(neu: aktueller Aktienkurs)

HEIDELBERG (dpa-AFX) - Die Heidelberger Druckmaschinen AG befindet sich nach jahrelangen Problemen im Umbruch. Um den Traditionskonzern wieder profitabel zu machen, leitete Konzernchef Rainer Hundsdörfer vor mehr als einem Jahr einen Umbau ein. Künftig konzentriert sich das Unternehmen auf den Verpackungsdruck und die Digitalisierung. Hinzu kommen neue Geschäftsfelder wie die Elektromobilität. Erst jüngst kehrte die Aktie des Druckmaschinenherstellers in den SDax zurück. Was bei Heidelberger Druckmaschinen los ist, was Analysten sagen und wie sich die Aktie entwickelt.

DAS IST IM UNTERNEHMEN LOS:

Offiziell wurde die Heidelberger Druckmaschinen AG (Heideldruck/Heidelberg) im Jahr 1850 von Andreas Hamm als Glockengießerei und Maschinenfabrik im pfälzischen Frankenthal gegründet. Schon wenige Jahre später stellte das Unternehmen die ersten Schnellpressen her und zog Ende des 19. Jahrhunderts nach Heidelberg um. Nach dem zweiten Weltkrieg begann für den Hersteller von Druckmaschinen eine neue Ära. Bis zur Jahrtausendwende wuchs Heideldruck relativ stetig. Heidelberg wurde zu einem der größten deutschen Maschinenbaukonzerne.

Seit der Jahrtausendwende bekam der Konzern aber immer mehr eine nachlassende Bedeutung von Druckerzeugnissen aufgrund der Digitalisierung von Medien und Werbung zu spüren. Hinzu kamen hausgemachter Probleme. Um aus der Krise zu kommen, hat sich Heidelberger Druckmaschinen 2020 einen radikalen Konzernumbau verordnet. So stellte der Konzern verlustbringende Produkte ein, baute Arbeitsplätze ab und konzentriert sich auf den Verpackungsdruck und die Digitalisierung - sprich auf mehr Softwareautomatisierung für die Kunden unter anderem im Druckgewerbe.

So bietet das Unternehmen auch Abonnementmodelle für Maschinen und Verbrauchsmaterialien an, die sich am Druckvolumen orientieren. Das soll in Zeiten immer leistungsfähigerer Druckmaschinen und tendenziell sinkendem Maschinenabsatz die Erlöse verstetigen helfen. Bis zum Geschäftsjahr 2022/23 will Unternehmenschef Rainer Hundsdörfer das Unternehmen so umgebaut haben, dass es bereits ab einem Umsatz von gut 1,9 Milliarden Euro profitabel ist.

Dabei setzt Heidelberg auch auf neue Geschäftsfelder. So ist der Traditionskonzern in die Elektromobilität eingestiegen. Seit 2018 vertreibt das Unternehmen selbst entwickelte Wallboxen - das sind etwa an der Garagenwand angebrachte, kleine Systeme zum schnellen Laden von E-Autos. Der Vertrieb läuft teils über Amazon , teils in Partnerschaften mit Energieversorgern wie Eon . Die Umsätze im Bereich E-Mobilität sind zwar noch gering, im vergangenen Geschäftsjahr konnte Heidelberger Druck aber die Erlöse bereits auf 20 Millionen Euro mehr als verdoppeln.

Mit der Übernahme der Ladesäulentechnologie des Energieunternehmens EnBW kommen nun auch Produkte für den öffentlichen Raum hinzu. Das Unternehmen will mit öffentlichen Ladepunkten neue Kunden gewinnen, zum Beispiel Stadtwerke, Kommunen oder Unternehmen. Die neuen Säulen sollen ab Mitte kommenden Jahres verkauft werden.

Derweil erholt sich der Maschinenbauer weiter vom Einbruch zu Beginn der Corona-Krise. Im ersten Geschäftshalbjahr zwischen April und Ende September legten die Erlöse im Jahresvergleich um 22 Prozent auf 983 Millionen Euro zu, der Auftragseingang lag mit 1,2 Milliarden Euro um rund 44 Prozent über dem coronabedingt niedrigen Vorjahreswert. In fast allen Regionen habe sich die Markterholung fortgesetzt, hieß es. Obendrein brachte allein der Verkauf der Softwaretochter Docufy rund 20 Millionen Euro ein. Dieser Sondereffekt sorgte dafür, dass unter dem Strich ein Gewinn im ersten Halbjahr von 13 Millionen Euro hängen blieb.

Wie es im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2021/22 lief, wird der Konzern am 9. Februar bekannt geben.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal hätten seine Erwartungen übertroffen, schrieb Analyst Stefan Augustin von der Investmentbank Warburg Research jüngst in einer Studie. Dabei sei das E-Mobilitäts-Geschäft mit einem Umsatzanstieg von 190 Prozent im Vergleich zum Vorjahr weiterhin stark gewachsen. Der Rückgang der operativen Marge (Ebitda) gegenüber dem Jahresauftakt sei auf andere Geschäfte in diesem Segment und eine Investition zurückzuführen - die Profitabilität in der E-Mobilität selbst sei stabil.

Die auslaufende Förderung von Wallboxen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat dem Experten zufolge keinen Einfluss auf das Jahresziel, das eine Verdopplung des Umsatzes vorsieht. Das Management habe seine Ziele für das Geschäftsjahr 2021/22 und die Ambition bestätigt, bis zum Geschäftsjahr 22/23 eine bereinigte operative Marge von zehn Prozent zu erreichen. Dies werde auch von dem neuen Unternehmenschef unterstützt.

Die Jahresziele sollten nach Einschätzung von LBBW-Experte Stefan Maichl gut erreichbar sein. Beim Umsatzziel bleibe das Management mit mehr als zwei Milliarden Euro aber unkonkret. Die Bank erwartet im laufenden Jahr Erlöse in Höhe von 2,16 Milliarden Euro. Dies impliziere eine Verlangsamung des Wachstums im zweiten Halbjahr, hieß es. Bremsen könnten Logistikengpässe. Die operative Marge (Ebitda-Marge) soll 7,0 bis 7,5 Prozent erreichen.

Vor dem Hintergrund der steigenden Kosten sei das bestätigte Margenziel von 10 Prozent für das Folgejahr ohne umfangreiche Sondererträge hingegen zu ambitioniert, meint der LBBW-Analyst. Im Zuge des anstehenden Wechsels des Vorstandvorsitzenden könnte es zu einer zeitlichen Verschiebung kommen.

Zuversichtlicher zeigte sich Analyst Peter Rothenaicher von der Baader Bank. Das Margenziel für das Geschäftsjahr 2022/23 sei sicherlich ehrgeizig, das Unternehmen könne aber mindestens neun bis zehn Prozent erreichen. So ermögliche es die angekündigte strategische Partnerschaft mit Münchener Rück, das Abonnementgeschäft auszubauen. Hinzu komme die Attraktivität und das Wachstumspotenzial des Geschäfts mit Wallboxen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Im vergangenen Jahr hat sich die Aktie deutlich erholt von der monatelangen Bodenbildung nach dem Corona-Crash im Frühjahr 2020, der den Kurs bis auf unter 50 Cent hatte abstürzen lassen. Erst im Januar 2021 war der Aktie wieder der Sprung über die Marke von einem Euro gelungen. Im Herbst 2017 war das Papier aber im Hoch noch mehr als 3,60 Euro wert. Von den Höchstkursen zur Jahrtausendwende von mehr als 46 Euro ist nur noch ein Bruchteil übrig.

Der Aktienkurs von Heidelberger Druck stieg am Montag um fast zwölf Prozent auf 2,95 Euro und war damit so teuer wie seit Mitte 2018 nicht mehr. Der Konzern ist an der Börse derzeit rund 900 Millionen Euro wert und damit einer der kleineren SDax-Werte.

Seit 1997 ist das Unternehmen an der Frankfurter Börse notiert. Der Börsengang wurde durch den damaligen Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn organisiert, der später Vorstandschef unter anderem von Deutsche Bahn wurde. Von 1998 bis zum Abstieg in den SDax 2012 war das Heideldruck-Papier im MDax notiert.

Die Aktie ist nun seit kurz vor Weihnachten wieder im SDax-Index, wo das Unternehmen den Rüstungstechnologiekonzern Hensoldt ersetzt hat. Im März 2020 war das Unternehmen aus dem Kleinwerte-Index ausgeschieden. Wichtig ist die Indexzugehörigkeit vor allem für Fonds, die Indizes real nachbilden (etwa physisch replizierende ETF). Dort muss dann entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann./mne/men/mis/zb/he

Quelle: dpa-Afx