FRANKFURT (dpa-AFX) - Weitere Kursverluste haben den Dax am Donnerstag unter die viel beachtete Marke von 16 000 Punkten gedrückt. Am Mittag konnte der deutsche Leitindex bei 15 927,54 Punkten sein Minus aber gut halbieren auf 0,60 Prozent. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen drehte sogar ins Plus und gewann zuletzt 0,42 Prozent auf 26 694,31 Punkte, während beim Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ein Minus von 1,06 Prozent auf 4277,13 Punkte verzeichnete. Die Aussicht auf in diesem Jahr weiter steigende US-Leitzinsen nach der jüngst eingelegten Zinspause belastet derzeit die Börsen.

Der Dax notiert zwar weiter unter der 21- und der 50-Tage-Linie als Indikatoren für den kurz- bis mittelfristigen Trend. Er blieb aber auch im Tagestief knapp über seiner Unterstützungszone, die Marktexperte Salah-Eddine Bouhmidi vom Broker IG zuletzt bei rund 15 800 Punkten verortete. Er sieht bereits eine Gegenbewegung im Gange und macht für die Verluste weniger die Zinssorgen als das dünne Handelsvolumen verantwortlich.

Andere Beobachter hatten bereits am Morgen den Kursrückgang nicht zu hoch hängen wollen. So hatte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners betont, es gebe noch immer genügend Anleger, die die Rally ganz oder in Teilen verpasst hätten und einen größeren Rücksetzer sicherlich dankbar zum Kaufen nutzen würden. Und für die Experten der Landesbank Helaba bleibt der Dax-Rückgang oberhalb der Unterstützungen im Bereich 15 600 bis 15 700 Punkten lediglich eine Korrektur.

An diesem Donnerstag stehen die Zinsentscheide mehrerer Notenbanken auf der Agenda, allerdings überwiegend aus der zweiten Reihe. Bereits kurz nach dem Börsenstart in Europa wurde bekannt, dass die Schweizer Währungshüter im Kampf gegen die hohe Inflation den Leitzins erwartungsgemäß um weitere 0,25 Prozentpunkte angehoben haben und weitere Anhebungen nicht ausschließen. Etwas später informierte die norwegische Notenbank über einen größer als mehrheitlich von Experten erwartet ausgefallenen Zinsschritt von 0,5 Punkten und stellte für August eine weitere Anhebung in Aussicht.

In Kürze berichten noch die Bank of England sowie die türkische Notenbank über ihre weitere Geldpolitik, wobei vor allem erstere im Fokus steht. Ähnlich wie andere Marktbeobachter hält es Analyst Michael Hewson von CMC Markets UK für möglich, dass auch die Briten ihren Leitzins mit 0,5 Punkten stärker als erwartet nach oben schrauben werden. Er verwies auf die am Vortag veröffentlichten Inflationszahlen. Entgegen dem prognostizierten Rückgang war die Teuerung im Mai auf dem Niveau des Vormonats geblieben und die Kerninflation sogar auf ein 31-Jahres-Hoch geklettert.

Unternehmensnachrichten waren am Donnerstag Mangelware. Die Aktien der Merck KGaA berappelten sich nach einem Tief seit Juni 2021 und gewannen zuletzt 1,7 Prozent. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete mit Verweis auf Kreise, dass sich der chinesische Farbmittel-Hersteller Chesir für die Pigmentsparte des Chemie- und Pharmaunternehmens interessiere.

Ansonsten standen Analystenstudien im Fokus. Die Aktien des Pharma- und Laborausrüsters Sartorius standen zuletzt wieder knapp im Minus, nachdem die Privatbank Berenberg ein Kaufvotum ausgesprochen hatte. Damit konnten sie sich indes weiter stabilisieren, nachdem überraschend stark gesenkte Jahresziele sie am Montag auf Talfahrt geschickt hatten.

Im MDax zählten der Windkraftanlagen-Hersteller Nordex und der Essenslieferdienst Delivery Hero mit Kursgewinnen von 4,3 Prozent und knapp 3 Prozent zu den besten Werten. Die französische Investmentbank Exane BNP Paribas stufte Nordex mit Blick auf die seit Jahresbeginn unterdurchschnittliche Kursentwicklung auf "Outperform" hoch. Sie lobte in ihrer Branchenstudie zudem die starke Präsenz auf dem deutschen Heimatmarkt.

Derweil nahm die US-Investmentbank Goldman Sachs die Beobachtung von Delivery Hero mit einer Kaufempfehlung auf. Auch hier verwiesen die Analysten zur Begründung auf den bislang schwachen Lauf der Aktien und betonten die im Vergleich zur Konkurrenz besten Wachstumsaussichten./gl/jha/

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx