FRANKFURT (dpa-AFX) - Auch am letzten Börsentag der Woche hat an den Finanzmärkten die Vorsicht dominiert. Angesichts des fortgesetzten Kriegs in der Ukraine und der damit einhergehenden Sanktionen gegen Russland suchten die Investoren am Freitag als sicher geltende Anlagehäfen wie Bundesanleihen und Edelmetalle auf. An den internationalen Aktienbörsen verschärfte sich dagegen der Ausverkauf noch. An den Rohstoffmärkten verteuerten sich erneut Energieträger wie Öl und Gas, vor allem aber Industriemetalle wie Aluminium und Nickel.
"Der Russland-Ukraine-Krieg zieht an den Märkten weitere Kreise", schrieb Analyst Manfred Bucher von der Landesbank BayernLB. Trotz einer zweiten Gesprächsrunde zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine zeichne sich keine Entspannung ab. Den Finanzmärkten drohe nun das Szenario einer Stagflation, also einer Wachstumsschwäche bei gleichzeitig hoher Inflation.
Gift ist dieses Szenario für die Aktienmärkte. Der deutsche Leitindex Dax erlebte einen weiteren schwarzen Tag und fiel auf den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr. Europaweit gingen die Börsenbarometer in die Knie, nachdem schon die asiatisch-pazifischen Märkte Verluste hinnehmen mussten. So fiel der japanische Nikkei-Index auf das tiefste Niveau seit November 2020. An der Wall Street werden vor dem Wochenende ebenfalls weiter Verluste erwartet. Anleger dürften auch deshalb erneut Aktienpositionen auflösen, um nicht nach dem Wochenende von neuen Hiobsbotschaften aus der Ukraine auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, sagten Börsianer.
Vor allem die hohen und weiter steigenden Energiepreise lassen die Investoren Mittel aus risikoreichen Anlagen wie Aktien abziehen und in sichere Papiere wie Anleihen, Edelmetalle und Barmittel umschichten. "Die Erdgaspreise werden auf Rekordhoch gehandelt. Der Russland-Ukraine-Krieg treibt die Renditen europäischer Unternehmensanleihen hoch", schrieb Ulrich Stephan, Chefstratege der Deutschen Bank. Steigende Kapitalmarktzinsen verteuerten aber die Refinanzierung der Unternehmen und zehrten somit an ihren Gewinnen.
Vor diesem Hintergrund traf es an den Börsen vor allem konjunkturabhängige Sektoren hart. So sackte der Automobilsektor - im deutschen Dax mit BMW, Volkswagen, Mercedes-Benz und Porsche prominent vertreten - um fast fünf Prozent ab. Der Sektor hat mittlerweile die seit Anfang 2021 aufgelaufenen Gewinne komplett wieder eingebüßt. Weltweite Konjunktursorgen dürften auf die Automobilnachfrage drücken. Hinzu kommen stark steigende Treibstoffkosten. Und schließlich fallen Zulieferungen aus der Ukraine weg. "Zumindest für die nächsten Wochen ist noch mit Produktionsausfällen, auch bei Automobilherstellern, zu rechnen", schrieb die Landesbank LBBW.
Die Moskauer Aktienbörse bleibt angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine mindestens bis einschließlich kommenden Dienstag geschlossen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitagmorgen. Damit steuere die Moskauer Börse auf die längste Schließung in der neueren russischen Geschichte zu.
Am Devisenmarkt war derweil erneut der US-Dollar als wichtigste Reservewährung in Krisenzeiten gesucht. Der Greenback wertete zu den meisten anderen großen Valuta auf. Darunter litt der Euro. Er fiel am Freitagmittag unter die Marke von 1,10 Dollar. Die Gemeinschaftswährung erreichte den tiefsten Stand seit Mai 2020./bek/jsl/stk
Quelle: dpa-Afx