäfte bei dem Zahlungsabwickler in die Offensive. "Wir sind allen Vorwürfen nachgegangen. Jeder einzelne Punkt ist falsch. Das sind haltlose Unterstellungen", sagte Braun der Nachrichtenagentur Reuters und äußerte sich damit erstmals in einem Interview zu den jüngsten Anschuldigungen. "Die Behauptungen werden offensichtlich aufgestellt, um eine kurzfristige Kapitalmarktreaktion auszulösen. Wir wehren uns dagegen mit rechtlichen Maßnahmen."

Die Wirecard-Aktie ist im Technologie-Index TecDax seit dem 24. Februar um 20 Prozent abgestürzt, nachdem im Internet Betrugs- und Geldwäschevorwürfe gegen das Unternehmen erhoben wurden. Als Autor der Publikationen tritt eine bis dahin unbekannte Firma namens Zatarra Research & Investigations auf. Sie verwendet Internetadressen, die erst vor kurzem für anonyme Inhaber freigeschaltet wurden. Zatarra erklärte auf Reuters-Anfrage, man halte an den Vorwürfen fest. "Zatarra ist überzeugt von den Erkenntnissen", erklärte die Firma, die es ablehnte, Namen von Firmenvertretern oder Verantwortlichen zu nennen, in einer E-Mail. Man habe auch die Börsenaufsicht Bafin mit den Vorwürfen gegen Wirecard konfrontiert, aber keine Antwort erhalten. "Wir glauben, dass es genug Beweise für eine Untersuchung durch die Bafin gibt." Eine Bafin-Sprecherin lehnte einen Kommentar dazu ab.

Wirecard-Chef Braun wies die Vorwürfe zurück: "Durch die Komplexität der Anschuldigungen wird verschleiert, dass alles auf Unterstellungen und Fehlschlüssen aufbaut", sagte er. "Da werden alte Dinge wieder ausgegraben, die schon früher falsch waren." Wirecard war in den vergangenen Jahren mehrmals Ziel von Anschuldigungen, die zu Kurseinbrüchen führten, aber nie belegt wurden. Die Aktie wird oft für Leerverkäufe genutzt, bei denen Investoren von fallenden Kursen profitieren. Sie verkaufen geliehene Aktien und versuchen, diese bis zur Rückgabe billiger zurückzukaufen, um damit die Differenz als Gewinn einzustreichen. Zatarra räumte ein, selbst mit Wirecard-Titeln zu handeln. Diesen Vorgang nimmt die Bafin bereits unter die Lupe. Nähere Details zu ihren Untersuchungen nannte die Aufsichtsbehörde nicht.

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VORSTANDSCHEF STOCKT EIGENANTEIL AN WIRECARD-AKTIEN AUF



Braun verwahrte sich gegen Anschuldigungen, die Wirecard in Verbindung mit illegalem Glücksspiel brachten. "Im Bereich Glücksspiele arbeiten wir ausschließlich mit regulierten Anbietern, die dem lokalen Recht und den Anforderungen von Visa und Mastercard entsprechen", sagte der Vorstandschef. Wirecard mache lediglich sieben Prozent seines Geschäfts mit Glücksspielanbietern. Das Unternehmen wickelt für Händler, Reiseanbieter und Telekom-Firmen weltweit bei Online-Käufen die Zahlungen ab. Braun betonte, Wirecard werde aufgrund seiner Banklizenz besonders genau von den Behörden kontrolliert.

Eine in Großbritannien registrierte Firma namens Wire Card UK, die von Zatarra mit angeblich dubiosen Teilhabern in Verbindung gebracht wird, habe nie zum Konzern gehört, sagte Braun. Sie sei von einem Spezialanbieter als so genannte Vorratsgesellschaft für Wirecard eingerichtet worden. Sie habe als Holding für einen Zukauf dienen sollen, der aber nicht zustande gekommen sei. "Weil wir die Gesellschaft schließlich doch nicht benötigt haben, wurden wir nie Anteilseigner. Wire Card UK wurde 2010 aufgelöst", sagte Braun.

Der Vorstandschef ist mit einem Anteil von sieben Prozent zum Hauptaktionär von Wirecard aufgestiegen. Seine MB Beteiligungsgesellschaft hat ihren Anteil seit Jahresbeginn mehrfach aufgestockt - auch nach dem jüngsten Kurseinbruch. Einen Zusammenhang damit verneinte Braun allerdings. "Ich verfolge eine langfristige Strategie", sagte der Manager. "Meine Aktienkäufe beruhen ausschließlich darauf, dass ich an eine kraftvolle Entwicklung des Unternehmens glaube."

Er bekräftigte die Erwartung, dass Wirecard den Betriebsgewinn (Ebitda) 2016 auf 280 bis 300 Millionen Euro steigern werde. "Ich würde das sogar als konservative Prognose bezeichnen. Wir sind sehr gut in dieses Jahr gestartet", sagte Braun. Im vergangenen Jahr war der Betriebsgewinn um 31 Prozent auf 227 Millionen Euro geklettert. Das Technologie- und Finanzunternehmen aus Aschheim bei München, das im Jahr 2000 an die Börse ging, hat seit der darauffolgenden Krise am Neuen Markt Umsatz, Gewinn und Aktienkurs vervielfacht.

Reuters