Kann der DAX nach den deutlichen Gewinnen am Vortag seine Rallye fortsetzen? Diese Nachrichten bewegen den deutschen Leitindex jetzt. Außerdem im Fokus der Anleger: die Aktien von Evotec, Air Liquid, Stratec und Delivery Hero.
Nach dem Kurssprung zur Wochenmitte hat sich der deutsche Aktienmarkt am Donnerstag erst einmal eingependelt. Gewinne und Verluste hielten sich zuletzt in etwa die Waage.
Der Leitindex DAX war am Vormittag zwischenzeitlich um mehr als ein Prozent gefallen, bevor er sich etwas erholte. Am frühen Nachmittag stand ein Minus von 0,3 Prozent auf 21.889 Punkte zu Buche. Am Mittwoch hatte der Dax noch seine jüngste Erholung beschleunigt und zeitweise sogar die runde Marke von 22.000 Punkte überschritten.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen legte nach anfänglichen Verlusten um 0,2 Prozent auf 27.709 Zähler zu. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 wiederum ging es um 0,2 Prozent nach unten.
Derweil bleibt die Lage im Zollstreit zwischen den USA und dem Rest der Welt unklar. Hatten am Vortag noch Entspannungssignale die Börsen angetrieben, gab es nun Ernüchterung. China wies eine Darstellung von US-Präsident Donald Trump zurück, wonach beide Seiten im Handelsstreit in direktem Kontakt stünden. Zuvor hatten bereits Aussagen der US-Regierung Hoffnungen auf eine baldige Einigung gedämpft. So hat Trump seinem Finanzminister Scott Bessent zufolge China im Zollstreit kein einseitiges Angebot gemacht.
Gleichwohl verbesserte sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft trotz der Unsicherheiten wegen der US-Zollpolitik überraschend. Das Ifo-Geschäftsklima stieg im April unerwartet. "Ein kleines Licht am Ende des Tunnels", kommentierte Analyst Elmar Völker von der Landesbank Baden-Württemberg das Ergebnis der Ifo-Umfrage. Es bestehe aber kein Grund, in Jubelstimmung zu verfallen. Offenbar glaubten die Unternehmen, sich an die neuen Zustände in der Weltwirtschaft anpassen zu können, sagte Chefvolkswirt Ulrich Kater von der Dekabank. "Die Hoffnungen ruhen insbesondere auf dem europäischen Binnenmarkt sowie auf anderen großen Wirtschaftsregionen außerhalb der USA."
In diesem Umfeld griffen die Anleger bei den als defensiv geltenden Immobilienwerten zu. So gewannen etwa Vonovia 2,6 und TAG Immobilien 4 Prozent. Analyst Manuel Martin von der Investmentbank Oddo BHF schrieb, Immobilienaktien hätten sich seit den Zoll-Ankündigungen durch Trump als widerstandsfähig erwiesen. Besonders bei deutschen Branchenwerten werde diese Eigenschaft unterstrichen durch die Stärke des Mietmarktes und die Attraktivität für Investitionen.
Derweil gewinnt die Berichtssaison der Unternehmen weiter an Fahrt. So wuchs der Sportartikelkonzern Adidas zum Jahresauftakt kräftig. Umsatz und operatives Ergebnis stiegen stärker als erwartet. Die Bank of America empfahl daraufhin die Aktien zum Kauf. Diese zogen im Dax um 2,7 Prozent an.
Vossloh startete mit einem unerwarteten Umsatzrückgang ins Jahr. Der Schienen- und Verkehrstechnik-Konzern erklärte die Entwicklung mit späteren Auslieferungen nach China. Zugleich brach der Gewinn noch stärker ein als gedacht. Ein Auftragsbestand in Rekordhöhe jedoch stimmt den Vorstand zuversichtlich, seine angekündigten Jahresziele zu erreichen. Für die Vossloh-Aktien ging es um 3,3 Prozent nach unten. Damit waren sie das Schlusslicht im Nebenwerteindex SDax.
Die jüngst gut gelaufenen Anteilsscheine von Delivery Hero schwankten stark und fielen zuletzt um 1,7 Prozent. Der Essenslieferdienst war zwar mit weiterem Wachstum ins neue Jahr gestartet. Analyst Marcus Diebel von der US-Bank JPMorgan sprach denn auch von einer in Summe überraschend guten Umsatzentwicklung. Negativ allerdings hob er die in Asien eher schwachen Geschäfte hervor
Aktien von Stratec im Fokus
Der erneute Aufschub des Geschäftsberichts für 2024 hat am Donnerstag die Anleger von Stratec nicht beunruhigt. Vorgelegte Eckdaten des Laborausrüsters kamen gut an. Die Aktien zählten mit einem Plus von zuletzt 3,3 Prozent im SDax zur Spitzengruppe.
Stratec hatte am Vorabend nach Börsenschluss bekannt gegeben, dass sich der Termin für die Veröffentlichung des vollständigen Jahresberichts weiter verzögert wegen Änderungen der Bilanzierungsmethodik in Bezug auf Entwicklungskooperationen. Bereits vor gut einem Monat hatte Stratec Zahlenvorlage und Aktionärstreffen verschoben.
Die Analysten Michael Heider von Warburg Research und Alexander Neuberger von Metzler betonten zudem, dass die letzten Entwicklungen im vergangenen Geschäftsjahr und gute Perspektiven für das erste Quartal das Szenario einer Geschäftserholung ganz klar stützten.
Aktien von Air Liquide im Fokus
Der französische Gasehersteller Air Liquide ist mit Zuwächsen in das neue Jahr gestartet. Der Umsatz stieg im ersten Quartal um 5,7 Prozent auf gut sieben Milliarden Euro, wie der Linde-Konkurrent am Donnerstag in Paris mitteilte. Air Liquide profitierte von positiven Währungseffekten sowie höheren Energiepreisen, die das Unternehmen an die Kunden weiterreichen konnte. Auf vergleichbarer Basis - sprich währungs- und portfoliobereinigt - kletterten die Erlöse um 1,7 Prozent. Die Nachfrage nach medizinischen Gasen blieb dabei den Angaben zufolge anhaltend hoch. Die Entwicklung fiel im Rahmen der Analystenerwartungen aus.
Für 2025 sieht sich Air Liquide auf Kurs und strebt weiterhin eine höhere Profitabilität an. Das hob Analyst Peter Clark von Bernstein Research in einer ersten Reaktion hervor, denn das Geschäftsumfeld sei aktuell schließlich durch viele Unsicherheiten geprägt. Insgesamt liefere Air Liquide beständig, schrieb er zudem mit Blick auf die Entwicklung im ersten Quartal. Das positive Umfeld für die Verkaufspreise sei nach wie vor intakt.
An der Börse griffen die Anleger bei den Aktien zu. Der Kurs stieg bis zum Nachmittag um 2,6 Prozent auf gut 179 Euro. Das bedeutete einen der vorderen Plätze im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50. Nach einem Rückschlag bis auf 159 Euro in der ersten Aprilhälfte im Sog der Zollkapriolen der US-Regierung nähert sich der Kurs damit weiter dem im März erreichten Rekordhoch von knapp 186 Euro
Aktien von Delivery Hero im Fokus
Die Aktien von Delivery Hero haben nach der Vorlage detaillierter Geschäftszahlen an ihre jüngste Erholung angeknüpft. Die Papiere des Online-Essenslieferanten notierten am Donnerstag im vorbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate knapp ein Prozent über dem Xetra-Schluss am Mittwoch. Bereits zur Wochenmitte hatte der angekündigte Rückzug des Unternehmens aus dem als unattraktiv geltenden Markt in Thailand für Schwung gesorgt.
Nun sprach Experte Giles Thorne vom Investmenthaus Jefferies von soliden Zahlen zum ersten Quartal. Der Bruttowarenwert habe fast exakt den Erwartungen entsprochen und der Segmentumsatz habe die von Delivery Hero selbst erhobene Markterwartung sogar übertroffen. Thorne hob zudem die Bestätigung der Prognose positiv hervor.
Auch Marcus Diebel von der Bank JPMorgen sprach in einer ersten Reaktion von einer in Summe überraschend guten Umsatzentwicklung. Allerdings könnten die in Asien eher schwachen Geschäfte die Freude der Anleger etwas dämpfen.
Aktien von Evotec im Fokus
Den Aktien von Evotec winkt am Donnerstag ein charttechnischer Befreiungsversuch. Vorbörslich schnellte der Kurs des Wirkstoffforschers im Tradegate-Handel um 7,1 Prozent hoch, nachdem Erfolge in einer Partnerschaft mit dem Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb vermeldet wurden.
Im Tradegate-Handel gezahlte 7,70 Euro würden auf Xetra nicht nur ein Hoch seit Anfang März bedeuten. Erstmals in diesem Zeitraum könnte der Kurs damit auch wieder über die 200-Tage-Linie steigen, die bei Anlegern ein sehr beliebter Langfristindikator ist.
Wegen Fortschritten im Bereich des Proteinabbaus winken Evotec 75 Millionen Dollar aus der Forschungsallianz mit Bristol-Myers Squibb. Außerdem gab die Deutsche Bank am Donnerstag ihre bisherige Verkaufsempfehlung für die Aktie auf. Analyst Fynn Scherzler verwies dabei auf die neuen Zielsetzungen des Unternehmens, die vor einer Woche vorgestellt wurden.
Diese seien richtungsweisend und machten für 2025 einen erreichbaren Eindruck. Gleichwohl werde das laufende Jahr ein Übergangsjahr bleiben, argumentierte er für seine nun neutrale Einschätzung mit "Hold".
Enthält Material von dpa-AFX
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