Seit dem 21. Oktober hat der Goldpreis in der Spitze mehr als zehn Prozent verloren. Jetzt folgte der nächste Nackenschlag. Sollten Anleger diesen als Verkaufssignal oder als Einstiegschance interpretieren?

Der starke Einbruch des Goldpreises in der zweiten Oktoberhälfte hatte mehrere Ursachen. Zum einen war das gelbe Edelmetall noch tags zuvor auf ein neues Allzeithoch bei rund 4.381 Dollar geklettert, was die Rallye endgültig überhitzt erscheinen ließ. In der Folge setzten massenhafte Gewinnmitnahmen ein. Das lag auch daran, dass der Dollarkurs in höhere Regionen tendierte und sich gleichzeitig Entspannungstendenzen im Handelsstreit zwischen den USA und China abzeichneten. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Preisrückgang war weniger Ausdruck fundamentaler Angebots- oder Nachfrageschwächen – vielmehr war es eine charttechnische sowie stimmungsgetriebene Korrektur nach einer überhitzten Rallye.

Fed-Chef Powell wird vorsichtiger

Es folgte die jüngste Fed-Sitzung - auf die der Goldpreis erneut negativ reagierte. Und dies, obwohl die US-Notenbank die Zinsen erneut um 25 Basispunkte senkte, was Gold eigentlich in die Hände spielen sollte. Doch Fed-Chef Jerome Powell ließ eine weitere Zinssenkung in diesem Jahr ausdrücklich offen und und schlug damit einen weniger „taubenhaften“ Ton an, als die Märkte erwartet hatten. Die reduzierte Aussicht auf kurzfristig sinkende Zinsen stärkte den US-Dollar und ließ die Renditen von Staatsanleihen ansteigen – beides belastet in der Regel den Goldpreis, da Gold keine laufenden Erträge abwirft. Zudem sorgt die Uneinigkeit innerhalb der Fed über den geldpolitischen Kurs für Unsicherheit. Anleger rechnen weiter damit, das die Fed auch aufgrund des politischen Drucks nichts tun wird, was die Börsen schwächt. Das erhöht die Risikoneigung der Anleger und führte ebenfalls zu Verkäufen bei Gold. 

Warum man Gold weiterhin haben sollte

Der jüngste Anstieg der Anleiherenditen hat viele Anleger an den Finanzmärkten über den Verkauf von Gold nachdenken lassen. Schließlich steigen mit höheren Zinsen auch die Opportunitätskosten des Haltens (-> Zinsverzicht) des Edelmetalls. Doch dieser Gedankengang greift zu kurz. Denn steigende Renditen spiegeln auch die wachsenden Risiken im globalen Finanzsystem wider. Je höher die Renditen, desto deutlicher wird das Misstrauen der Investoren gegenüber der den Staaten und ihrer Schuldentragfähigkeit. Die rapide wachsenden Haushaltsdefizite und Staatsverschuldungen - insbesondere in den USA - zeigen, dass Zinsen heute nicht mehr nur ein Preis für Kapital sind, sondern auch ein Risikoindikator.

Während Staatsanleihen letztlich Versprechen von Regierungen darstellen, ist physisches Gold frei von solchen Verpflichtungen. Es birgt kein Kontrahenten- und kein Emittentenrisiko und keine Ausfallgefahr. Als substanzieller Sachwert ist es gerade in Zeiten struktureller Unsicherheiten besonders nützlich. Der anhaltende Shutdown in den USA verdeutlicht, wie fragil selbst das Rückgrat der Weltfinanzmärkte geworden ist. Wenn der Staat, dessen Währung als globale Leitwährung fungiert, temporär seinen Zahlungen nicht nachkommen kann, spricht dies gegen Staatsanleihen - und für Gold.

Gleichzeitig ist die globale Goldquote institutioneller und privater Anleger historisch immer noch niedrig. Viele Portfolios sind stark auf Aktien und Anleihen fokussiert, während Gold, trotz der jüngsten Kursgewinne, meist nur eine untergeordnete Rolle spielt. Daraus ergibt sich langfristig ein Nachholpotenzial, sollte die Unsicherheit an den Kapitalmärkten weiterhin anhalten. Zahlreiche Studien belegen, dass die Beimischung von Gold in ein diversifiziertes Portfolio die risikoadjustierte Rendite verbessert, weil Gold in Krisenzeiten tendenziell gegenläufig zu Risikoanlagen performt und somit das Gesamtrisiko des Portfolios senkt.

Fazit: Aus charttechnischer Sicht befindet sich der Goldpreis aktuell in einer Bodenbildungsphase unterhalb von 4.000 Dollar. Zwar kann ein temporäres Unterschreiten der Unterstützungszone bei 3.940 Dollar nicht ausgeschlossen werden, positiv stimmt aber, dass die kurzfristige 38-Tage-Linie bislang nicht verletzt wurde und trotz des Absackers weiterhin eine steigende Tendenz aufweist. Letzteres trifft übrigens auch auf die langfristige 200-Tage-Linie zu, die derzeit bei 3.340 Dollar verläuft und somit einen ordentlichen Puffer von über 600 Dollar zum aktuellen Goldpreis bietet. Unter fundamentalen Gesichtspunkten spricht ohnehin mehr für als gegen den Kauf von Gold. Angesichts steigender systemischer Risiken, wachsender Schuldenberge und politischer Unsicherheiten erscheint ein vorschneller Ausstieg aus dem Edelmetall daher verfrüht. Gold bleibt der ultimative Krisen-, Vermögens- und Inflationsschutz.

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Gold (ISIN: XC0009655157)

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