HAMBURG (dpa-AFX) - Nachdem Nordex im vergangenen Jahr noch zu den Gewinnern zählte, lief es an der Börse 2021 bisher mau für den MDax -Konzern. Auch das Geschäft ist eher verhalten gestartet. Aber der Wind könnte sich bald drehen.

DAS IST LOS BEI NORDEX:

Die jüngsten Nachrichten um den Windkraftanlagen-Hersteller Nordex dürften die Anleger wieder gefreut haben: Wenn alles gut geht, ist in Australien ein Großauftrag für die Hamburger drin. Schon in den kommenden Wochen könnte ein entsprechender Vertrag mit Acciona Energía abgeschlossen werden. Bei dem Auftrag geht es um die Lieferung und Installation von bis zu 180 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von etwas mehr als einem Gigawatt. Zum Vergleich: Das wäre fast genauso viel, wie der Auftragseingang im gesamten ersten Quartal.

Das erste Quartal hatte im Vergleich zum Vorjahr beim Auftragseingang etwas schlechter abgeschnitten. Mit 1,25 Gigawatt (GW) war er um fast ein Viertel gesunken. Nordex berichtete von einer "verhaltenen Nachfrage" der globalen Windindustrie zum Jahresstart. Weil allerdings mehr Windräder installiert wurden, stiegen die Erlöse zu Beginn des Jahres.

Alles in allem ist der Konzern allerdings im ersten Jahresviertel noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht als vor einem Jahr. Das kam jedoch nicht überraschend: Vorstandschef José Luis Blanco hatte bereits Ende März gesagt, dass er noch ein schwaches erstes Quartal erwarte. Geschäftsprozesse seien in Anbetracht der Pandemie in ihrer Effizienz nach wie vor beeinträchtigt oder auch verzögert. Hinzu kam, dass Nordex im ersten Quartal zu einem größeren Teil noch von margenschwächeren Altprojekten belastet war. Die Windkraftbranche leidet zudem seit einiger Zeit unter hohem Wettbewerb und entsprechendem Preisdruck. Zudem belasteten Nordex Mehrkosten.

Von Problemen, die mit der Corona-Pandemie entstanden seien, wie beispielsweise Verzögerungen in der Lieferkette, erhole sich das Unternehmen aber nach und nach, hieß es. Insgesamt sieht der Konzernchef einen positiven Trend für das Jahr.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Der jüngste Kursrückgang der Nordex-Aktie sei übertrieben, schreibt Analyst Constantin Hesse von der Investmentbank Jefferies. Zur allgemeinen Verkaufswelle in der Branche seien zwar noch Aussagen des Managements gekommen, dass die Risiken für die Profitabilitätsziele gestiegen seien. Doch generell hält Hesse die Ziele des Windturbinenherstellers für erreichbar. Daher sei nun ein besonders guter Zeitpunkt, die Aktie zu kaufen. Jefferies ist optimistisch und nennt ein Kursziel von 30 Euro - das wären knapp 70 Prozent Aufschlag zum derzeitigen Kurs.

Auch NordLB geht von einer positiven Zukunft aus: Angesichts des Klimawandels müssten die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden, kommentiert Analyst Holger Fechner. Davon dürfe auch die Auftragsentwicklung von Nordex profitieren.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs verweist auch auf die Risiken: Die niedrigeren Margen aufgrund zusätzlicher Ausgaben im Zusammenhang mit der Pandemie, höherer Rohstoffpreise und gestiegener Fracht- und Logistikkosten. Deren Kursziel liegt daher auch mit 22,60 Euro deutlich tiefer.

Insgesamt liegt das durchschnittliche Kursziel der fünf im dpa-AFX-Analyser gelisteten Analysten in etwa bei 26 Euro. Das Papier erhält hier zwei Mal eine Kaufempfehlung, die restlichen drei Experten würden die Aktie zumindest halten.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Seit Jahresbeginn war es ein ziemliches Auf und Ab für die Aktie. Zuletzt hat sich der Kurs zwar ein wenig erholt, insgesamt hat das Papier allerdings seit Anfang Januar etwa ein Fünftel an Wert verloren.

Nachdem das Papier in der Corona-Krise stark gelaufen war, folgten Anfang des Jahres mehrfach wellenartig Gewinnmitnahmen. Nordex galt im vergangenen Corona-Jahr vor allem als Profiteur des Energiewandels und der weltweit lockeren Geldpolitik. Doch wegen aufflammender Inflations- und Zinssorgen fand bei den Anlegern ein Umdenken statt. Bis Anfang März ging es für die Aktie runter bis auf unter 20 Euro.

Aufträge und ein positiver Ausblick verhalfen der Aktie bis Anfang April dann wieder nach oben - im Hoch auf mehr als 28 Euro. Damit stand die Aktie so gut da wie seit 2016 nicht mehr. Dieser Höhenflug hielt allerdings nicht lange an, bis in den Juni hatte das Papier alles wieder eingebüßt und markierte damit sein Jahrestief bei 16,90 Euro. Das erste Quartal brachte weniger Aufträge als im Vorjahr, es blieben Unsicherheiten angesichts der Pandemie, hieß es von Seiten des Konzerns.

Zuletzt konnten die positiven Nachrichten um neue Aufträge das Kursruder zwar wieder herumreißen, dennoch steht die Aktie derzeit nur bei knapp 18 Euro. Die Aktie steht trotz der Abschläge der vergangenen Monate damit immer noch wesentlich besser als 2019 da.

Im Vergleich zur Konkurrenz ist das seit Ende März im Index der mittelgroßen Werte gelistete Unternehmen weiterhin ein Leitgewicht an der Börse. Mit einem Börsenwert von mehr als 2 Milliarden Euro wird Nordex vom Konkurrenten Siemens Gamesa deutlich in den Schatten gestellt: Die Siemens-Energy-Tochter kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung von mehr als 18 Milliarden Euro.

Die goldenen Zeiten sind für Nordex auf jeden Fall vorbei: Kurz nach dem Börsengang 2001 trieb der Börsenhype um die Jahrtausendwende die Kurse bis auf um Kapitalmaßnahmen bereinigte 111 Euro. Nach dem Platzen der Spekulationsblase am Aktienmarkt und wegen vieler hausgemachter Probleme stürzte der Nordex-Kurs bis auf 1,44 Euro im Jahr 2005 ab./knd/fba/he

Quelle: dpa-Afx