Die klassische Frage, was zuerst kam – die Henne oder das Ei – ist für das jüngste Investment des Münchner Agrarhändlers BayWa obsolet: Mit mehr als fünf Millionen Euro steigen die Bayern zusammen mit anderen Investoren beim Berliner Start-up Neggst Foods ein. Von Carl Batisweiler
Das von ehemaligen Mitarbeitern der Fraunhofer Gesellschaft gegründete Unternehmen hat ein veganes Produkt entwickelt, das vom Eigelb bis zur Schale einem Hühnerei gleicht, aber aus rein pflanzlichen Inhaltsstoffen, unter anderem aus Erbsen besteht. Auch in der Anwendung soll das Neggst-Ei wie ein Hühner-Produkt genutzt werden können – vom Spiegel- oder Rührei in der Pfanne bis zur Zutat für Kuchen oder andere Küchengerichte.
„Mit unserem Engagement tragen wir zum weiteren Wachstum der Neggst Foods GmbH bei. Gleichzeitig sind wir Partner bei der pflanzlichen Rohwarenbeschaffung aus regionalem Anbau“, sagt Marcus Pöllinger, BayWa Vorstandsmitglied und unter anderem für das deutsche Agrargeschäft verantwortlich. „Der Bedarf an pflanzlichen Alternativen zu herkömmlichen Proteinquellen wird in den kommenden Jahren steigen. Für Landwirte ergeben sich daraus neue attraktive Absatzwege für pflanzliche Agrarrohstoffe.“ Zusätzlich zur Tierhaltung, die auch in Zukunft eine tragende Säule im deutschen Agrargeschäft sein wird, investiere die BayWa deshalb verstärkt in den noch jungen Markt für alternative Proteine, so der designierte CEO der Münchner.
Agrarhändler BayWa investiert in veganes Start-up
Die unter der Marke Neggst entwickelte Ei-Alternative wird bereits im Werk von Zentis, einem der größten europäischen Produzenten für Frucht, Nuss und Cerealien Ingredients, in Aachen produziert. Der Markteintritt ist für das vierte Quartal dieses Jahres geplant. „Eier waren 2021 in den USA die am schnellsten wachsende pflanzenbasierte alternative Kategorie: Der Umsatz nahm um 42 Prozent zu, während der konventionelle Eierverkauf um vier Prozent zurückging“, sagt Kristal Robles-Golan, Head des neuen Geschäftsbereichs New Protein Solutions bei der BayWa AG. „Der Markt von pflanzlichen Alternativen in Europa ist noch jung, wächst aber stark. Hierzu funktionale, nachhaltige und geschmackvolle Lösungen anzubieten, ist eine der Kern-Herausforderungen.“
Neben ihrer Beteiligung an der Neggst Foods GmbH ist die BayWa Venture GmbH aktuell in vier weitere technologiebasierte Protein Start-ups investiert: Amfora, Amai Proteins, YoFix Probiotics und Kern Tec. Das Biotechnologie-Unternehmen Amfora arbeitet an einem Verfahren, bei dem mit Hilfe der Genschere (Genom Editing) der Proteingehalt von Pflanzen, unter anderem Soja, erhöht werden kann. Amai Proteins, Gesamtsieger der Extreme Tech Challenge 2022, konzipiert Spezial-Proteine als Zutat für die Lebensmittelindustrie, etwa als Süßstoff. Die Herstellung erfolgt mit Hilfe eines computergestützten Verfahrens und Mikroorganismus-Präzisionsfermentation. YoFix Probiotics produziert Alternativen zu Molkereiprodukten wie Joghurt oder Haferbrei (Porridge). Statt Milch werden Hafer, Linsen, Sonnenblumenkerne, Sesam sowie Kokosnüsse als Grundzutat verarbeitet. Die Kern Tec GmbH in Österreich ist ein FoodTech Start-up, das aus Obstkernen, die als Reststoffe in der Frucht- und Saftindustrie bislang ungenutzt blieben, hochwertige Öle und Proteinmehle für die menschliche Ernährung produziert.