Der wegen Betrugsvorwürfen in schwere Turbulenzen geratene Zahlungsabwickler Wirecard hat erneut alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Vorstandschef Markus Braun versprach in einem Interview mit der "Frank-furter Allgemeinen Zeitung" rasche Aufklärung der Vorgänge in Asien, die zu dem dramatischen Kurssturz Anfang Februar geführt hatten. Der Aktienkurs werde sich erholen. Das operative Geschäft laufe derweil "weiterhin sehr stark", sagte Braun. Nach dem Interview lag der Wirecard-Kurs am Freitag zwei bis drei Prozent im Plus.
Unterdessen hat die Finanzaufsicht Bafin ihr umstrittenes Verbot von Kurswetten gegen die Wirecard-Aktie verteidigt. Gleichzeitig kündigte die Behörde weitere Untersuchungen an. "Wir prüfen den Fall Wirecard in alle Richtungen", sagte eine Bafin-Sprecherin gegenüber dem Finanzportal boerse-oniine.de. Sie wollte sich nicht äußern, welche Hinweise auf Marktmanipulation konkret vorliegen. "Unsere Untersuchung läuft noch. Sobald wir konkrete Anhaltspunkte für Marktmissbrauch haben, erstatten wir Anzeige."
Bislang einmaliges Verbot
Die Finanzaufsicht hatte zu Wochenbeginn in einem bislang einmaligen Schritt ein Verbot sogenannter Leerverkäufe bei einem Einzelwert verhängt. Investoren sind demnach Wetten mit geliehenen Aktien auf einen sinkenden Kurs der Wirecard-Aktie untersagt. Die Bafin begründete dies mit einer deutlichen Zunahme der Leerverkaufspositionen, die das Marktvertrauen bedrohten. Ein derartiges Verbot von Kurswetten bei einem Einzelwert hatte es zuvor noch nicht gegeben. Während der Finanzkrise 2008 hatte die Bafin ein Leerverkaufsverbot für elf Aktien aus dem Finanzbereichverhängt, darunter Allianz und Deutsche Bank.
Parallel zu den Wetten waren Berichte in der "Financial Times" über finanzielle Unregelmäßigkeiten bei Wirecard aufgetaucht, die zu drastischen Kurseinbrüchen führten. Nach dem Bafin-Verbot hat sich der zeitweise um 40 Prozent eingebrochene Wirecard-Kurs wieder stabilisiert. Mit 113 Euro notierte das Papier zuletzt aber noch weit unterhalb der 200-Euro- Schwelle, an die die Bewertung beim DAX-Aufstieg von Wirecard im September 2018 heranreichte. Zahlreiche Analysten sehen das als Kaufgelegenheit.
Wetten mit Derivaten weiterhin möglich
Ausgenommen vom Leerverkaufsverbot sind nach einer Allgemeinverfügung der Bafin sogenannte Market Maker. Dazu zählen vor allem Emittenten von Derivaten wie die Société Générale (SG). "Wir bieten Anlegern weiterhin die Möglichkeit, mittels Turbos, -Optionsscheinen, Inlinern und Faktor-Zertifikaten sowohl an fallenden als auch steigenden Kursen von Wirecard zu partizipieren. Auch eine Absicherung bestehender Positionen ist etwa mit Put-Optionsscheinen oder Short-Turbos möglich", so SG-Derivate-Experte Stefano Angioni. Die meisten Emittenten offerieren ihre Produkte weiterhin, einige verzichten aber darauf, weil die Absicherung ihrer Positionen bei Wirecard schwierig und kostspielig ist. Diejenigen Anleger, die solche Short-Papiere schon unmittelbar vor der Leerverkaufsuntersagung erworben haben, haben bisher keine Freude daran. Sie sitzen auf hohen Buchverlusten, da die Aktie nach dem Verbot stark angezogen hat.