NEU-ISENBURG (dpa-AFX) - Der Nutzfahrzeugzulieferer Jost Werke sieht wieder Licht am Ende des Tunnels. Nach einem vor allem wegen der Corona-Krise schwierigen ersten Halbjahr blickt das SDax -Unternehmen aus dem hessischen Neu-Isenburg nun zuversichtlicher auf den weiteren Jahresverlauf. Obwohl die Probleme noch nicht ausgestanden sein dürften, setzt der Konzern für künftiges Wachstum auch auf eine Übernahme. Was bei Jost Werke los ist, wie Analysten die weiteren Perspektiven einschätzen und wie sich die Aktie entwickelt hat.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Bereits im vergangenen Geschäftsjahr 2019 hatten die Hessen die zunehmend trübere Lkw-Konjunktur zu spüren bekommen und mussten sowohl beim Umsatz als auch beim bereinigten operativen Gewinn (Ebit) Rückgänge hinnehmen. Seit die Pandemie weltweit die Märkte ergriff, ist die Lage noch schwieriger geworden. Im ersten Quartal fuhr Jost Werke aufgrund der Virus-Krise und eines schlechteren Finanzergebnisses im Zusammenhang mit der Abwertung der schwedischen Krone und des britischen Pfunds unter dem Strich sogar einen Verlust von 4,1 Millionen Euro ein.

Wegen der hohen Unsicherheiten durch die Pandemie hatte der Konzern schon Ende März seine ursprüngliche Jahresprognose gestrichen und den Dividendenvorschlag auf den Prüfstand gestellt. Im Juli entschied die Hauptversammlung dann, für das Geschäftsjahr 2019 keine Dividende auszuschütten.

Trotz der Schwierigkeiten im ersten Halbjahr zeigte sich Jost Werke dann im September aber wieder optimistischer und wagte einen neuen Ausblick. Demnach rechnet der Konzern nun mit einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte. Nach monatelangen Belastungen wegen der Corona-Krise geht Jost Werke jetzt davon aus, dass die bereinigte Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) sich im zweiten Halbjahr verbessern und damit über den sieben Prozent der ersten sechs Monate liegen dürfte.

Im Gesamtjahr rechnen die Hessen mit einem Umsatzrückgang im einstelligen Prozentbereich gegenüber den 2019 erzielten 736,7 Millionen Euro. Ohne die Übernahme von Ålö, einem schwedischen Hersteller landwirtschaftlicher Frontlader, würde das Minus allerdings größer ausfallen. Das bereinigte Ebit dürfte den Angaben zufolge angesichts pandemiebedingter Werkschließungen im ersten Halbjahr stärker fallen als der Umsatz. 2019 hatte Jost hier 76,8 Millionen Euro und damit eine Marge von 10,4 Prozent erzielt.

Ålö gehört seit Februar 2020 zum Konzern, mit dem Zukauf will Jost im Geschäft mit Agrarmaschinen wachsen. Es soll für Jost zu einer weiteren tragenden Säule werden und dem Unternehmen den Zugang zu wichtigen internationalen Märkten in Asien, Lateinamerika und Afrika eröffnen. Finanzchef Christian Terlinde hatte kürzlich darauf verwiesen, dass die Ålö-Integration "auf Hochtouren" laufe.

Jost Werke ist laut eigenen Angaben ein weltweit führender Hersteller und Lieferant für die Nutzfahrzeugindustrie und stellt diverse Komponenten her. Der Konzern beschäftigt derzeit über 3500 Mitarbeiter in mehr als 20 Ländern auf fünf Kontinenten und ist seit Juli 2017 an der Frankfurter Börse notiert.

Am 12. November will das Unternehmen seine Zahlen für die ersten neun Monate und das dritte Quartal des laufenden Jahres vorlegen. Dann wird sich zeigen, ob die zuletzt geäußerte Zuversicht tatsächlich begründet ist.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Seitdem Jost Werke im September einen neuen Ausblick wagte, haben sich drei der im dpa-AFX-Analyser erfassten Marktexperten näher mit dem Unternehmen befasst. Ihr Votum ist eindeutig: Alle drei Analysten sprechen sich für den Kauf der Titel aus und attestieren ihnen noch eine Menge Aufwärtspotenzial. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit 44 Euro deutlich über dem aktuellen Kurs.

Am optimistischsten gibt sich die Privatbank Hauck & Aufhäuser, die mit 49 Euro den höchsten Wert auf dem Zettel hat. Aus Sicht von deren Analyst Frederik Bitter gehört Jost Werke zu jenen Industriewerten, in denen die anhaltende Konjunkturerholung noch nicht eingepreist sei.

Während Mustafa Hidir vom Analysehaus Warburg Research darauf verweist, dass der Ausblick des Lkw-Zulieferers seine Kaufempfehlung bestätige und ein Kursziel von 45 Euro sieht, erachtet Analyst Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan die Planungen des Nutzfahrzeugzulieferers für die zweite Jahreshälfte als Schritt in die richtige Richtung.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Folgen der Corona-Krise haben auch die Neu-Isenburger heftig getroffen. Notierten die Papiere Mitte Dezember 2019 noch bei knapp 40 Euro, ging es im Zuge des Crashes an den Finanzmärkten ab Mitte Februar binnen weniger Wochen im Sturzflug in den Keller. Am 18. März kostete die Jost-Werke-Aktie zwischenzeitlich nur noch knapp 20 Euro. Damit hatte sie ihren Wert innerhalb von drei Monaten halbiert.

Allerdings setzte seitdem eine kontinuierliche Erholung ein. Anfang September waren die Titel knapp 37 Euro wert und damit sogar etwas mehr als noch Mitte Februar kurz vor dem Crash. Danach gab es für die Anteilscheine aber wieder einen kleineren Rücksetzer, zuletzt pendelten sie zwischen 32 und 35 Euro.

Im laufenden Jahr steht für die Jost-Werke-Aktie ein Minus von knapp zehn Prozent zu Buche, in den zurückliegenden drei Jahren sieht es mit einem Kursverlust von rund elf Prozent nicht besser aus. In Sachen Börsenwert kommt der Lkw-Zulieferer auf eine Marktkapitalisierung von etwa einer halben Milliarde Euro und gehört damit zu den kleineren SDax-Titeln./eas/men/fba/he

Quelle: dpa-Afx